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Große Koalition

Mitglieder der Jungen Alternative haben offenbar bei der SPD gegen die Groko gestimmt

Anscheinend können sogar Rechtspopulisten SPD-Mitglied werden.
Beide Fotos: imago

Am Sonntag will die SPD das Ergebnis ihrer Mitgliederbefragung verkünden, wonach dann endgültig geklärt sein dürfte, ob Deutschland eine neue Große Koalition bekommt oder nicht.

Die SPD-Spitze gibt sich siegessicher, dass die Basis mit “Ja" abstimmen wird – und das, obwohl die Jungsozialisten seit Wochen unermüdlich gegen die Groko werben. Juso-Chef Kevin Kühnert hatte unter dem Slogan "Tritt ein, sag nein" sogar dazu aufgerufen, extra in die SPD einzutreten, nur um beim Votum die Koalition zu verhindern. Dem Ruf sind aber offenbar auch Leute gefolgt, über die sich die Jusos überhaupt nicht freuen dürften: Mitglieder der Jungen Alternative, der oft noch extremer auftretenden Jugendorganisation der AfD. Der Dresdner JA-Ableger postete am 22. Februar dieses Foto bei Facebook:

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Auf Anfrage von VICE bestätigt ein Sprecher der Jungen Alternative, "dass mindestens drei Mitglieder der Jungen Alternative im Laufe der vergangenen Wochen SPD-Mitglied geworden sind". Aus Datenschutzgründen könne man dafür aber leider keine Belege liefern. Die drei hätten die Mitgliedschaft online beantragt, die sei dann wenige Tage später per E-Mail beziehungsweise Post bestätigt worden. "Einige Tage später erhielten sie die Unterlagen für die Abstimmung." Und dann hätten alle drei "Nein" angekreuzt.


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Die SPD hat nicht viele Bedingungen für Leute, die bei ihr Mitglied werden wollen. Zwei Regeln gibt es aber doch: Man darf nicht gleichzeitig Mitglied einer anderen Partei sein. Und: Man muss mit den Grundwerten der SPD übereinstimmen. Die Mitgliedschaften der JA-Mitglieder verstoßen klar gegen beide Regeln.

Eine Sprecherin der SPD räumt auf Nachfrage von VICE ein, dass es "im Einzelfall nicht auszuschließen" sei, dass JA-Mitglieder beigetreten sein könnten. Im Aufnahmeantrag werde zwar gebeten, ehemalige Mitgliedschaften anzugeben – eine Versicherung, dass man nicht in einer anderen Partei sei, fordere die Partei aber nicht. "Die Ortsvereinsvorstände entscheiden über die Aufnahme eines Mitgliedes und lehnen die Aufnahme bei Kenntnis einer Doppelmitgliedschaft ab", schreibt die Sprecherin. "Grundsätzlich haben wir keinen Grund, den Angaben unserer Neumitglieder zu misstrauen."

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Seit die Bild es geschafft hat, kurzfristig einen Hund als SPD-Mitglied anzumelden, ist offensichtlich geworden, dass zumindest einige SPD-Ortsvereine ungeprüft jeden aufnehmen, der ihr Online-Formular ausfüllen kann. Das ist besonders problematisch, weil jeder, der bis zum 6. Februar in die SPD eingetreten war, über die GroKo und damit über die zukünftige Regierung Deutschlands abstimmen konnte – inklusive JA-Mitglieder.

Der Hund hat am Ende doch keine Stimme abgegeben (sein Besitzer hätte sich sonst wegen Urkundenfälschung strafbar gemacht), die Nachwuchs-Rechten von der JA aber offenbar durchaus. Torben Braga, der JA-Sprecher, betont zwar, dass es sich um "keine konzertierte Aktion" gehandelt habe, die Mitglieder seien von selbst darauf gekommen. Die Idee fände er aber gut: "Jede Stimme gegen die Große Koalition ist eine Stimme für Neuwahlen", schreibt er per Mail. Und von Neuwahlen erhoffen sich die Rechtspopulisten ein noch besseres Ergebnis für sich selbst.

Natürlich fallen drei oder auch ein Dutzend Rechte bei insgesamt 463.723 SPD-Mitgliedern (Stand 20. Februar) nicht wirklich ins Gewicht. Aber aktuell stellen wieder mehr Beobachter die Frage, ob der Mitgliederentscheid der Partei nicht doch gegen die Verfassung verstößt. Da hilft es sicher nicht, dass der SPD offenbar nicht gründlich genug prüft, wen sie überhaupt aufnimmt – eben auch Leute, deren erklärtes Ziel der Untergang der Partei ist.

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