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Spieleentwickler Epic zerrt 14-jährigen Cheater vor Gericht – Mutter rastet aus

Ein jugendlicher Dauer-Cheater wird auf Schadenersatz verklagt, weil er mit unerlaubten Hilfsmitteln gegen die Nutzungsbedingungen des Shooters 'Fortnite' verstoßen habe. Dessen Mutter wehrt sich nun.
In Fortnite kämpfen im Stile eines Battle Royale bis zu 100 Spieler gegeneinander – der letzte Überlebende gewinnt | Bild: Epic Games

Mit hundertprozentiger Genauigkeit virtuelle Kopfschüsse verpassen oder einfach mal durch Wände hindurchsehen. Ein 14-jähriger Fortnite-Spieler muss eine ganze Weile geglaubt haben, dass er alle Kontrahenten an der Nase herumführen kann. Als notorischer Cheater schummelte er mehrfach in dem populären Online-Shooter, um sich unerlaubt einen Vorteil gegenüber seinen Mitspielern zu verschaffen. Die nötigten Tools kaufte er auf speziellen Websites und drehte anschließend sogar Tutorial-Videos, die seinen Zuschauern erklärten, wie auch sie ganz einfach diese Cheats nutzen können.

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Doch seine Karriere als jugendlicher Schummel-Lehrmeister hat mittlerweile ein abruptes Ende gefunden: Epic Games verklagte den Minderjährigen und einige andere Cheater, welche dieselben Tools benutzen, auf Schadenersatz, weil sie mit ihren Cheats gegen die Nutzungsbedingungen des Spiels verstoßen haben.

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Es passiert nicht allzu häufig, dass Cheater gerichtlich belangt werden, doch in diesem Fall waren die Konsequenzen für die Täter eigentlich seit Monaten absehbar: Das Entwicklerteam People Can Fly und der Publisher Epic Games bemerkten schon im April dieses Jahres, dass sich immer mehr dieser Cheater unter die rund 12 Millionen Spieler schummeln. Auf ihrer offiziellen Homepage drohte Epic daraufhin harte Konsequenzen an. Dort heißt es unter anderem: "Niemand mag Cheater. Nicht ihr, nicht wir. Niemand. (…) Schummler ausfindig zu machen, ist nun die höchste Priorität von Epic Games." Das Entwicklerteam habe bereits in der Vergangenheit "Tausende" gebannt und es gebe keine Pläne, jetzt damit aufzuhören. Tatsächlich geht Epic nun erstmals über die Bestrafung in Form eines Bans hinaus.

Artikel: 4 Gamer erklären, warum sie anderen Spielern das Leben zur Hölle machen

Die betroffenen Cheater werden von Epic Games angeklagt, durch ihre Cheats das Urheberrecht der Entwickler am Spiel Fortnite verletzt und gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen zu haben. Im Falle einer Verurteilung drohen Geldstrafen in Höhe von bis zu 150.000 US-Dollar. Ob Epic Games auch gegen die Entwickler der genutzten Cheats vorgehen wird, ist bisher nicht bekannt – ungewöhnlich wäre dieser Schritt allerdings nicht.

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Was den Gerichtsprozess gegen die Gamer angeht, macht das Alter des jüngsten Angeklagten die Sache nun allerdings komplizierter, als die Kläger von Epic Games wohl erwartet hätten: Denn die Mutter des 14-Jährigen kämpft entschlossen dafür, dass die Anklage fallengelassen wird. Mit einem Brief, den Torrentfreak veröffentlicht hat, wandte sie sich an das Gericht und beschuldigt Entwickler und Publisher, dass diese nur nach einem Sündenbock suchen würden, an dem sie ein Exempel statuieren können.

Sie argumentiert in dem Schreiben, dass die Nutzungsbedingungen, auf die sich Epic Games mit ihrer Klage zu großen Teilen stützt, im Fall des 14-jährigen nicht rechtlich bindend seien. Dort heiße es nämlich, dass Minderjährige nur mit der Einwilligung eines Erziehungberechtigten das Spiel installieren und nutzen dürfen – und diese Einwilligung habe die Mutter niemals gegeben. Auch zu einem Verstoß gegen die Urheberrechte des Entwicklerteams sei es nicht gekommen, da ihr Sohn lediglich Cheats genutzt habe, die er von einer Website erhalten habe, die sich auf den Vertrieb von Schummel-Hilfsmitteln in allen möglichen Online-Spielen spezialisiert habe. Epic Games sollten ihre Klage also lieber gegen diese Anbieter richten, statt sich einen Sündenbock zu suchen.

