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Wie dir die "Bundesliga Classics" die Regen-Tage bis zum Saisonstart versüßen

Die Bundesliga startet erst in drei Wochen. Unser Autor schaut deshalb Pseudo-Liveübertragungen aus Spielzeiten, wo Wutreden noch zum guten Ton gehörten. Das solltest du auch tun.
Screenshot aus dem Youtube-Video "Bundesliga-Saison 1997-1998 / Bundesliga Klassiker" von #FUSSBALLsüchtig

Die fußballerische Sommerpause wurde zwar mit Confed-Cup und den Europameisterschaften der U19, der U21 und jetzt der Frauen gut gefüllt, doch ich bin heiß auf Bundesliga. Die Samstage plätschern vor sich hin und um 15.30 Uhr regiert nur die verregnete Langeweile. Erst am 18. August findet mit Bayern München gegen Bayer Leverkusen das erste Spiel der 55. Bundesligasaison statt. Und bis dahin schwelge ich in Erinnerungen – und schaue mir meine eigene liebste Serie für öde Wochenend-Nachmittage an: Die Bundesliga Classics.

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Das DSF, heute Sport1, produzierte damals die Saisonrückblicke mit dem simplen wie genialen Prinzip: Sie beleuchteten alle Spieltage der jeweiligen Saison einzeln und bastelten daraus einen Spielfilm. Das klappt. Trapattonis Wutrede oder Otto Rehhagels Meisterstück lassen mich auch heute noch vor Freude zum Torjubel ausholen. Die Bundesliga Classics sind ein Versprechen – an die gute alte Zeit.

Alleine die Intros sind den Klick auf jedes Youtube-Video bereits wert. Der Vorspann enthält beste 90er Jahre Bassmusik und passt sich damit der fußballerischen Reise in die Vergangenheit auch musikalisch an. Der extralaut gepegelte Fanjubel ersetzt keinen Stadionbesuch, vermittelt aber mehr Gänsehaut als eine TV-Liveübertragung.

Obwohl die Aufzeichnungen der Classics schon einige Jahre zurücklegen, liegen mir gewisse Livekommentare immer noch im Ohr: "Da … jetzt weiß er es. Lautern ist Meister. Er hat es geschafft. Der erste Aufsteiger, der Deutscher Meister ist, heißt Kaiserslautern", brüllt Hansi Küpper am 33. Spieltag der Saison 1997/1998 in sein Mikro (erstes Video ab 1:08:31). Legendär, besonders aus heutiger Sicht, wo der FC "Dauermeister" München bereits den fünften Titel in Folge gewinnen konnte.

Natürlich haben auch die Classics ihre Schwächen: Die Fans außerhalb des Bayernlagers müssen etwas Geduld mitbringen, um ihren Verein zu sehen. Jeder Spieltag beginnt stets mit den Topspielen, die gefühlt immer mit Beteiligung des Rekordmeisters auserkoren wurden – egal ob gegen Borussia Dortmund oder Energie Cottbus. Anschließend kommen die restlichen Spiele aus der unteren Tabellenhälfte in Kurzfassung. Aber keine Scheu, liebe Nicht-Bayern: Ein lächelnder Otto Rehhagel, der den Bayern die Meisterschaft wegschnappt, oder die donnernde "Ich habe fertig"-Pressekonferenz von Giovanni Trapattoni versüßen jedoch auch allen übrigen Zuschauern die Classics. (erstes Video ab Minute 44:12)

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Natürlich kann man sich die Szenen auch einzeln bei Youtube angucken. Aber erst mit den Classics entfaltet sich der gesamte Spannungsbogen, welcher den "Flasche leer"-Spruch von Trapattoni als Klimax dastehen lässt. Solche Interviews und Skandale, die unter der Rubrik "Seitenblick" fast ein Viertel der Sendezeit füllen, bringen die persönliche Note in die Classics, die ich an der aktuellen Spielzeit vermisse. Während die heutigen Interviews eher auswendig gelerntem Phrasendreschen gleichen, kam das Highlight des Spiels erst im Interview direkt nach Abpfiff.

"Unserem Sieg gegen die Bayern muss ich auch unserem Zeugwart Andi Pahl widmen, der mir vor Wochen gesagt hat, wie man gegen die Bayern zu spielen hat, ich hab dann Gott sei Dank auf ihn gehört", erklärte damals Bochums Kult-Trainer Peter Neururer uns Zuschauern. (zweites Video ab Minute 43:26)

Beim Neururer-Interview muss ich doppelt schmunzeln. Einerseits, weil der Humor des Schnauzbartträgers schon immer meiner war. Und ich mich genau erinnern kann, was ich an jenem 14. Februar 2004 gemacht habe. Auf Klassenfahrt hörte ich aus dem Kofferradio mit Fußballverrückten der Klasse 5B das 1:0 von Peter Madsen, bevor wir dann nach dreifacher Aufforderung endlich zur Wanderung aufbrechen konnten. Für den VfL führte der Pfad 2004 bis in den UEFA-Cup.

Die Classics sind ein Bilderbuch, aus den Tagen, in denen der Fußball für mich alles war und ich noch Zeit hatte jedes Spiel zu sehen oder zu hören. Ich kann es nachvollziehen, warum Peter "Der Große" Neururer jetzt als Experte für Sport1 die Bundesliga auswerten darf.

Bis es zu einer Spieltagsanalyse kommt, bei der hoffentlich das Material für die Bundesliga Classics 2017/ 2018 gesammelt werden kann, muss erst wieder gespielt werden. Durch das Lesen dieses Artikels sind wir dem Saisonstart wieder wertvolle Minuten näher gekommen. Für die restliche Zeit gibt es noch den besten Lückenfüller – die Bundesliga Classics.