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Wie Pädophilie Leben ruiniert

Die Berliner Charité bietet Pädophilen, die darauf hoffen, dass ihre sexuellen Neigungen nicht ihr ganzes Leben bestimmen, Therapiemöglichkeiten. Nils befindet sich dort seit einem halben Jahr in therapeutischer Behandlung.

Manuel im Gespräch mit Nils

Februar 2012
Das Besucherzimmer der JVA Freiburg ist ein trister Raum. Neben ein paar Tischen und Stühlen gibt es noch zwei Getränkeautomaten und eine Wandgarderobe. Zu meiner Rechten blicke ich durch vergitterte Fenster auf einen öden Innenhof. Schaue ich nach links, sehe ich eine mächtige Spiegelwand. Dahinter Beamte, die das Zimmer beobachten können.

Ich bin angespannt, weil ich auf einen rund 50-Jährigen warte, der sich wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs in Sicherungsverwahrung befindet. Grund für das Gespräch: Ich will mehr über die Situation von Pädophilen in der Sicherungsverwahrung wissen. Am Ende des Tages ist es aber vor allem ein Treffen mit einem Mann, der, trotz Reue und Einsicht, nicht ansatzweise mein Mitgefühl gewinnt. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob er wirklich eine Chance hatte, mich zu überzeugen, denn Kinderschänder gelten als das Allerletzte. In der Knasthierarchie, in unserer Gesellschaft und in meinem Kopf. So ist das eben. Aber ist es wirklich so einfach? Pädophilie produziert, soviel ist sicher, wie kein anderes Thema negative Emotionen und Reaktionen. Ich will bei meinem nächsten Treffen versuchen, einen objektiv zu bleiben, und brauche Fakten, die ich über das „Kein Täter werden“-Projekt der Berliner Charité bekomme. Hierbei handelt es sich um ein Präventionsprojekt, das mittlerweile in mehreren deutschen Städten existiert und 2005 von Prof. Dr. Dr. Beier ins Leben gerufen wurde. Seit der Gründung haben rund 1.700 Männer und ein paar wenige Frauen das Berliner Team von Beier aufgesucht. Sie alle suchen nach der Antwort auf eine quälende Frage: „Bin ich pädophil?“ In Gesprächen mit Psychologen und durch das Beantworten etlicher Fragebögen, die z.B. das Masturbationsverhalten aufgreifen und thematisieren, welche Fantasien und Bilder bei dem Betroffenen während der Selbstbefriedung im Kopf entstehen (Männer? Frauen? Kinder?), kann am Ende der mehrstündigen Sitzung eine klare Antwort gegeben werden. Nach der gestellten Diagnose bekommen Betroffene die Chance, in ein einjähriges Therapieprogramm aufgenommen zu werden. Kernpädophil, also ausschließlich auf Kinder fixiert, sind 30% der Männer in Therapie. Einige der anderen sind in Beziehungen mit gleichaltrigen Personen, teilweise auch verheiratet. Manche von ihnen haben sogar eigene Kinder.

