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Popkultur

This is 30 – Warum ich Paul Rudd liebe und für Lena Dunham zu alt bin

Ich bin alt genug um Paul Rudd gut finden zu können.

Ich bin gerade 30 geworden und habe mein Kunstgeschichte-Studium vor mittlerweile ziemlich langer Zeit erfolgreich abgeschlossen. Beim Arzt lasse ich mich dezidiert als Frau Magister ausrufen. Ich halte nichts von Langzeitstudenten und meine Erwartungen an mich selbst sind recht hoch. Dalia, du Backfisch, ich fühle mich persönlich angegriffen!

Erstens ist Paul Rudd-Hass mitnichten was Neues. Viele hassen ihn, ob seines gewinnenden Charmes und seiner unantastbaren Mittelmäßigkeit. Der Typ von nebenan eben: Ein bisschen cool, witzig, verkorkst, gutaussehend, jüdisch – von allem etwas und seit 20 Jahren skandalfrei mit einer soliden 7 verheiratet, dabei aber trotzdem geistreich und schlagfertig. Das gibt schon genug Zündstoff für eifersüchtige Antipathien, wenn auch im Normalfall nicht so leidenschaftliche. Das sparen sich die Leute eigentlich für Zooey Deschanel oder Jar Jar Binks auf.

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Ich jedenfalls werfe mich auf die Seite der Mehrheit und liebe Paul Rudd und die meisten Filme in denen er mitspielt. Besonders gut ist er zugegeben in Nebenrollen, wie Anchorman: Die Legende von Ron Burgundy („Bits of Real Panther“!) oder als Surfer-Broseph in Nie wieder Sex mit der Ex. Aber auch tragende Rollen, wie Our Idiot Brother meistert er souverän. Meine Liebe zu ihm ist seit seinem Auftritt als Teenie-Schwarm in Clueless – Was sonst! kontinuierlich gewachsen. Er ist witzig in Interviews, schwärmt von Louis C.K. und hat vor seiner Karriere als Schauspieler unironisch auf Bar Mitzwas aufgelegt.

Die besten Filme in denen er mitspielt sind alles Apatow-Filme und die sind – da sind wir uns wohl alle einig – mit Abstand die lustigsten Blockbuster-Komödien der Nullerjahre. Es gibt natürlich Ausnahmen, denn mit großem Erfolg kommt unweigerlich Faulheit und Geldgier, aber ich will den Hass erst auf den nächsten Absatz verschieben. Judd Apatow hat die meisten unserer kalten Herzen mit Voll daneben, voll im Leben erobert und wir sind seit dem mit ihm gewachsen. Darum bin ich auch umso glücklicher, dass er sich nicht nur auf diesen jugendlichen Girls-Blödsinn festgefahren hat und mit Paul Rudd auch ein gereiftes Publikum beliefert, denn ich ertrage Apatows neueste Entdeckung, Supertalent Lena Dunham, nur in Interviews. Ihre Unzulänglichkeiten werden mit einem derartigen Nachdruck herausgearbeitet, dass mir beim Zusehen unwohl wird.

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Jaja, sie ist klug und jung und hat eine eigene HBO-Serie, die von einem Haufen guter, aufgeschlossener Kritiker mit lauten La-Ola-Wellen gefeiert wird. Von der Befreiung der Frau ist die Rede, dem Sprachrohr der Jungen und endlich ist Fernsehen wieder authentisch. Sie ist die Stimme irgendeiner gelangweilten Generation, der ich mich nicht mehr verbunden fühle. Dass ich Paul Rudd da näher bin, liegt auf der Hand. Der findet mit Sicherheit, dass Steely Dan und Depeche Mode wichtige Bands sind und bleibt nur bis Mitternacht in der Bar, weil er dann Nachhause zu seinen Kindern muss. Obwohl ich seine Meinung nicht immer teilen mag, spricht seine Mittdreißiger-Persönlichkeit an. Ich bin dann nämlich froh, dass ich dem Teufelskreis entkommen bin, mir mein altes Leben am Abend in Form einer Serie wie Girls von neuem reinzuziehen.

Vor mittlerweile schon 2 Ewigkeiten, haben Amy Kellner und Lesley Arfin, die jetzt eben für Girls schreibt, mich zum Besseren verändert. Damals hat sich diese neue Authentizität angefühlt wie eine Revolution. Ich habe mich verstanden gefühlt, mit meinen seltsamen Seltsamkeiten, konnte peinlichen Sex haben und es trotzdem stolz herumerzählen. Ihre Artikel haben peinlichem Sex, Queefen, Knutschen, Jungs, Drogen, Party und Abartigsein salonfähig gemacht. Darum bin ich einfach zu alt für Lena Dunham. Alles was sie sagt, hab ich schon gehört, im VICE, im Tagebuch von Lesley Arfin oder in den Zeichnungen von Vanessa Davis. Ich fühle mich wie Neo, als er die Matrix entziffert. Nichts überrascht mich mehr und was mich mal umgehauen hat, finde ich jetzt langweilig. Es ist wie ein einziges Déjà-vu und ich schwöre ich habe alle Pointen schon mal gelesen, gehört oder erlebt.

Ich bin jetzt 30 und möchte wissen, was passiert, wenn ich nicht mehr dauergeil und pornosüchtig bin, sondern plötzlich keine Lust mehr auf Sex habe. Wenn ich davon träume meinen Freund zu erdrosseln, an Fruchtbarkeit denken muss und daran, dass ich vielleicht nicht immer im Recht bin. Wenn ich in Erwägung ziehe über mein Alter zu lügen und feststellen muss, dass Wien (New York) nicht der Nabel der Welt ist. In diesem Sinne ist mir Paul Rudd unglaublich viel lieber als Lena Dunham und Apatow täte gut daran, meinem unfehlbaren Geschmack Folge zu leisten.

(Aus Spaß an der Freude wurden alle englischen Originaltitel durch ihre grausamen deutschen Entsprechungen ersetzt)

Dieser Artikel ist eine Antwort auf "I'M IN HATE WITH PAUL RUDD", der letzte Woche online ging. This is 40, oder Immer Ärger mit 40, wie er auf Deutsch heißt, wird am 15. März in Österreich in den Kinos anlaufen.