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It's still real to me, damn it!

It's still real to me, damn it! Die Vice Wrestling-Kolumne

Vice und Wrestling, ein geölter Bund fürs Leben!

Irgendwann vor ein paar Jahren, als Sozialpornografie noch nicht die TV-Talkshow als gesellschaftliches Leitbild ersetzt hatte, war ich bei einer Freundin eingeladen, um mir meinen Kick beim Blick durchs Schlüsselloch von ein paar Home Videos ihrer kaputten Familie abzuholen. Als wir gerade dabei angekommen waren, wie ihre Oma zu Weihnachten die Zehennägel lackiert bekam und zum Spaß "Heil Hitler" sagte, fegte im politisch korrekten Moment ein Magnetsturm übers Videoband (ja, es war vor ein paar VIELEN Jahren) und plötzlich sahen wir etwas, das aussah wie ein gruselig grün ausgeleuchteter Autobahntunnel. Die Aufnahmen waren totenstill und total lynchesk und es dauerte zirka fünf Minuten, bis der erste Batzen Scheiße gegen die Kamera geschwappt wurde und wir endlich verstanden, dass die Oma meiner Freundin ihre Familienvideos auf die Kassette von ihrer letzten Darmspülung gespielt hatte.

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Anstatt abzuschalten, taten wir das einzig Vernünftige, was man in so einer Situation tun kann, wenn Gras in Greifweite ist: Wir legten Ennio Morricones Soundtrack zu Spiel mir das Lied vom Tod auf, rauchten ein paar Joints und gafften solange auf das Innere ihrer Oma, bis unser Zwerchfell einfach kollabierte.

Seither muss ich jedes Jahr einmal an diese surreale Szene denken – und zwar immer, wenn wieder mal die Super Bowl ansteht. Das klingt vielleicht seltsam, aber ich glaube wirklich, man kann wirklich sagen: Die Super Bowl ist für uns Wrestling-Fans das, was Darmspiegelungen für Familienvideos sind. Eigentlich ist sie nicht das, was man sehen will und wenn sie dann läuft, hasst man sie gleich noch mehr, weil sie das, was man eigentlich sehen will, frecherweise auch noch in den Schatten stellt und man plötzlich nicht anders kann, als aus perverser Faszination an der Inszenierung doch bis zum Schluss dran zu bleiben und sich noch ein bisschen mehr für seine Leidenschaft zu schämen.

Denn leider versteht die National Football League zu allem Überfluss auch noch was von guter Show und macht es uns als Sports Opera-Schauern damit noch schwerer, Argumente für unser liebstes Trailer Park Theater zu finden. Außer, wenn es um eins geht – Trophäen. Die kommen im Wrestling nämlich als Champion-Gürtel daher und sind damit eindeutig cooler, als alle Pokale und Scheiben und Platten, mit denen sich andere Athleten so fotografieren lassen müssen. Da stimmen uns sogar die besten Footballer der Welt zu, und das macht uns Komplexler klarerweise glücklich.

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Für alle, die dieser Tage also unter der Terrorherrschaft der Super Bowl leiden, habe ich hier die prominentesten Beispiele für Wrestling-Gürtel in der Popkultur zusammengetragen.

Bevor es aber losgeht, möchte ich bitte noch festhalten, dass es gefälligst die und nicht der Super Bowl heißt, was damit zusammenhängt, dass der Sportguru und Geldsack Lamar Hunt (Gründer des längst eingestampften NFL-Konkurrenten AFL) irgendwann mal meinte, sein Stadion hätte die Form einer "Super-Schüssel", woraus dann bald das geflügelte Wort wurde, das uns noch heute jedes Jahr im Zusammenhang mit kalkulierten Nippel-Skandälchen oder dem tanzenden Beef Jerky namens Fergie von den Black Eyed Peas um die Ohren gehauen wird. Wenn also in nächster Zeit jemand in eurer Hörweite von "dem Super Bowl" redet, habt ihr hiermit die offizielle Erlaubnis, ihm mit der flachen Hand solang das Trommelfell zu tätscheln, bis das, was ihm aus dem Gehörgang tropft, aussieht wie Gewebekonfetti bei der Verleihung der Vince Lombardi Trophy.

So, und jetzt los.

DALLAS MAVERICKS: BASKETBALL BRAUCHT BRAGGING RIGHTS

Was John Cena im Wrestling mit dem Spinner Belt eingeführt hat, ist im Basketball inzwischen zur Maverick-Styler-Trophäe mutiert. Wahrscheinlich ist es dabei nicht ganz ohne Bedeutung, dass Dallas generell eine gewisse Wrestling-Affinität mit aufs Basketball-Feld bringt. Was sag ich, ganz Texas ist ein einziger dampfender Wüstenstrich voller öliger Muskelmänner, die den ganzen Tag miteinander Backbreaker üben.

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Zwei Fun Facts noch:

1. In Dallas hängen überall Regenbogenflaggen und alle Durchsagen in öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen anstandslos auch auf Spanisch (für alle, die Texas gern ins reaktionäre Yeehaa-Eck stellen).

