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Nichts ist schlimmer als Emojis

Ich hasse Emojis. Emojis töten Gehirn. Emojis lassen euch dumm erscheinen. Und mich auch. Uns alle. Emojis sind faul. Hass.

Ich glaube, Emojis machen mich dumm. Ich glaube, Emojis machen uns alle irgendwie dumm. Früher konnte ich meine Gefühle und Gedanken ganz gut in Worte fassen. Deswegen habe ich auch irgendwann mit dem Schreiben begonnen. Als ich dann zirka 14 war, haben alle *fg*, *gg*, *sfg* oder LoL geschrieben. Das habe ich zum Teil auch so exzessiv betrieben, dass ich oft, wenn ich gelacht habe, eher gegluckst habe und ein *gg* im Kopf hatte. Dann kamen die Emoticons, manchmal sogar noch mit Nase. :-D, ;-), :(, xD.

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Allzu viele Gefühle konnte man mit denen aber auch nicht ausdrücken. Mein Vater macht bis heute in jeder SMS—ja, er schreibt noch SMS—dieses Emoticon +:-), weil das nichts bedeutet und alles bedeutet und man davor sowohl: „Wir fliegen in 30 Minuten, das Trainingslager wird hart, aber am meisten fürchte ich mich vor den 72 Jungfrauen", als auch „Ruf mich an, wenn du Zeit hast" setzen kann und es passt. Oder es passt nicht. Es ergibt einfach einheitlich keinen Sinn und sagt genau gar nichts. Es ersetzt keine Gefühlsbeschreibung und deswegen finde ich es irgendwie lustig und legitim.

Dann kam „haha", das ich viel zu inflationär und viel zu verlogen verwende und bis heute gerne schreibe. Das hat in der Realität aber nicht ganz so unpraktische Auswirkungen, weil es nur für ein Lachen einsetzbar ist und auch in echt nach haha klingt. Das Glucksen habe ich also aufgehört.

Dann kamen die Emojis. Emojis verzeihe ich nur Menschen, die ich gerne hab. Sehr lange habe ich mich ihnen verwehrt und auch heute noch antworte ich Männern auf Tinder nicht, die (die falschen) Emojis verwenden.
„Wie geht's? Zwinkeremoji" – Nein.
„Hi. Affedersichdieaugenzuhältemoji." – Warum?
„Peaceemoji, Peaceemoji, Explosion, Stern" – Was? NEIN!

Oft wurde mir vorgeworfen, ich würde unfreundlich schreiben. Aber—Überraschung!—eine Nachricht hat denselben Inhalt, ob dort nun jetzt steht: „Bin auf dem Weg!" oder „Bin auf dem Weg! Rennendermannmitstaubwolkenemoji." Irgendwann wurde dann auch ich kurzzeitig gebrochen. Auf nette Nachrichten habe ich Herzen geschickt, auf deprimierende ein tränenüberströmtes Gesicht, auf die, die einen böse machen, ein Feuer oder eine Schusswaffe, manchmal auch ein Messer oder einen Kackehaufen. Bussi-Emoji statt Bussi schreiben und Partykonfetti-Emoji statt „Ich freu mich auch aufs Wochenende." Es geht schließlich schneller und vermittelt Gefühle, für die man sonst vielleicht einen Satz schreiben müsste.

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„Ich bin so fertig" mit Heulemoji bedeutet, dass man wahrscheinlich noch länger nicht ins Bett kommt. „Ich bin so fertig" mit einem glückseligen Emoji bedeutet eher, dass man schon auf dem Weg ins Bett ist. „Ixh bib so betrubken" mit xx-Augenemoji: gefährlich. „Ixh bib so betrubken" mit Partykonfettiemoji: Alles gut. Emojis erklären und konkretisieren Worte, wo sonst nur noch mehr Worte erklären und konkretisieren würden. Wenn man keinen Skifahrer am Ende von „Der Urlaub ist so toll" macht, dann glaubt noch jemand, man ist in Lignano am Strand und nicht im Skilift in Obertauern, in dem es jetzt gratis WiFi gibt.

Aber das Problem ist, dass man heute ja nicht mal mehr ein Schusswaffenemoji schicken, damit der andere weiß, dass was nicht stimmt, um dann zu telefonieren und in Worten auszudrücken, was die virtuelle Pistole denn eigentlich ausdrücken sollte. Telefonieren ist ja mittlerweile eine geradezu ungemein dreiste Aufdringlichkeit und einer der intimsten aller Eingriffe in die Privatsphäre. Was, wenn ich gerade am Zähneputzen oder mitten in einem Streit bin? Wenn mich jemand aus privaten Gründen anrufen darf, dann muss dieser jemand meine Mutter sein. Für alles andere gibt es WhatsApp, Facebook, Signal, E-Mails und ja, sogar SMS.

Ich weiß also schon gar nicht mehr, wie ich in Worten beschreibe, dass ich verkatert, krank, traurig, glücklich, euphorisch bin. Dass ich voller Weltschmerz oder Liebe bin. Aber muss ich auch nicht—das können ja heute alles Emojis übernehmen! Preachemoji.

Was? Dieser Text ärgert jetzt ein paar Leute? Affedersichdenmundzuhältemoji. Noch nie wurde in der Redaktion so emotional über etwas diskutiert. Noch nie waren die Lager so gespalten. Aber Emojis sind scheiße. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! Kloemoji, Kackeemoji, Messeremoji, Feueremoji. Ein bisschen kann ich mich aber doch noch artikulieren. Ich kann versuchen, meine Gedanken in Worte zu fassen:

Ich hasse Emojis. Emojis töten Gehirn. Emojis lassen euch dumm erscheinen. Und mich auch. Uns alle. Emojis sind faul. Die Nicht-Verwendung von Emojis lässt andere Menschen glauben, man meint etwas böse oder unfreundlich, einfach nur, weil in dem Text egal was stehen kann und das Emoji am Ende die geschriebene Nachricht sowieso zusammenfasst oder durch ein harmloses Grinsen entschuldigt. Emojis lassen uns vergessen, wie man Gedanken ausformuliert—oder zumindest müssen wir es aufgrund von Emojis nicht mehr, wenn wir es nicht wollen. Und das ärgert mich.

Nur das Herz. Das liebe ich.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos