Ich liebe die Stadt Bern über alles, treibe mich seit Jahren Wochenende für Wochenende im hauptstädtischen Nachtleben umher und bin vom hiesigen Stil der Nachtleben-Kultur begeistert. Auch wenn bei uns nicht alles perfekt ist und es immer Raum für Verbesserungen gibt, beweisen wir Berner im Bereich Nachtleben vielschichtig Stil. Hier meine elf Gründe, warum uns Zürich in Sachen Stil im Nachtleben ganz klar nachsteht.
Wir stehen hinter unseren Nachtleben-Institutionen
Frau Müller scheint in unseren Tagen ein schweizweites Übel. So auch in Bern: Wohlhabend und pensioniert zieht sie in eine überteuerte Stadtwohnung und versucht im Anschluss mit Lärmklagen und Ähnlichem, gut etablierte Traditionslokale zu verdrängen. Wir Berner schauten dem nicht tatenlos zu, sondern gründeten umgehend die Bewegung “Figg di Frou Müller”. Das Berner Volk als Einheit steht auch regelmässig für sein Nachtleben und die Kultur ein: Die SVP versuchte schon viermal via Volksabstimmung die Reitschule zu schliessen, viermal stimmten die Berner für ihr nachtlebendiges Kulturzentrum und bewiesen damit stadtweit Stil und Herz fürs Nachtleben. Das soll uns Zürich mal nachmachen!
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Der Zürcher Bundesrat macht in Bern Eventpromotion
Keine zehn Pferde hätten mich an den auf dem Flyer abgebildeten Event “OUT4FAME – Volleyball-Edition” gebracht—und das liegt nicht daran, dass sich darauf zwei muskelbepackte nackte Männer ihre Genitalien nur mit einem Volleyball abdecken. Im Gegensatz zu mir scheint diese Veranstaltung aber den Gusto des werten Herrn Bundesrats Ueli Maurer getroffen zu haben. Er beteiligt sich als Zürcher Bundesrat an der Eventpromotion in der Hauptstadt. Das hat Stil! Obgleich er in Sachen Eventauswahl noch etwas Aufklärungsbedarf zu haben scheint.
Wir haben die besten Craft Spirits und köstliches Bier
Mein Autoren-Kollege Kamil traf den Nagel auf den Kopf, als er mit der vermeintlichen Hauptstadt des Schweizer Nachtlebens abrechnete und meinte: “Über Geschmack lässt sich streiten, jedoch nicht über den des Zürcher Bieres. Das kann leider gar nichts.” Wir in Bern, der Hochburg für Schweizer Bier, erfreuen uns indes nicht nur über die beste Auswahl an heimischem Bier, sondern wurden soeben mit zwei unserer besten Spirituosen am Swiss Craft Spirits Festival ausgezeichnet. Der scharfe “handmade” Bio-Ingwerer aus dem Berner Breitenrain gewann die Auszeichnung für die grösste Innovation und den besten Likör. Der Hanz-Vodka räumte den Award in der Kategorie “Bitter, Absinthe und Vodka” ab. Zurück zum Bier: Wir sind uns der Qualität unseres Biers bewusst und stellten beispielsweise das renommierte “Bärner Müntschi” der Stadtbrauerei Felsenau 2013 unter Heimatschutz.
Wir haben die grandiose Aare, Zürcher den versnobten Zürichsee
Für die Abkühlung im Sommer haben die Zürcher ihren Zürichsee. Damit verbinde ich unweigerlich die Schlagwörter Goldküste, Bonzen und Snobs. Wir in Bern haben die prächtige Aare. Nicht zu Unrecht gibt jeder Ur- und Neu-Berner den schönen, grün-blauen, Fluss durch die Bundesstadt als Lieblingsort an. Die Aare, als Gewässer nicht den normalen Gesetzen unterstellt, wurde so von findigen Berner Veranstaltern auch schon als Austragungsort für Aare-Raves benützt. Mal organisierter, mal chaotischer binden sich dazu mehrere Dutzend Gummiboote zusammen und reisen gemeinsam mit stadtbekannten DJs und fettem Soundsystem die Aare “zdürab”. Auf Facebook melden sich hierfür auch schon mal locker 3400 Personen an—und die Behörden haben das Nachsehen. Style!