2. Das da links hinten im Bild ist keiner von den neuen Juden.

MADONNA:SÜßIGKEITEN HART WIE TITELGOLD

Madonna. Madonna, Madonna, Madonna. Mehr fällt mir dazu eigentlich auch gar nicht ein. Was will man heute auch noch groß über Madonna schreiben? Der Name selbst klingt wie ein numerologisches Rätsel, dessen Auflösung einfach nur "ewig alt" lautet. Die Origami-Oma besteht heute nur noch aus kabbalistischen Schummelzetteln, die von Britney Spears' Spucke zusammengehalten werden. Außerdem tritt sie passenderweise in der diesjährigen Half Time Show auf.

Trotzdem ist sie cool, weil sie sich so wenig scheißt, dass sie auf dem Albumcover zu Hard Candy sogar einen Frauen-Wrestling-Gürtel trägt, obwohl Frauen-Wrestling echt das absolut letzte Klopausen-Programm ist. Hard Props, Bitch!

HOW I MET YOUR MOTHER: DER MULTI-SEX-GEWINNER-GÜRTEL

In der Folge Third Wheel – übrigens die dritte Folge der dritten Staffel, hihi – battlen sich die always socializenden, niemals überarbeiteten New Yorker in einer Art Wrestling-inspiriertem Turnier um einen retro-schicken Titelgürtel aus der goldenen Ende-Neunziger-Ära. Das waren gerade eine ganze Menge Binde- und Gedankenstriche für nur einen einzigen Satz, wenn ihr mich fragt. Tut ihr aber eh nicht. Warum solltet ihr sowas auch fragen? "Findest du nicht, dass dieser Satz eine ganze Menge Binde- und Gedankenstriche hat, jetzt so generell und so?"

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Ich meine, das wäre wirklich ziemlich geistlos. Und so seid ihr doch nicht, oder? Okay, die Frage war jetzt genauso blöd, aber was soll ich machen? Ich werde hier seit dem frühen Nachmittag gezwungen, Sekt in mich hineinzuschütten, als würde mein Metabolismus nicht auf Kohlenstoff, sondern auf Kohlensäure basieren, und soll den Tasten nebenbei trotzdem noch zusammenhängende Buchstaben entlocken. Trinkfreudige Menschen können so gemein sein.

Egal, jedenfalls besteht die Herausforderung bei Third Wheel darin, als erster einen Dreier hinzubekommen. In New York. Was ihr vielleicht nicht wusstet: Diese Folge bietet einen alternativen Geschichtsentwurf, der erklären soll, warum in einem Paralleluniversum genau ALLE New Yorker einen Wrestling-Gürtel unter ihrem Outfit tragen.

AMERICAN IDOL: DER TRANSATLANTISCHE DANIEL LOPES

James Durbin war nicht Dritter, er war auch nicht Zweiter oder Erster, nein: Er war Vierter bei der 10. Staffel von American Idol und ist damit mindestens so super, wenn auch nicht ganz so sensibel-aussehend wie sein bundesdeutsches Äquivalent namens Daniel Lopes, der neulich erst im australischen Dschungel eine Fortsetzung von Ilsa, She-Wolf of the SS mit Brigitte Nielsen gedreht hat oder so.

Durbin hat im Vergleich noch kein so tolles Resumée vorzuweisen, was auch ein bisschen daran liegt, dass er bisher nur Charakterrollen als Fuß angeboten bekommen und jede einzelne abgelehnt hat. Hier wird ihm gerade ein maßgefertigter Spinner Belt mit James Durbin-Gravur überreicht. Durbin: "If I put this over my shoulder, people will say 'Hey, look, this foot's wearing an anklet!" Ha! Ha! You so funny!

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NFL: AARON RODGERS IST ZU GUT FÜR FADE DREIECKS-POKALE

Seht euch dieses Bild an und dann sagt mir, dass Aaron Rodgers auch ohne diesen Gürtel noch wie ein Champion aussehen würde. Nein, sagt es mir nicht. Ich würde sowieso nur mit "Lügner!" antworten und euch mit meinen Bushwackers-Actionfiguren bewerfen. Das hier ist jedenfalls eins der besten Siegerfotos, das je bei einer Super Bowl geschossen wurde, und es hat mich binnen Sekunden dazu veranlasst, doch noch schnell Fan der Green Bay Packers zu werden.

Nennt mich opportunistisch, aber so ist das nun mal, wenn es um Wrestling geht. Augenblicke entscheiden über Sympathien und große Gesten gewinnen. (Damals war übrigens gerade Edge amtierender World Heavyweight Champion, auch bekannt als der "ultimate opportunist", ich würde also sagen: nuff said.)

Zum Abschluss möchte ich noch auf diesen Thread verweisen, in dem quasi knigge-konform durchbesprochen wird, wie man seinen Championship-Gürtel beim ersten Date richtig trägt – besonders schön finde ich den Hinweis, dass man sich den Titel im Restaurant oder Theater dem Anlass entsprechend schon eher umschnallen sollte:

Das war's für heute. Ich geh mir jetzt den Sprudel mit Bier aus dem System spülen und rate euch, dasselbe zu tun. Macht's gut und Mahalo!

E M P F O H L E N E  A R T I K E L

Wrestling-Gürtel bei den Dos and Don'ts

Das muslimische American Football-Team

Super Bowl Media Day Is Big and Dumb