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Pädophile präferieren Kinder, die im Allgemeinen nicht älter als 11 Jahre sind. Entscheidend ist der kindliche Körperbau ohne jegliche Schambehaarung. Wird ein Erwachsender von einem Kind sexuell erregt, das erste körperliche Merkmale der Pubertät zeigt, nennt man es Hebephilie. Ob nun Hebephilie oder Pädophilie, es handelt sich um die gleiche Krankheit, die mit einem starken Leidensdruck einhergeht. Denn, so Prof. Dr. Dr. Beier: „Die eigene Sexualität kann sich niemand frei aussuchen. Es ist Schicksal und nicht Wahl. Bei der Pädophilie wissen wir, dass die Fantasie nicht notwendig zur Handlung führen muss. Die Fertigkeiten dazu, dass auf der Fantasieebene zu belassen, die können wir vermitteln. Einschließlich medikamentöser Optionen, die wir haben, um die Fantasie zu dämpfen. Es ist aber nicht vertretbar, jemanden wegen seiner Neigung zu verurteilen. Beeinflussen kann er aber sein Verhalten. Hier ist er zu verurteilen.“ Ein Pädophiler, der in seiner Fantasie seine Neigung auslebt, muss demnach nicht automatisch einen Übergriff begehen und kann nicht per se als Kinderschänder abgestempelt werden. Die Lage verschärft sich, wenn Betroffene Filme und Bilder mit Missbrauchsdarstellungen konsumieren. Auch so machen sie sich zum Täter. Laut Beier gibt es aber auch Männer, die keine Verantwortung für ihr Handeln übernehmen wollen und ihre pädophile Neigung versuchen auszuleben. Die traumatisierenden Folgen für die Kinder, die Opfer, nehmen diese Erwachsenen bereitwillig in Kauf. Juni/Juli 2012
Die Charité vermittelt mir den Kontakt zu einem Pädophilen, der Nils genannt werden möchte und der sich seit über einem halben Jahr in Therapie befindet. Nils trägt eine Brille, seine Haare sind kurz geschnitten. Er ist ein stämmiger Kerl, 23 Jahre alt und er studiert. Auf mich macht er einen reflektierten, gar smarten Eindruck, und auf den ersten Blick wirkt er wie ein ziemlich normaler Typ. Zusammen mit einem Therapeuten sitzen wir in einem kleinen Zimmer der Charité. An der Wand hängt ein Poster. Darauf steht: „Lieben sie Kinder mehr, als Ihnen lieb ist?“ Nils tut das. Ruhig und ungeniert spricht Nils über seine ihm verhasste sexuelle Neigung, über sein Masturbationsverhalten (ohne dabei konkret auf seine Fantasien einzugehen, weil ihm das auch in der Therapie nicht gelingt) und Zeiten, in denen er Gedanken hatte, sich fremden Kindern vielleicht doch zu nähern. Ein großer Wunsch von ihm ist, irgendwann vielleicht doch noch eine Frau in seinem Alter kennen zu lernen, die ihn sexuell anspricht. Es müsste eine äußerst kindliche Frau sein, denn wirklich hingezogen fühlt er sich zu Mädchen, die in der Regel zwischen 2 und 12 Jahren alt sind. Dass ihn Kinder sexuell erregen, hat Nils mit 13 festgestellt, als er in die Pubertät kam.

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Pornos mit erwachsenen Frauen ersetzte er schnell durch Kinderpornografie, nach der er im Netz suchte. Eine Weile war das OK für ihn, denn die Mädchen in den Filmen schienen anfangs, nicht viel jünger zu sein als er. Doch Nils hat realisiert, dass der Altersunterschied zwischen ihm und den Mädchen größer wurde. Trotzdem schaut er weiter: „Wenn der Wunsch nach Onanie da ist, meistens ist das in irgendwelchen Stresssituationen, dann möchte ich diese Filme unbedingt konsumieren und es tritt erstmal in den Hintergrund, was die Folgen sind. Je schlimmer das Material ist, das ich mir anschaue, umso mieser geht es mir. Wenn es im krassesten Fall ein Video ist, in dem ein Mädchen vergewaltigt wird, dann würde ich am liebsten kotzen. Mir geht es danach hundeelend und es ist nicht nur einmal vorgekommen, dass ich vorm Rechner weine und mich frage, was die ganze Scheiße soll und warum ich das gemacht habe. Aber in dem Moment, in dem ich das anmache, da zählt nur der eine Gedanke nach sexueller Befriedigung. Ich bin gerade dabei, meine pornografische Sammlung, die ich über die Jahre angesammelt habe, zu löschen.“

