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Man beachte vor allem die Szene ab 0:50Im 19. Jahrhundert verband sich dieser Wille, die Vergangenheit zu mythologisieren, mit der berüchtigten sexuellen Unterdrückung dieser Zeit—und so kamen Anthropologen, Historiker und Feministen-Vorläufer zusammen, um die Vorstellung von Keuschheitsgürteln auch für die Zukunft zu festigen. „Der Keuschheitsgürtel war für die Viktorianer ein großartiges Mittel, um diese Unterdrückung wiedergutzumachen. Sie redeten einfach auf eine pseudo-wissenschaftliche Art über die Vergangenheit, was dann als willkommene Grundlage für diverse Fantasien genutzt wurde", sagte Dr. Classen. Außerdem passte das Ganze auch noch wunderbar zur viktorianischen Faszination in Bezug auf Folter: „Sie mochten es einfach, die entsetzlichsten und grausamsten Folterinstrumente zu präsentieren, die man sich nur vorstellen konnte", erzählte mir der Wissenschaftler.So kam es auch, dass das British Museum 1996 einen „mittelalterlichen Keuschheitsgürtel" nicht mehr ausstellen durfte, nachdem sich herausgestellt hatte, dass dieser im 18. oder 19. Jahrhundert gefertigt wurde—eine Zeit, in der die Leute die klobigen Sexisten-Windeln als „Kuriositäten für laszive Menschen oder als Witz für geschmacklose Menschen" herstellten.
Der Mythos blieb aber trotz aller Bemühungen der Historiker bestehen und wird auch in Filmen wie etwa Robin Hood: Helden in Strumpfhosen angesprochen. Eine Sache hat sich jedoch geändert: Was einst ausschließlich als frauenfeindliches Kontrollwerkzeug galt, hat sich inzwischen auch in ein sex-befürwortendes Spielzeug verwandelt. „Heutzutage besteht auch noch dieses zusätzliche Element der S&M-Kultur, wo ein Keuschheitsgürtel mit Freuden eingesetzt wird", erklärte mir Dr. Classen. „So können diese Leute ihr allgemeines historisches Interesse—also eine spielerische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit—mit ihren sexuellen Fantasien verbinden. Zwar habe ich mein Buch geschrieben, um den Mythos für immer zu zerstören, aber erotische Fantasien lassen sich nun mal nicht unterdrücken."