Header: So bewirbt die App “Outoo” sich selbst.
Wenn du morgens aufwachst – allein im kalten Tageslicht mit deinem sabberverkrusteten Mund als einzige Gesellschaft –, wie lange dauert es dann, bis du vor lauter Panik über dein Singleleben zusammenbrichst? Schaffst du es, deine Schüssel Schokomüsli zu essen, ohne mit dem Gesicht voran wimmernd in die zuckrig-braune Milch zu fallen? Ist die Dusche der einzige Ort, an dem du deine salzigen Tränen vor der Welt versteckten kannst? Oh, das ist sie? Sorry! Tut mir wirklich leid, dass ich das jetzt angesprochen habe. Wirklich! Ich komme mir jetzt ein bisschen wie der letzte Arsch vor.
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Aber hey, hast du schon dieser neuen App namens “Outoo” gehört? Die gibt es zwar momentan noch ausschließlich in Großbritannien, aber Apps sind cool, nicht? Erinnerst du dich noch an die Wasserwaagen-App? Die war mega gut, weil du plötzlich eine Wasserwaage in der Bar benutzen konntest. Das war wahrscheinlich die beste App überhaupt und mittlerweile gibt es bestimmt schon dreizehn Apps für die meisten Handys. Mindestens. Die Konkurrenz schläft nicht. “Outoo” lässt dich aber leider nicht die vertikale Ausrichtung einer Oberfläche bestimmen.
“Was soll ich dann überhaupt damit?”, fragst du berechtigterweise. Was kann “Outoo” eigentlich? Was macht “Outoo” ? “Outoo”ist eine “Mischung aus Veranstaltungs- und Socialplattform” und verkauft sich selbst als “Resident Advisor meets Tinder”. Was, das musst du zugeben, eine ziemlich sonderbare Behauptung ist. Was soll das überhaupt – du weißt schon – bedeuten? Matchst du mit einem potentiellen Partner einzig und allein auf der Grundlage einer gemeinsamen Vorliebe für Gesaffelstein? Kann sie nach links swipen, wenn sie sieht, dass du dich für eine Psytrance-Veranstaltung in Niedersachsen angemeldet hast? Müsst ihr euch in einem grottigen “Edel-Club” treffen und dort zu den Klänge von generischem Tech-House eure Lieblings- Harry-Potter-Szenen ins Ohr schreien?
Die Antwort auf all diese Fragen lautet: Nein.
Die Zielgruppe
Tatsächlich scheint es “Outoo” genau auf die Art von Mensch abgesehen zu haben, die beim Colour Run mitmacht und einen Kumpel hat, der einmal fast bei Tough Mudder teilgenommen hätte, dann aber doch nicht konnte, weil er sich am Abend davor beim Swingtanz in Detmold den Arschmuskel gezerrt hatte. Im Grunde ist es eine App für Prinz-lesende 26-Jährige, die vor Kurzem in Berlin-Neukölln ausgegangen sind und seitdem nicht aufgehört haben, allen erstaunt darüber zu berichten, dass sie niemand auf der Straße abgezogen hat.
Oder in “Outoos” eigenen Worten:
“ Outoo is an exciting next generation events discovery and social mobile application. By helping you to find events you shouldn’t be missing out on and connect with people before you arrive Outoo will revolutionise your social life. It’s your best friend when it comes to searching for new events, exploring your city and discovering it’s hidden treasures with other people.”
Das scheint, zumindest oberflächlich betrachtet, ein ganz nettes Vorhaben zu sein: ein sinnvolles Werkzeug für jeden, der herkömmliches Menschenkennenlernen so ansprechend findet wie einen Campingausflug mit Markus Lanz, aber gerne in der letzten Reihe zum Mall Grab-Set mitwippt.
Das Erlebnis
Das ist aber nur die Oberfläche. Schau etwas tiefer – zum Beispiel in diesen begeisterten Blogpost über die App – und du wirst die nekrotisierende Fasziitis von einem Vero-Moda-Albtraum entdecken, die sich durch “Outoo” frisst. Es gibt zwei Worte, die nebeneinander stehend jedes normal denkende menschliche Wesen augenblicklich in ein zitterndes und stammelndes Wrack verwandeln. Diese beiden Worte finden sich auch in dem Text hier unten.
Kannst du sie entdecken?
“ Incredibly Outoo feeds in a live list of events going on around you… who fancies a bit of Rave Yoga on a Sunday morning? Surely that fits into your dry January action plan!”
Rave Yoga. Rave. Yoga. Rave Yoga – etwas, von dem ich bezweifle, dass es fernab von #CleanLiving-Instagram-Accounts überhaupt existiert – gehört zu der Art von Aktivitäten, an denen eigentlich nur wahrhafte Psychopathen teilnehmen. Es gibt nicht viele Begriffe auf dieser Welt, die eine derartig grauenerregende Konnotation wie “Rave Yoga” haben. Und die Vorstellung von einer App, die es wildfremde Menschen ermöglichen will, um 7 Uhr morgens gemeinsam den herabschauenden Hund zu machen, während irgendein Typ namens Energeyes aus Sydney dazu in sein Headset schnauft, ist die Vorstellung von der Hölle selbst.
Aber hey, das kann doch nicht komplett alles so schlimm sein, oder? Immerhin steht in besagtem Blogpost, Outoo ginge es darum “bewusst Klischeeveranstaltungen zu vermeiden” – was sehr gut ist. Ich hasse Klischeeveranstaltungen! Ich will ungeschliffene und authentische Events. Veranstaltungen, an die ich im Traum nicht denken würde. Events, die sich wie wahre Events anfühlen. Also los, Outoo, gib mir deine besten Veranstaltungen! Zeig mir, was du drauf hast!
OK: “Warehouse Raves, Food Markets and Brunch Day-Parties.” Fantastisch.
Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.
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