Was die Geschichte von Nils von vielen anderen Pädophilen unterscheidet, ist seine frühe Erkenntnis, dass er Hilfe braucht. Im Schnitt sind die Männer, die das „Kein Täter werden“-Projektprogramm aufsuchen, 40 Jahre alt. Viele von ihnen reden in der Charité dann zum ersten Mal mit einem Menschen offen über ihre pädophile Neigung. Durch die Therapie hat auch Nils gelernt, sich weiter zu öffnen, und den Mut gefasst, seiner Familie alles zu erzählen. Verständnisvoll haben sie regiert, sagt er. Ironie des Schicksals: Seine Schwägerin erwartet ein Kind. „Mit ihr kann ich über das Thema relativ offen sprechen, sie hat da kaum Berührungsängste. Bevor sie schwanger wurde, meinte sie, dass sie damit kein Problem hat. Aber auch dass es nie dazu kommen wird, dass ich mit dem Kind irgendwo alleine bin.“ Zu dieser Zeit weiß Nils noch nicht, ob der Nachwuchs ein Mädchen oder Junge wird. Er betont, dass im Falle eines Jungen nichts zu befürchten sei. Über ein Mädchen würde er sich allerdings auch freuen. In meinen Ohren klingt das in diesem Kontext wahnsinnig befremdlich. Genau wie die Äußerung von Nils, dass er sich vorstellen kann, eines Tages selbst Vater zu werden. Drei Wochen nach dem Treffen mit Nils in der Charité drehen wir mit ihm das Interview in einem verschlafenen Nest in der Uckermark. Weit weg von einer Stadt, weit weg von Menschen und vor allem Kindern. Es ist ein heißer Sommertag. Ein Tag, an dem ich am liebsten am See oder im Freibad liegen würde. Für Nils eine undenkbare Vorstellung: „Auf keinen Fall! Ich war schon seit Jahren nicht mehr im Freibad. Sommer ist immer eine schwierige Zeit für mich, denn es ist da die Ambivalenz zwischen: Ich sehe einen schönen Kinderkörper und es ist falsch, dahin zu kucken.“ Wie groß dieser Druck für ihn ist, erlebe ich nach dem Interview, als wir im Garten des Hauses stehen und auf das Nachbargrundstück blicken. Drei junge Mädchen, schätzungsweise zwischen 8 und 10 Jahren, füttern ein kleines Kaninchen, holen das Tier aus seinem Stall und spielen damit. Meine Kollegin macht ein Foto von ihnen, weil es so niedlich aussieht. Nils kommentiert das sarkastisch: „Irgendwie doch unfair, dass ihr Fotos machen dürft und ich nicht.“ Für einen Moment bin ich sprachlos. Und obwohl ich vor Nils' harter Arbeit an sich selbst Respekt habe, bleibt der Eindruck, dass auch er irgendwann vielleicht doch die Selbstkontrolle verlieren könnte. Wenn er in drei Monaten seine letzte Therapiestunde hat, werde ich ihn noch einmal treffen. August 2012
Ich erinnere mich an das Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Beier und seine Beschreibung von Männern, die mit ihrer pädophilen Neigung kein Problem haben sollen und deshalb ihre Sexualität ausleben möchten. Mit so einem Mann habe ich heute eine Verabredung. Gieseking ist der Betreiber einer Pädo-Aktivisten-Seite. Er setzt sich dafür ein, dass sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern legalisiert werden. Auf seiner Homepage forderte er Anfang 2009 z.B. auch Kondome in Kindergrößen: „Verhütung: Kondome für einen 12-jährigen Jungen gibt es wohl eher nicht. Auf jeden Fall sollte es auch kleinere Kondome für dieses Alter geben. Eine diesbezügliche Marktlücke sollte also dringend geschlossen werden. … Zum X-Mal: Kinder haben Spaß am Sex !!! Wer das Gegenteil behauptet – LÜGT.“ Gieseking war früher Polizist, heute lebt er von Hartz IV. Wegen des Besitzes von Dokumentationen mit Missbrauchshandlungen wurde er in der Vergangenheit zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Weil er in der Öffentlichkeit als Pädo-Aktivist bekannt ist, hat er wegen aufgebrachter Nachbarn schon mehrfach seinen Wohnort in Deutschland wechseln müssen.

