Menschen

Du gehst gerade viel aus? So schützt du dich vor dem sozialen Kater

Nach dem ewigen Lockdown wollen wir keine Einladung ausschlagen, aber die ganzen Treffen können mehr schlauchen als die fieseste Wodka-Mische.
Hannah Smothers
Brooklyn, US
Eine Gruppe junger Menschen tanzt ausgelassen im Park, nach dem Lockdown dürfen wir uns wieder mit Menschen treffen, aber die ganzen sozialen Kontakte können auch sehr anstrengend sein. So schützt du dich vor einem sozialen Kater.
Foto: Jutta Klee via Getty

Es ist einfach nur geil: Du bist bei deinem sechsten Crew-Hangout die Woche. Es ist warm, um dich herum ein Haufen Freundinnen und Freunde, in deiner Hand ein Pappbecher Sekt oder ein Bier, die Stimmung bestens, du bist einfach gut gelaunt. Die Welt ist schön und mit diesen Leuten ist einfach alles besser. Vor allem nach dem endlosen Lockdown! Am nächsten Morgen kommt dann aber die harte Landung. Du fühlst dich komplett ausgelaugt, kannst absolut keine Leute mehr sehen. Du willst dich nur noch verkriechen und alleine sein. Wenn dir nicht auch noch der Schädel brummt, kann es gut sein, dass du gerade einen sozialen Kater erlebst.

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Der soziale Kater ist ein populärpsychologisches Konzept, das – ähnlich wie ein klassischer Alkohol-Kater – ein allgemeines Unwohlsein nach einem Abend unter Menschen beschreibt. "Ein sozialer Kater kann sich anfühlen, als würdest du durch Treibsand gehen oder durch Nebel waten", sagt Therapeutin Melissa Russiano. "Alles erfordert mehr Arbeit, zieht mehr Energie und fühlt sich tendenziell überfordernd, verwirrend und anstrengend an."


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Der Begriff hat seine Wurzeln im Introvertierten-Sprech. Auch wenn solche Persönlichkeitsschubladen wahrscheinlich kompletter Unfug oder zumindest mit Vorsicht zu genießen sind – das Gefühl ist echt. Alle, die sich schon mal nach einer Woche voller Veranstaltungen, ganz unabhängig von Alkohol und Drogen, erschöpft waren – und vielleicht sogar ein bisschen von der Liking Gap gefühlt haben –, haben einen sozialen Kater erlebt. Vielleicht hast du das damals anders genannt, Mini-Burnout oder so. Ganz falsch wäre das auch nicht. Beide Gefühle sind sich ähnlich, aber das, worüber wir hier reden, ist kein systemisches Problem. Du hast einfach deine Socialising-Kapazitäten überreizt.

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Ich war 24 Stunden spazieren

Dass der Begriff gerade verstärkt im Umlauf ist, ist kein Wunder. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist der Lockdown endlich vorbei und seit ein paar Wochen dürfen wir uns wieder in größeren Gruppen treffen und Veranstaltungen besuchen. Das warme Sommerwetter hilft natürlich. Menschen, die sich nie als introvertiert wahrgenommen haben, merken gerade, dass ihre Kapazitäten für Smalltalk und Gesprächs-Hopping schnell an ihre Grenzen kommen. "Wir alle haben mit der Pandemie etwas Surreales durchlebt und es wird Zeit brauchen, bis man sich wieder integriert hat", sagt Russiano. 

Sieh den sozialen Kater also nicht als Warnzeichen dafür, dass du nicht mehr unter Leute gehen solltest, sondern einfach als Hinweis, dass du dich an das alles erst wieder gewöhnen musst. Monatelang trafen wir uns nur im engsten Freundeskreis – wenn überhaupt. Kein Wunder, dass du dich gerade etwas erschlagen fühlst. Selbst den Extrovertiertesten unter uns geht es so. Aber wie gesagt: Es ist nur ein Kater. Der verschwindet auch wieder. Wer von uns ist Samstagmorgens noch nie mit einem fiesen Schädel aufgewacht und hat dann abends wieder fröhlich ein paar Getränke verhaftet? Das gleiche gilt für soziale Kater – nur ohne die Übelkeit.

Wenn dir der Leute-Kater aber trotzdem ordentlich zusetzt, hat Russiano einen guten Ratschlag: "Stell sicher, dass du täglich genug Zeit hast, um wieder deine Reserven aufzuladen", sagt sie. "Einen sozialen Kater bekämpfst du nicht mit zwei Wochen Urlaub. Es geht darum, jeden Tag etwas Zeit zum Wiederaufladen zu finden."

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Das kann bedeuten, einfach mal 30 Minuten länger zu schlafen, dir morgens eine Stunde zu nehmen, in der du durch TikTok scrollst, nachmittags alleine für eine Stunde ins Fitnessstudio zu gehen – was auch immer du brauchst, um deinen Kopf wieder etwas frei zu kriegen. Es kann auch helfen, dir maximal zwei Dinge fest fürs Wochenende vorzunehmen und die restliche Zeit mit Erholung zu füllen und spontanen Verabredungen, die du auf keinen Fall ausschlagen kannst.

Vergiss nicht, dass du auch mal eine Einladung ausschlagen kannst. "Es gibt kein Gesetz, dass du zu absolut jeder Einladung zusagen musst", sagt Russiano. Natürlich ist das Bedürfnis nachvollziehbar, gerade jetzt überall dabei zu sein. Wenn uns das vergangene Jahr etwas gelehrt hat, dann, dass das Abhängen mit Freunden großartig ist. Und jetzt gerade, wo wir endlich wieder dürfen, fühlt es sich extrem kontraintuitiv an, Gelegenheiten dafür auszuschlagen. Aber erinnerst du dich noch? Nicht alle Hangouts sind so cool, wie du denkst. Und manchmal lohnt es sich einfach, Nein zu sagen und dafür eine Nacht durchzuschlafen.

Aber wenn du es einfach nicht aushältst, die spontane Einladung deiner Freundin auf ein paar kühle Getränke im Park auszuschlagen, obwohl du die ganze Woche schon unter Leuten warst und weißt, dass du am Sonntag emotional ausgeblutet aufwachen wirst, dann ist das auch kein Weltuntergang. Am Ende ist ein Leute-Kater auch nur ein Zeichen dafür, dass du zu viel Spaß hattest. Nimm dir ein bisschen Zeit für dich, um dich zu regenerieren. Dann kann's auch schon weitergehen.

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