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Straches zweiter Karikaturenstreit, oder: HC hat schon WIEDER ein neues Facebook-Titelbild

Neuer Monat, neues Facebook-Titelbild—und wieder eine Klage gegen HC Strache. Wir mögen Tradition genauso wie Heinz-Christian und haben uns die Sache deshalb gerne wieder (!) angeschaut.

Okay, zugegeben: Heinz-Christian Strache ist nicht der einzige Mensch, der sein Facebook-Titelbild gelegentlich wechselt—und auch nicht der einzige, der das nicht so ganz freiwillig tut, sondern sich damit nur dem Erwartungsdruck seiner Umwelt beugt.

Während wir anderen allerdings Pommes-Panoramen gegen Serien-Titelbilder austauschen, um nicht zur Gänze in der sozialmedialen Versenkung verschwinden, ist HC Strache doch der einzige Mensch, den ich kenne, der sein Titelbild in letzter Zeit nur noch dann austauscht, wenn er wieder mal von einem Karikaturisten verklagt wurde.

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Daraus will ich ihm auch gar keinen Strick drehen—die sind in unserem Land sowieso für Juden und Presevertreter reserviert, wenn man diesem verbal inkontinenten ÖVP-Knilch glauben darf. So ein regelmäßiges Klage-und-Austausch-Spiel ist ja auch eine Art Tradition (mit der Strache bekanntlich ziemlich viel anfangen kann) und gibt einem Rückhalt in diesen ansonsten recht turbulenten Zeiten, wo Sarah Palin eine eigene TV-Show bekommt und Leute von fliegenden Hirschen verletzt werden.

Stattdessen will ich hier einfach nur die Welt darüber informieren, die wie schon bei Straches letztem Karikaturenstreit auch diesmal die heiße Kartoffel unangetastet ließ, bis wir sie ein bisschen kaltgepustet hatten. Wahrscheinlich sind die Begriffe „Karikatur" und „Streit" seit einem gewissen Skandal in Schweden auch einfach zu sehr Reizwörter—und die beiden Propheten Mohammed und Strache zumindest auf dieser Ebene schlussendlich doch ähnlicher, als man denken könnte.

Die vielleicht einzige copyrightfreie Illustration von Bruno Haberzettl im Internet. Foto: Sid Knee 23

Damit sich unsere monatlichen Meldungen zu Straches neuen Facebook-Bildern aber nicht zu sehr gleichen und weil der Fall hier auch ganz anders gelagert ist (Bruno Haberzettl veröffentlicht seit 1995 wöchentlich eine Karikatur in der Krone und ist vom Verdacht der Underground-Zugehörigkeit generell eher freizusprechen), habe ich diesmal das getan, was man eigentlich nie, nie, NIE tun sollte und die Kommentare zum Bild gelesen.

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Und damit ihr nicht selbst auf Facebooks dunkelste Trampelpfade abgleiten müsst, sondern euch beim nächsten Besuch ganz eurem eigenen Titelbild-Update widmen könnt, habe ich hier die wichtigsten Erkenntnisse aus dem postdemokratischen Deppen-Dojo hier für euch zusammengefasst.

1. Strache-Fans sind gegen Copyright

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man hier von einer bewussten Entscheidung und einer inhaltlichen Position sprechen kann, oder ob das Negieren des Copyrights in praktisch jedem zweiten Kommentar nicht eher der österreichischen Feindkommunikationstaktik des „Runterschaselns" entspringt.

So lautet der Kommentar des ersten Posters überraschenderweise nicht „first!!!!1!!!", sondern: „Der soll doch froh sein wenn jemand seine Bilder veröffentlicht.. versteh ich echt nicht." Andere schließen sich mit „der Orme" und „diese sorgen möchte ich haben!!!!!!" an. Vielleicht ist die Kritik am Copyright also wirklich ernst gemeint.

Ich war bisher ja der Meinung, das Eintreten für die Creative Commons-Nutzung von Bildern im Internet und die damit einhergehende Kampferklärung an alte Copyright-Regelungen wäre eher eine linke Agenda. So wie es aussieht, lebt aber die Hoffnung, dass ein Volksbegehren für Creative Commons überraschenderweise dann am besten funktionieren dürfte, wenn HC Strache es initiieren würde.