Mit Hilfe von Cheats können sich Fortnite-Spieler entscheidende Vorteile verschaffen. So können beispielsweise auch Gegner hinter Deckung sichtbar gemacht oder deren Lebensbalken eingeblendet werden | Bild: Epic Games

Der Brief endet mit einem Vorwurf der Mutter in Richtung der Entwickler: Epic Games habe die Namen der Cheater veröffentlicht und damit gegen die US-Gesetzgebung verstoßen, die den Schutz der Anonymität des Angeklagten einfordert. Statt allerdings rechtliche Schritte gegen diesen Gesetzesbruch einzuleiten, gebe sich die Mutter damit zufrieden, wenn die Klage gegen ihren Sohn einfach fallen gelassen wird.

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Gegenüber der US-Website Kotaktu erklärte Epic Games unterdessen, über welche Umwege es überhaupt erst zur Klage gegen den 14-jährigen gekommen sei. So seien die Entwickler auf den Cheater aufmerksam geworden, als der Minderjährige gegen die Sperrung einiger seiner Fortnite-Videos auf YouTube schriftlich protestiert habe – Videos, in denen er erklärt, wie man am besten in Fortnite schummeln und gegen die Spielregeln verstoßen kann. Mittlerweile ist der Kanal nicht mehr auffindbar, wobei nicht klar ist, ob der 14-jährige oder YouTube ihn gelöscht haben. Gegen einzelne Videos hatte Epic Games den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) eingesetzt, ein Gesetz zum Schutz vor Urheberrechtsverletzungen im Internet. Wenn sich der Spieleentwickler auf den DMCA beruft, muss er auch eine gerichtliche Klage gegen den Verletzer des Urheberrechts einreichen.

Epic Games habe angesichts dieser Situation nicht viele Optionen gehabt: "Unter diesen Bedingungen verlangt das Gesetz von uns, entweder eine Klage bei Gericht einzureichen, oder die gesperrten Videos wieder freizugeben." Entwickler und Publisher entschieden sich für die zweite Option, und so werden die nächsten Wochen wohl zeigen müssen, ob im Fall von Cheating durch Minderjährige auch die Eltern haftbar gemacht werden können.

Update, 05.12.17, 16:40 Uhr

Im Kampf von Epic Games gegen die Cheater von Fortnite gibt es jetzt laut dem Magazin Torrentfreak erste Ergebnisse, und auch für die Mutter des 14-jährigen Cheaters finden die Anwälte des Spielestudios deutliche Worte.

Im Prozess gegen den Spieler "Joreallean" gab es eine außergerichtliche Einigung. "Joreallean" hat laut Epic nicht nur selbst Cheats benutzt, er bot sie auch anderen Gamern an. Obwohl er bereits neun Mal aus Fortnite verbannt wurde, legte er sich immer wieder neue Accounts an, auf denen er Cheats benutzte. "Joreallean" soll nun alle Cheats löschen, versprechen, nie wieder zu schummeln oder Cheat-Software zu programmieren. Sollte er doch wieder zu Cheats greifen, droht ihm Epic ein Bußgeld von über 4000 Euro an.

Im Fall des 14-jährigen Cheaters, dessen Mutter einen Brief an die Entwickler schrieb, gibt es Bewegung. "Wir nehmen hiermit auf, dass es sich beim Beschuldigten um einen Minderjährigen handelt", schreibt Christopher M. Thomas, einer der Anwälte von Epic Games in einem Brief an die Mutter. Minderjährige bedürften einem besonderen Schutz vor Gericht, ihre vollen Namen werden normalerweise nicht genannt. Das möchte Epic korrigieren und die Anklageschrift zurückziehen, um sie dann ein weiteres Mal – dieses Mal ohne den vollen Namen des 14-jährigen Gamers – dem Gericht zur Verfügung zu stellen. Jedoch bemerkt Thomas in schnippischem Juristenenglisch: "Man könnte natürlich argumentieren, dass der Brief der Mutter, der den vollen Namen und die Adresse des Beschuldigten enthält, ihn von diesem besonderen Schutz befreit", so der Anwalt. Die Ansage hier also ganz klar: Du hast den Namen und die Adresse deines Sohnes ins Netz gestellt, sei froh, dass wir so nett sind und dir entgegenkommen. Auch wenn bisher keine Millionenstrafen verhängt wurden, meint Epic Games es also mit dem Kampf gegen Cheater weiterhin ernst mit.

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