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Bei der Schrebergarten-Hatz für Möpse

80 hechelnde Möpse wurden beim alljährlichen Mopsrennen fast zu Tode gehetzt.

Dieses Wochenende fand in Berlin ein Mopsrennen statt. Wir verstehen auch hier nicht so ganz warum man so einen grunzenden Runzelhund will, aber irgendwie finden wir dieses debile Gschau auch ganz süß und ärgern uns gleich ein bisschen weniger über die Hundescheiße am Gehsteig.

PETA war nicht glücklich. 34 Grad und angezüchtete Atemprobleme hatten die Tierschutzorganisation dazu bewogen, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, in der sie den Veranstalter des alljährlichen Mopsrennens in Berlin-Lichtenrade aufforderten, sein Rennen abzusagen. Die armen Viecher bekommen sowieso schon nicht gut Luft, weil ihre Schnauzen oft zu flach sind und sie damit ein zu langes und verdicktes Gaumensegel haben. Deswegen das Dauerröcheln, das man gerne mal bei Möpsen, Bulldoggen und ähnlichen Hunderassen hört. Das Ganze hat auch einen Namen: brachyzephales Atemnot-Syndrom. Akute Lebensgefahr bestünde sogar, hieß es in der Erklärung von PETA.

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Mit frischem Wissen darüber, warum man die Hunde mit der anzüglichen Rassenbezeichnung gar nicht erst züchten (geschweige denn über eine Rennbahn hetzen) sollte, mache ich mich also auf zum 4. Internationalen Berliner Mopstreffen. Aus der S-Bahn heraus stolpere ich direkt in die Schrebergärten von Lichtenrade. Einer davon wurde in ein großes Hundegehege umfunktioniert, in dem sich bereits Mopsgrüppchen gebildet haben, die sich gegenseitig über die Wiese jagen.

Zwischen den spielenden Hunden stehen Sonnenschirme und kleine Planschbecken, die immer mal wieder von den Kläffern aufgesucht werden. Dann nimmt sich ein bierbäuchiger Typ mit beigefarbenem Schlapphut das Mikro. Thomas Zupan begrüßt die Anwesenden zu der Veranstaltung, die er nun schon zum vierten Mal organisiert hat. Nach einem kurzen Hallo geht er direkt auf die Kritik von PETA ein: „Wir haben mit unseren Tierärzten gesprochen und lange überlegt, ob wir das Mopsrennen absagen sollen. Aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass jeder Besitzer selbst entscheiden soll, ob er seinen Hund antreten lässt.“

Ich schiebe mich durch die niedrige Holztür ins Gehege. Hier drinnen herrscht so eine Mischung aus Streichelzoo- und Picknickatmosphäre. Allerdings kommt man nicht ganz so oft zum Streicheln, weil die kleinen Knautschgesichter viel Zeit damit verbringen, an den Hintern ihrer Artgenossen zu kleben. „Möpse spielen miteinander einfach ganz anders als mit anderen Hunderassen“, erklärt mir Beate. Sie und Mops Oskar wohnen gleich hier um die Ecke. Eigentlich ist Oskar fürs Rennen heute angemeldet, aber weil es so heiß ist, möchte Beate ihn dann doch nicht über die Rennstrecke schicken. Dass Möpse anders miteinander spielen, hat vielleicht etwas mit dem positiven Naturell der Rasse zu tun, von dem Kathrin spricht. Die 26-Jährige ist heute nur als Zuschauerin da, möchte sich aber in naher Zukunft auch einen Mops zulegen: „Ich dachte mir, wenn ich heute einen mit einer guten Nase sehe, dann frage ich mal, von welchem Züchter der kommt.“

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Das mit der guten Nase ist nicht irgendeine komische Obsession von Kathrin. Dabei geht es eben um die Atemnot, die PETA in ihrer Erklärung erwähnen. „Es gibt Züchter, die Zertifikate von Tierärzten haben. Die belegen, dass die Tiere keine Atmungsstörungen haben, aufgrund der Art, wie die Nase gewachsen ist.“ Dabei ist die Formel tatsächlich relativ einfach: je mehr Schnauze desto weniger Geröchel. Und weniger Geröchel bedeutet generell weniger Krankheiten.

So langsam füllt sich der Platz entlang des orangefarbenen Plastikzauns am Ende des Geheges. Da sollen gleich die Möpse rennen. Wegen des Tierquälereivorwurfs hatte ich ja eigentlich Wettbuden und mindestens einen überehrgeizigen Hundebesitzer mit Peitsche in der Hand erwartet. Nichts. Stattdessen eine komplette Familie, die das Konterfei ihres Hundes auf ihren T-Shirts trägt und auf die Rückseite „Linas Fanmeile“ gedruckt hat.

Entsprechend wird Lina angefeuert, als die Möpsin hinter ihrer Halterin wie eine gesengte Sau die gerade mal 50 Meter entlangrennt. Die meisten Hundebesitzer laufen einfach mit ihren Hunden zusammen oder stellen sich Leckerlis schwenkend am Ende der Strecke auf. Das Frauchen von Lotte wirft einen Tennisball—den Lotte wenige Zentimeter vorm Ziel fängt und naturgemäß wieder zurück bringt. War wohl nix.

Insgesamt herrscht den ganzen Tag lang so eine gewisse Beseeltheit. Die meisten der 31 Möpse, die zum Rennen angetreten sind, sehen danach so aus, als würden sie am liebsten direkt nochmal die Strecke entlang fegen. Und sie sind einfach verdammt happy—was wahrscheinlich an ihrer großen Pool-Auswahl und dem Frozen Joghurt liegt. Kein Witz, es gibt FroYo für die Viecher, sogar in zwei Geschmacksrichtungen, Wildlachs und Bio-Rind. Sobald ein Zweibeiner einen der kleinen blauen Becher in der Hand hält, schauen diverse Kulleraugenpaare sehnsüchtig zu ihm auf. Als ich nach dem Rennen kurz mit Thomas Zupan rede, merke ich, dass der Mann mit dem Schnäuzer und dem Schlapphut Möpse wie kaum jemand anders kennt. Er ist Hobby-Züchter und erzählt, dass er für seine Zucht extra einen Mops mit längerer Nase aus den USA geholt hat. Als er mir seine Hunde vorstellt, merke ich, dass keiner von ihnen röchelt. Zupan schaut zu einem seiner Zöglinge, Freddy, der sich gerade genüsslich auf dem Boden wälzt. „Die Damen von PETA sollten mal bei einem unserer Treffen vorbeikommen. Dann würden sie sehen, dass es den Hunden hier wirklich gut geht.“

Fotos: Aljoscha Redenius