In Zürich regiert Glitzer und Glamour, wir Berner clubben und tun dabei Gutes
Das Zürcher Nightlife ist stark von Glitzer und Glamour geprägt. Ersteres davon findet sich sogar an anständigen Partys wieder und klebt dem Zürcher Raver noch in der nächsten Woche in den Haaren. Gleichzeitig lautet die Devise sehen und gesehen werden; jeder stellt sich selbst dar. In Bern sieht man das Ganze etwas anders und setzt auch den Glitzer mit deutlich mehr Augenmass ein. Für den letzten “Absacker” teilweise auch schon vorher—geht man ab und an ins sehr treffend benannte “Dead End” und unterstützt damit die benachbarte Notschlafstelle sowie die Gassenküche vom Verein Sleeper. Rave and do good, nur in Bern.
Zürich hat Corinne, wir haben Tschäppät
Na gut, auch Zürichs Stapi, Genossin Corinne Mauch, setzt sich fürs Nachtleben ein. Doch dies vornehmlich im stillen Kämmerchen und ohne Aufsehen zu erregen. Unser bald dahinscheidender Stapi, Alex Tschäppät, beteiligte sich nicht nur regelmässig an Veranstaltungen rund um das Nachtleben, sondern zeigte seine solide politische Grundhaltung mit einem öffentlichen Auftritt, an dem er lauthals “Christoph Blocher, Motherfucker” ins Mikrofon sang.
Unsere Street Parade braucht weder Sponsoren noch Bewilligungen
In Bern fragen wir uns jedes Jahr wieder dasselbe: Wer bezahlt 200 Franken fürs Tanzen zu grässlicher Musik auf einem dieser komischen Wagen? Währenddessen veranstalten wir bei Bedarf unser eigenes Strassenfest. Bereits dreimal “tanzten wir uns frei” und verursachten grosses Aufsehen in der ganzen Schweiz. Wir nehmen uns unseren Freiraum, auch ohne Sponsoren, Bewilligungen und Kommerz.
In der Hauptstadt gilt für jeden Raver: sicher nach Hause mit dem Taxi
Einzelnen war diese Tatsache allenfalls schon bewusst, oder sie haben es im Zürcher Nightlife am eigenen Leib erfahren: In der Limmatstadt wird man auf dem Nachhauseweg gerne mal von der Polizei aus dem Taxi gezerrt, durchsucht und/oder zu Urinproben genötigt. Oder vom Taxifahrer abgezockt, der absichtlich einen Umweg fährt, um den schon überhöhten Preis ins Unermessliche zu treiben. Zürich eben. In Bern garantieren wir nach wie vor den sicheren, unbeschwerten und nicht ganz so teuren Heimweg mit dem Taxi.
Kurz und schmerzlos: Wir haben kein Kaufleuten…
… und wenn wir eins hätten, gingen da garantiert keine coolen, anständigen Leute hin.
Der Helikopter im Zürcher OXA war nicht die coolste DJ-Booth der Schweiz!
Nein, liebe Zürcher, auch hier muss ich euch enttäuschen! Vielerorts mag der Mythos umhergeistern, dass der ausrangierte Helikopter als DJ-Booth im ehemaligen OXA die weltbeste DJ-Booth ever war. Dem ist aber nicht so! Das trojanische Pferd der Festmacher auf dem Vorplatz der Reitschule ist der beste Beweis dafür.
Nachtleben muss nicht immer sauteuer sein
Wer als Nicht-Zürcher die Preise für Eintritt und Getränke in der Stadt Zürich sieht, kriegt einen Schock. Wer soll das bezahlen können? Nachtleben muss aber nicht immer sauteuer sein, es geht auch gratis—sogar mit der Möglichkeit, eigene Getränke mitzubringen. Das Stadtoasen-Festival mit rund 3.500 Besuchern, mitten in einem Berner Stadtpark, machte es diesen Sommer, nebst unzähligen weiteren Gratis-Festivals, möglich.
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Teaserbild: zvg, Fraktion Tanz