Popkultur

Shindy-Eklat: Wir haben Vergehen deutscher Rapper nach Harmlosigkeit sortiert

Falsche Kennzeichen und bei Rot über die Ampel. Shindy, Bushido, LX, Kollegah, Gzuz, Marteria, Nice or Scheiss. Hier sind die Top 7 des harmlosen Verbrechens.
Der Deutschrapper Shindy vor einem Auto, wegen des Kennzeichens hat er Ärger mit dem Gericht
Daddy-Mercedes: Screenshot aus dem YouTube-Video "Shindy - Affalterbach (prod. by OZ, Nico Chiara & Shindy)" von FRIENDS WITH MONEY | Shindy: Benedikt Bentler | Paragrafen: imago images | McPHOTO

Shindy hat Stress mit dem Gesetz und schuld ist die deutsche Straßenverkehrsordnung. Dass deutsche Gangsterrapper eher aus Vorstadtsiedlungen westdeutscher Orte mit historischem Stadtkern kommen als aus dem Ghetto, ist eh klar. Geraten sie doch mal in Konflikt mit dem Gesetz, dann aus denselben Gründen wie unsere verplanten kleinen Brüder und renitenten Onkel.

Dass Deutschrapper trotzdem ihre harte Kindheit, kriminelle Karriere und Gewaltexzesse feiern, ist manchmal sehr peinlich, aber irgendwie auch künstlerische Freiheit.

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Klar, es gibt es auch Schwesta Ewa, die wegen Steuerhinterziehung, 35-facher Körperverletzung und der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger im Knast sitzt. Oder Xatar, der einen Geldtransporter überfiel und wegen schweren Raubs anschließend vier Jahre ins Gefängnis musste. Seitdem ist er der Überzeugung, der einzige echte Kriminelle im deutschen Rapgeschäft zu sein.

Selbst Xatar verarbeitete seine Erfahrungen in einem "Milieu-Drama" unter Regie von Moritz Bleibtreu, mit Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und erklärte später der Zeit, sein Überfall sei jetzt seine "Corporate Identity". Deutschland eben.


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Die meisten Gesetzeskonflikte von Deutschrappern sind allerdings so piefig, dass wir sie selbst auf einer Party voller Jurastudenten eher verschweigen würden. Wir haben sie deshalb gesammelt und mangels anderer Superlative nach Harmlosigkeit sortiert.

1: Shindys Daddy-Kennzeichen

In seinem neuen Musikvideo cruist Gangsterrapper Shindy ("Ich trage keine Gucci-Tasche rum, weil ich bin reich") in einem Maybach S650 Cabrio durch die Innenstadt Stuttgarts. Gerade kam heraus: Offenbar ist er während des Drehs um vier Uhr früh zu schnell gefahren und mit 22 km/h zu viel geblitzt worden. Vor allem störte sich die zuständige Staatsanwaltschaft aber an einem anderen Detail des Blitzerfotos, dem sehr peinlichen Kennzeichen seines sehr schönen Autos: "DAD DY1".

Der Bild erklärt der Künstler Michael Schindler, das sei halt Kunst. Aber es ist auch verboten und zum Glück schützt Prominenz in einem Rechtsstaat nicht vor einer angemessenen Strafe, daher wurden Schindler ("ein, zwei Millionen Streams sind für mich kein Hype") 175.000 Euro in Rechnung gestellt. Die Produktionsfirma habe vergessen, neben der Drehgenehmigung für die Innenstadt auch die Sondergenehmigung fürs Kennzeichen zu beantragen. Angemessenerweise wird die Affäre jetzt noch in mehreren Gerichtsterminen mit Aussagen von Zeugen geklärt. Michael Schindlers ("Köpfe sind gerollt für dieses Comeback") Anwalt fordert übrigens "Freispruch".

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2: Kollegah und die 20 Kilo Drogen

Exklusiv: Undercover bei Kollegahs Alpha-Armee

Schon am Tag nachdem Kollegah seine Düsseldorfer Shisha-Bar eröffnet hatte, standen Polizei und Zoll auf der Matte: Razzia in der "Alpha Lounge". Mit blauen Müllsäcken sollen die Beamten den Laden verlassen haben. Darin waren aber weder Pillen noch Pulver noch Päckchen, obwohl der Alpha Zentaurus des deutschen Rap-Games in seinen Songs 650-mal über Drogen rappt und damit nach unserer aktuellen VICE-Auswertung der eindeutige Alpha des lyrischen Drogenkonsums und -handels ist.

In den Säcken waren etwa 20 Kilo unversteuerter Shishatabak, wird berichtet. Laut Polizei wurden von 16 Menschen Personalien aufgenommen, es hagelte 16 Ordnungswidrigkeitenanzeigen und eine Strafanzeige. Kollegah war während der Razzia gar nicht da, sondern auf einem Konzert in der Schweiz. Ob Kollegah ("Drogen, Cash und Gangstersound") eher ein relaxter Wassermelone-Minze-Fan ist oder ein fruchtiger Typ, der den Grüner-Apfel-Dampf lässig durch die Nase auspafft, ist nicht überliefert.

