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Sachsen

In Chemnitz wurde erneut ein nicht-deutsches Restaurant angegriffen

Der Besitzer des "Safran" liegt verletzt im Krankenhaus, der Staatsschutz ermittelt. Andere Gastronomen zeigen sich unbeeindruckt.
Foto: HärtelPRESS | imago, Jan Huebner | imago

Chemnitz, immer wieder Chemnitz: Ende August jagen Rechtsextreme und Hooligans auf offener Straße Menschen anderer Hautfarbe, anschließend versammeln sich Neonazis und Rechtspopulisten in der Stadt. Darunter auch Mitglieder einer rechtsterroristischen Vereinigung, die Anfang Oktober auffliegt. Davor und danach kommt es zu mehreren gewaltsamen Attacken, bei denen Menschen verletzt werden – so wie am Sonntagabend gegen das persische Restaurant "Safran".

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Der iranische Wirt Masoud H. will gerade Feierabend machen, als gegen 22:30 Uhr drei Motorradfahrer in dunkler Kleidung und Helmen vorfahren, das "Safran" stürmen und Möbel und einen Samowar auf ihn werfen. Der Wasserkocher trifft H. am Kopf, er bricht zusammen, muss ins Krankenhaus eingeliefert werden.

"Ich weiß nicht, warum die Männer mich angegriffen haben", sagt H. vom Krankenhausbett aus der Bild. Die Angreifer hätten auf Deutsch herumgeschrien, was genau das war, habe er nicht verstehen können.

Wer hinter der Tat steckt, ist noch unklar. Es liegt aber die Vermutung nahe, dass es Neonazis gewesen sein könnten. Eine Polizeisprecherin sagte der Freien Presse, man ermittle zwar in alle Richtungen, aber könne nicht ausschließen, "dass es einen ausländerfeindlichen Hintergrund gibt." Auch weil das Restaurant bereits dreimal mit rechten Parolen und Hakenkreuzen beschmiert wurde, ermittelt jetzt der Staatsschutz.


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Masoud H.s Safran ist nicht das erste Restaurant in Chemnitz, das weder Schnitzel noch Kartoffelauflauf zu seinen Spezialitäten zählt, und nach den rechtsextremen Kundgebungen Ende August und Anfang September angegriffen wurde. Vor sechs Wochen attackierten Unbekannte das jüdische Restaurant "Schalom", warfen faustgroße Steine, Flaschen und ein Stahlrohr in das Lokal und verletzten so dessen Besitzer. "Hau ab aus Deutschland, du Judensau", soll ein Angreifer gerufen haben, schreibt später die Welt, auch hier ermittelt der Staatsschutz. Ende September wurden dem persischen Restaurant "Schmetterling" laut Freier Presse die Fenster eingeworfen.

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Andere Gastronomen reagieren teilweise mit Unverständnis, teilweise mit Trotz auf die allem Anschein nach rechtsmotivierten Angriffe.

"Wir haben nichts gegen dich, aber gegen die anderen Ausländer"

"Was hier in Chemnitz passiert, ist nicht normal", sagt Kaya Yavuz, als ihn VICE am Telefon erreicht. Der Betreiber einer kurdischen Bäckerei fand seinen Laden an einem Januar-Morgen vollgesprüht mit SS-Runen und Schriftzügen wie "Tod und Hass" vor. Von dem Angriff auf den Safran-Besitzer, einen Bekannten, erfährt er erst in diesem Moment. "Wenn man hier ganz normale Geschäfte führt und diese werden angegriffen, dann bekommt man Angst", dann entschuldigt er sich und legt auf.

Ein thailändisches und ein türkisches Restaurant wollen sich auf Anfrage nicht äußern, der Besitzer eines italienischen Imbisses schon. Er sei "schockiert", wenn er von solchen Angriffen höre, habe selbst aber bislang keine Probleme gehabt. Dennoch sei er sich sicher, dass Neonazis bei ihm regelmäßig essen würden. "Die sagen, dann auch immer: 'Wir haben nichts gegen dich, aber gegen die anderen Ausländer.'"

Das bestätigt auch der Inhaber eines Dönerladens im Zentrum der Stadt. Während der Demonstrationen der letzten Monate schirmten immer wieder Polizisten den Imbiss ab. An seiner Arbeitsweise ändere sich durch die Angriffe aber nichts, sagt der Inhaber: "Neonazis essen immer Döner, das ist schließlich viel billiger."

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