2. Der ORF ist eine linke Propagandazentrale

Hier muss ich beschämt eingestehen, dass ich selbst bisher blauäugig aber grüngehirnig der gezielten Falschinformation der Medien aufgegesessen bin. HC-Fans wissen eindeutig mehr als ich. Zumindest sind sie mehr als ich und haben bei ihrem feinmaschigen Quellenüberprüfungs-Netz vermutlich auch die besseren Informanten.

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Deshalb glaube ich natürlich jenem Menschen, der unter Straches Bild das hier postete: „diese linken kleinkarierten blutsauger haben ja reichlich unterstützung…vom orf und ö3…dazu dieses grünenpack…und deren freunde…."

Die links verzeckte Agitationsmaschine von Ö3 und artverwandten ORF-Outlets muss dabei so subtil funktionieren, dass mir ihr linkslinkes Gedankengut bisher nicht einmal aufgefallen ist.

3. Schwule Clowns, die verkehrt herum reiten, sind das Schlimmste

Wer meint, Beleidigungen wären ein Zeichen von Schwäche, hat wahrscheinlich die rhetorischen Kunstkniffe, mit der Straches treue teutsche Gefolgschaft ihm auf Facebook zur moralischen Hilfe eilt, noch nicht gesehen.

Der Karikaturist Bruno Haberzettl wird hier einfach frech als „Brüno" betitelt—weil die Figur in Sasha Baron Coens gleichnamigem Film ja schwul war und schwul immerhin negativ ist. Versteht ihr? In einem anderen Kommentar wird sein Nachname sogar nassforsch zu „Haber"kuck"zettel !" umgewandelt—weil Haberkuck der Clown bei Am Dam Des war und Clown natürlich die denkbar schlimmste Beleidigung für Leute ist, die ihr Geld damit verdienen, andere zum Lachen zu bringen.

Als wäre das Fass damit nicht schon voll, greift ein dritter Kommentator noch einmal in die Vollen und schreibt: „WER IST BRUNO,DER RITTER DER VERKEHRT SITZT AM PFERD", was—wie mir auch erst Google verraten hat—eine Anspielung auf ein altes Lumpenlied über den verkehrt herum reitenden Ritter Kunibert ist. BAM!

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Schwule, verkehrt reitende Ritter und Clowns—oder noch schlimmer: schwule Clowns, die verkehrt herum reiten—sind demnach die stärksten Feindbilder, mit denen die Rechte in Bezug auf Nichtausländer aufwarten kann.

4. Unser größtes Problem sind nicht HC-Postings, sondern … Morde

Neben viel Sarkasmus, Ironie und Wortwitz macht sich in den Kommentaren aber auch echte Betroffenheit breit. Eine sehr satzzeichenaffine Dame postet unter Straches neues Facebook-Bild: „Lieber H.C.,so viele Morde??? Was is los in diesenÖsterreich?? Ausländer weg,und unsere Leute motivieren,und dann habn wir weniger Arbeitslose!!!"

Auch hier muss ich mich wieder an meiner Judennase nehmen: Der von Links vorgefilterte Medienbolschewismus hat mir bisher völlig den Blick darauf vernebelt, wie viele eiskalte Morde in unserer vermeintlichen IDYLLE wirklich passieren. Statistik Austria sagt über das Jahr 2012 zum Beispiel, dass es insgesamt nur 36 sind, aber was wissen Statistiker schon. Strache-Fans werden sich ihre Postings schließlich nicht einfach ausdenken.

Und so viel also dazu. Wenn Straches Fanpage ein Seismograf der österreichischen Stimmungslandschaft ist, dann passieren die Erdbeben hierzulande wohl nur in der Hose und sind hauptsächlich auf den Verzehr von ausländischen Nahrungsmitteln zurückzuführen. Mein Magen grummelt jedenfalls auch schon unangenehm—und ich bin mir sicher, ich finde inzwischen einen Haufen Leute auf Facebook, die mir erklären können, weshalb das mit linken Ausländern zu tun hat.

Ob sie recht hatten, wird sich wie immer erst zeigen, wenn ich das alles fertig verdaut habe. Aber zu meinem eigenen Leidwesen befürchte ich, die Linksmedien haben meine Scheiße auch diesmal wieder braun eingefärbt, um mich auszutricksen.

Danke, liebe Strache-Fans, dass ihr mir die Augen geöffnet habt—auch, wenn sich eure Kommentare gleichzeitig wie Pfefferoni in den Pupillen angefühlt haben.

Markus auf Twitter: @wurstzombie