3: Bushidos "denkmalgeschütztes Rapper-Domizil"

Aufs Land zu ziehen, ist schon für normalsterbliche Stadtbewohner irgendwie eine Kapitulation vor der inneren Spießigkeit. Andererseits ist Bushido nunmal in einem Alter, in dem eine pastellfarbene Villa am Zehlendorfer Damm in Kleinmachnow auch OK ist. Haus am See, Orangenbaumblätter, Frauenchor am Straßenrand. Träumchen, vor allem wenn dein bester Kumpel Arafat Abu-Chaker mit am Start ist.

Während der sechsjährigen Renovierungsarbeiten am ehemaligen Seemannserholungswohnheim gab es dann allerdings Beef, Stress (oder, wie es die Märkische Allgemeine nennt, einen "Rechtsstreit"). Während wir alle glaubten, ein millionenschwerer Rapper und ein Clan-Chef stritten um Geld, Crime und Ruhm, ging es eigentlich um: das unerlaubte Fällen alter Kiefern und den Abriss des denkmalgeschützten Tores.

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Das Tor mussten die beiden Städter wieder aufbauen. Die Freundschaft zerbrach, wie wir wissen, trotzdem. Weil Arafat Bushido aber offenbar nicht auszahlen wollte, war zuletzt von Zwangsversteigerung die Rede.

4: Marterias Karpfenquälerei

Die Harmlosigkeits-Latte liegt für Altbau-Mate-Studierenden-Rapper Marteria nicht besonders hoch. Mit dem Karpfen-Eklat schaffte er es Anfang 2018 trotzdem noch im Limbo darunter durch. In einem YouTube-Video namens "One Night in Würzburg" (Zwinker Zwinker) hatte er einen Fisch gefangen.

Während der Karpfen nach Luft schnappte, posierte Marteria (untermalt von seinem Fisch-Liebeslied "Blue Marlin") mit dem Fisch, nur um ihn dann wieder freizulassen. Peta zeigte Marteria daraufhin wegen "Fischquälerei" an, berichtete der Spiegel. Ein Staatsanwalt bestätigte, der Rapper habe dem Tier "erhebliche, anhaltende Schmerzen und Leiden" zugefügt. Das Bußgeld von 5.000 Euro bezahlte Marten Laciny wohl anstandslos. Offenbar hatte er sich von der Aktion eine Art Street Credibility erhofft: "Überall sonst auf der Welt ist Angeln mega cool", erklärte er später der Welt.

5: Gzuz fliegt aus Hotel – weil er verschläft

Nach anderen, auch deutlich schwereren Vorwürfen hat sich Gzuz eine deutlich weniger verstörende Anzeige eingefangen. Weil er am Morgen in einem Hamburger Hotel verpennt hatte und nicht zum Checkout erschien, musste ein Mitarbeiter kommen und gegen 12:45 Uhr an seine Zimmertür klopfen. Gzuz habe daraufhin angefangen rumzupöbeln, berichten Medien.

Als später sechs Polizisten anrückten, habe Kristoffer Jonas Klauß das Zimmer aber lieber doch geräumt. Laut Hamburger Morgenpost habe das Hotel wohl eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt. Die Rolling Stones verwüsteten noch Hotelzimmer, Gzuz macht eben ein Nickerchen. Für 70 Euro hätte er aber auch einfach eine weitere Nacht im Arcotel Rubin ("Bei ARCOTEL Hotels ist MEHR wirklich MEHR! ") am Steindamm bleiben und ausschlafen können, schreibt die Mopo.

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6: LX läuft über rote Ampel

Nochmal Straßenbande: 187-Mitglied LX war mit seinen Kollegen zum Videodreh in Hamburg, wie die Bild berichtet in "Proll-Chic: Jogginganzüge, Turnschuhe, Bauchbeutel, Dutzende Fans, Handy-Kameras". Als die Rapper einen Lamborghini, einen Ferrari und eine S-Klasse ins Parkverbot fahren, rücken – so ist es überliefert – acht Polizeiautos mit Blaulicht an. Woraufhin sich LX zum ultimativen zivilen Ungehorsam entscheidet oder halt einfach nicht richtig hinguckt. Jedenfalls sei er, obwohl Kinder daneben standen, über eine rote Ampel gegangen. ANZEIGE!, berichten Medien.

7: Ruhestörung bei Nice Or Scheiß

Die Musiker Mois, Manuellsen, Alpa Gun und Mert saßen gerade vor rund 100.000 Leuten im Stream, als die Polizei vorbeischaute, berichtet hiphop.de. Zuerst sei es darum gegangen, dass die Aufzeichnung der YouTube-Show zu laut gewesen sei. Offenbar gingen die Polizisten spontan mit einem Kumpel der Rapper in die Wohnung, keine Türen wurden eingetreten, nicht mal klingeln mussten sie.

Vier Rapper in einer Wohnung, verstößt das nicht gegen das Corona-Kontaktverbot? Nein, habe Mois den Polizisten erklärt. Gewerbliche Treffen sind weiter erlaubt. Missverständnis! Sorry! Kein Problem! Und so endete das höfliche, harmonische und wirklich maximal harmlose Aufeinandertreffen vierer Gangsterrapper und der Polizei.

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