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Die Love-Parade ist tot und die B-Parade muss sterben

Die Loveparade ist tot und niemand braucht eine weitere prollige Techno-Parade! Die geplante „B-Parade“ verspricht, scheiße zu werden. Und was meint Dr. Motte dazu?

Erinnert ihr euch noch? Love, music and ecstasy: Die Berliner Loveparade, wie sie in der Steinzeit der 90er mal war. Eine schrille Sommerparty an der Siegessäule. Neonfarben, Sonnenblumen, Halbnackte, viele Drogen und Tanzen, Tanzen, Tanzen. Geboren 1989 aus der Techno-Szene Berlins, gestorben 2010 bei einem kommerziellen Massenrave in Duisburg. Wahrscheinlich schon Jahre vorher, als die Parade—von McFit gesponsert—nur noch ein solariumgebräunter Auflauf von gehirnamputierten Umlandspackos war. Was bewegt nun greise Leute, die wenig mit der Techno-Szene am Hut haben, diese vergangene Legende wieder ins Leben zu rufen? Vielleicht sind es Nostalgiker, die selbst Anfang der 90er auf der Loveparade geravet haben? Oder Techno-Fans, die ihre Leidenschaft für die Musik mit Tausenden Menschen teilen wollen? Wohl kaum.
Mitte Juli wollen die Betreiber 50 Trucks mit elektronischer Musik auf der Paradestrecke rund um die Berliner Siegessäule auflaufen lassen. Dazu drei Eventflächen mit Bühnen, auf denen ein „vielfältiges Musikprogramm mit bis zu 200 DJs aus aller Welt“ gespielt wird. Klingt nach Querbeet-Mainstream und DJ Tiësto.

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Wenn man sich die Veranstalter und das Konzept der B-Parade anschaut, kann man nur kommerzielle Interessen vermuten. Musik ist höchstens zweitrangig. Nichts spricht gegen Profitgründe, aber muss man dafür den Mythos der Loveparade vortäuschen? Die B-Parade ist nichts anderes als Techno-Volksfest mit Würstchenständen.
Veranstalter Eric Nußbaum sieht sich hingegen in der Tradition der Loveparade und hat deshalb auch ganz bewusst die Straße des 17. Juni als Austragungsort gewählt. Der Unterschied ist aber, dass die Parade damals aus der Techno-Szene heraus kam und diese Maske nicht aufgesetzt wurde.

Wir dachten schon fast, dass solche Szenen Geschichte wären. Aber was sagt Loveparade-Gründer Dr. Motte überhaupt dazu?

VICE: Was ist deine Meinung zur B-Parad?
Dr. Motte: Kein Kommentar zur B-Parade.

Na dann. Was war 1989 der Beweggrund, die Loveparade zu starten?
Wir wollten keinen Profit damit machen, sondern hatten die Absicht, uns selber, die Gegenwartskultur des Techno-Untergrunds, darzustellen.

Sind Techno-Paraden überhaupt noch zeitgemäß?
Grundsätzlich ja. Es kommt aber immer darauf an, wer sie ausrichtet, und was die ehrliche Absicht dahinter ist. Grundsätzlich kann man sagen: „Back to the Basic“. Aus der Szene für die Szene. So etwas sollte am besten von einer anerkannten, gemeinnützigen Organisation gestartet werden. Profitinteressen sollten von vornherein ausgegrenzt werden, dann ist es ehrlich.

Wo steht die Technokultur heute?
Die Szene hat sich sehr stark weiterentwickelt und ist sehr professionell geworden. Es ist toll, dass es so viele Spielarten und Genres gleichzeitig gibt, dass Raum für Großraumevents und auch für kleine Undergroundpartys gleichzeitig vorhanden ist. So kann jeder seinen Platz in der Szene finden. Labelbetreiber Holger erinnert sich noch an seine erste Loveparade 1991 und die Anfänge der Untergrundbewegung: „Techno war eine neue Art von Tanzmusik. Es war spannend und anders. Es ging vor allem um die Musik und nicht, wie man vermutet, um Drogen. Das Motto damals war: ,Music is the drug‘, wie es auch Dr. Motte immer propagiert hat. Die erste Loveparade war wie ein Erweckungserlebnis, das Gefühl für die Musik und der Lebensstil haben viele von uns bis heute nicht losgelassen. Viele von damals sind heute noch in der Szene als DJs, Labelchefs oder Clubbetreiber.“

Zur Pressekonferenz der B-Parade am 6. März kam keiner der Berliner Künstler oder Clubbetreiber. Auf Nachfrage sagten die B-Parade-Veranstalter, dass sie „Berater aus der Szene“ hätten, konnten jedoch keine konkreten Namen nennen. Bisher haben sie weder eine Genehmigung für die Parade, noch Sponsoren oder DJs. Finanziert wird das alles von einer Cateringfirma, die das vorgeschossene Geld mit den angekündigten 480 Fressständen wieder einnehmen möchte. Bereits 2007, 2008 und 2009 haben Nußbaum und sein Team das Projekt B-Parade anvisiert und sind gescheitert.