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Popkultur

Ich weiß immer noch nicht, wie Emojis funktionieren

Du weißt, dass du ein Problem hast, wenn sogar deine Mutter besser Internet kann als du.
VICE Media

Bevor ihr mich als senilen Penner beschimpft: Ich kenne durchaus Zeug wie (mooning) oder (pizzaparty) auf Skype und habe auch schon Zwinkersmileys benutzt. Das Problem ist einfach, dass ich irgendwann den Anschluss oder ein Systemupdate verpasst habe und deshalb auch gefühlte zehn Jahre nach ihrer Einführung in die virtuellen Tastaturen dieser Welt noch nicht weiß, wie man Emojis auf dem Handy verwendet.

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Mittlerweile fühle ich mich wie das Andy-Meme aus Parks and Recreation und es ist leider zu spät, um noch irgendjemanden um Rat fragen. Das wäre ein bisschen so, als würde man den Arbeitskollegen, mit dem man täglich smalltalkt und beim Büroausflug geschmust hat, plötzlich fragen, wie er denn eigentlich heiße.

In Wirklichkeit haben bei mir weder Instagram, noch Snapchat, WhatsApp oder all die anderen lebenswichtigen Apps mit Texteingabe-Feldern die Option, Emojis einzugeben. Geneigte Leser werden an dieser Stelle vielleicht so etwas wie einen roten Faden in meiner Autobiografie sehen und anmerken, dass das ein ähnliches Problem ist wie damals, als ich das U2-Album einfach nicht von meinem iPhone runterbekommen habe. Und ja, wahrscheinlich würde ein minimaler Zeitaufwand auf Google schon genügen, um mich aus meinem steinzeitlichen Mobil-Tippverhalten in die Jetztzeit zu katapultieren.

Aber warum sollte ich das eigentlich tun? Um ehrlich zu sein: Ich finde Emojis eine ziemlich künstliche und aufgezwungene Kommunikationsform, so wie die Begrüßungs-Bussis links und rechts bei fucking wildfremden Menschen oder wenn Hupen als Ausdruck von Autofahreraggressionen eingesetzt wird.

Wenn ich einem Freund über viele Absätze hinweg ausformulierte Lebenspläne schreibe und nur diesen Arschloch-Daumen-hoch von Facebook zurückbekomme, dann ist diese vermeintlich zeitsparende Umgangsart in Wahrheit vor allem ziemlich unhöflich.

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Wahrscheinlich ist der Hauptgrund für meine kleine Feindschaft gegenüber den bunten Chat-Icons einfach meine eigene Egozentrik. Ich will auf meine total durchdachten, verspielt geschriebenen Fragen nicht nur einen verdammten tanzenden Hasen zurückbekommen. Gibt es überhaupt tanzende Hasen als Emojis? Egal. Ich komme mir dadurch jedenfalls ernsthaft verarscht vor.

Screenshots vom Autor

Noch schlimmer wird dieser sozialmediale Gruppenzwang—und meine peinliche Unfähigkeit daran teilzuhaben—dann, wenn mir sogar meine Mutter völlig unzusammenhängende Emojis am Ende ihrer „Wie geht's, gut? LG"-Anfragen schickt. Warum kann die das und ich nicht!?

Und noch eine Frage habe ich, auch wenn ihr mich dafür ab sofort „Amish Joe" nennen solltet: Warum heißt es plötzlich Emojis und nicht mehr Emoticons? Und was ist bitte mit Smileys passiert??

Versteht mich nicht falsch—ich habe die Freiheiten und Möglichkeiten neuer Technologien und Medien immer extrem gerne eingesetzt. Abstrakte All-Caps-Ausrufe, Reaction Gifs oder einfach komplett willkürliche Bildantworten zu verschicken, finde ich wirklich schön.

Bild vom Autor

Zum Beispiel antworte ich auf eine WhatsApp-Nachricht „Meine Katze ist gestorben" gern mit einem Bild von einem Schlauchboot auf dem Gehweg. Das ist ein kleiner zwischenmenschlicher Picasso für mich.

Ich habe dank meiner Mischung aus technischer Inkompetenz, mittelmäßigem Talent zur Selbsthilfe und vielen Lesestunden mit den Lustigen Taschenbüchern eine Neigung entwickelt, Wortkreationen wie *angeb* oder *Nichtaushalt* zu verwenden—letztlich eh nichts anderes wie „Laughing Out Loud" in seiner Kurzform.

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Diese Ausdrucksform nennt sich grammatikalisch übrigens Inflektiv; eine lautmalerische Beschreibung einer Aktion ohne Infinitiv-Endung, zum Spaß auch „Erikativ" genannt, wegen der Mickey Mouse-Übersetzerin Erika Fuchs, die den Inflektiv noch vor seiner grammatikalischen Benennung ziemlich inflationär verwendete. Remember *seufz*?

MOTHERBOARD: Andere Länder, andere Emojis. Welcher Kontinent verwendet welche Emojis am meisten?

Mit all diesen Neuerungen und Sprachbildern habe ich kein Problem. Aber aus irgendeinem Grund tue ich mir schwer mit dem Wechsel hin zu standardisierten 08/15-Symbolbildern.

Und seien wir uns ehrlich, Emojis wollen einen doch nur vor den Kopf stoßen. Im besten Fall fordern sie nur das Phänomen der Internet-Übertreibung heraus und verlangen von uns, mit noch cooleren Emojis auf ein Emoji zu antworten. Die Verwendung von „hehe" oder „aaaaaah" halte ich für eine viel repräsentativere Chat-Sprache als Smiley-Gesichter, Ninjas, Küken, Geister, Einhörner oder Kackehaufen, die man sich als Kissen oder T-Shirt-Aufdruck bestellt.

Woher ich von diesen Emojis überhaupt weiß? Ich gebe zu, dass ich für den Notfall aus Instagram-Kommentaren und WhatsApp-Konversationen einige der lustigen Icons rauskopiert und auf einem Notizzettel in meinem Smartphone gespeichert habe. Hier der Beweis als Screenshot (die ich schon seit vielen Jahren ganz vorzüglich beherrsche):

Seit dieser Woche ist nun aber Erlösung in Sicht: Ich habe mir ein neues Handy zugelegt und das lässt einem bekanntlich eher selten die Wahl, auf ein altes Betriebssystem umzusteigen. Mein Emoji-Embargo ist damit notgedrungen vorbei. Und während ich durch die Ikonographie-Palette scrolle, fühle ich mich so blöd und dermaßen spät dran, dass mich nicht einmal das pulsierende Herz, das ein bisschen wie Schamlippen aussieht, aufheitern kann.

*altsei*

Folgt Josef auf Twitter: @theZeffo