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Gieseking ist Mitte 50. Er hat graues, schütteres Haar, einen eher schmächtigen Körperbau und ist nicht sonderlich groß gewachsen. Mein Versuch, auch ihm unvoreingenommen gegenüberzutreten, scheitert bereits nach wenigen Minuten, als mir klar wird, dass Gieseking mich zu einem Tierpark bestellt hat, wo es vor Kindern wimmelt. Er sieht diese Umgebung als angebrachten Ort für ein Interview mit ihm zum Thema Pädophilie. Ich bestehe darauf, dass wir in ein nahe gelegenes Waldstück gehen, wo wir alleine sind. Als wir eine Bank finden und uns setzen, laufen zwei Jungs, beide vielleicht 10 Jahre alt, mit einem Hund an uns vorbei. Gieseking kommentiert den Moment erfreut: „Oh, da sind ja schon die Objekte!“ Er selbst beschreibt sich als „Boy-Lover“. Meine Verachtung für ihn wächst gerade ins Unermessliche.

Ohne viel gesprochen zu haben, ist mir sehr schnell bewusst, dass dieser Mann keinen Konflikt mit seiner sexuellen Neigung hat. Das Gegenteil scheint vielmehr der Fall zu sein. Ich will von ihm wissen, was ihn an der Beziehung zu einem Kind interessiert: „Jedes Kind hat eine erotische Ausstrahlung. Es gibt schöne Kinder und nicht so schöne Kinder. Man kann ihnen sehr viel beibringen.“ Er schwärmt weiter von Kindern und von ihrer zarten Haut. Deshalb mag er auch ein wenig erwachsene Frauen, denn die Haut einer Frau ähnelt, so Gieseking, der Haut eines Kindes. Die gleichaltrigen Freunde von ihm sind überwiegend pädophil und in der Szene aktiv. Kinderpornografie zu konsumieren, streitet er ab. Dabei betont Gieseking, dass die Filme, die er früher gesehen hat, „Darsteller“ zeigten, die „alle Spaß und Lust an der Sache hatten“—und weiter: „Ein Kind ist doch neugierig, ein Kind will doch wissen, wie funktioniert das?“ Aber muss ein 12-Jähriger wissen, wie Oralverkehr funktioniert? Gieseking: „Das weiß ich nicht. Wenn er dazu Lust hat, kann er es doch machen. Und wer keine Lust dazu hat und lieber mit Lego-Bausteinen spielt, dann macht der das. Ich werde niemanden zwingen, etwas zu tun, was er nicht will. Das liegt mir fern.“

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Ich spreche Gieseking auf die Rolle des Erwachsenen an und frage nach der Verantwortung, die eben ein Erwachsener für ein Kind übernehmen muss, egal ob es 6 oder 12 Jahre alt ist. Ein 6-Jähriger, so sagt Gieseking, ist doch noch recht jung und da sollte man das mit dem Oralverkehr besser lassen. Streicheln sei aber in Ordnung. Als die Kamera aus ist und wir mit der Aufzeichnung des Interviews fertig sind, spricht er mit meiner Kollegin über 4 Jahre alte Kinder. Ich ertrage es nicht länger, bin wütend und fassungslos und stelle fest, wie weit dieser Mann von meiner Realität entfernt lebt und wie wenig Verantwortung er übernimmt.

Prof. Dr. Dr. Beier vom „Kein Täter werden“-Projekt der Berliner Charité

Oktober 2012
Nils hat gerade seine letzte Therapiestunde hinter sich gebracht. Er erzählt mir von einer Tätowierungen, die er sich kürzlich hat machen lassen. Als Belohnung für das erfolgreiche Beenden der Therapie. Es ist ein Schriftzug geworden. Auf seiner linken Brust steht jetzt das lateinische Wort für Verantwortung. Ein täglicher Reminder sozusagen, der ihn bis ans Ende seiner Tage an sein Schicksal erinnern wird. Verantwortung zu übernehmen, wurde Nils in der Therapie beigebracht, und sich und sein Verhalten zu reflektieren. Im Alltag, aber auch in Stresssituationen. Wenn er heute Kinder in seinem Präferenzalter sieht, weiß er, welche Checkliste er in seinem Kopf durchgehen muss, um die Situation zu bewältigen und um die Kontrolle zu behalten.

Vor dem Beginn der Therapie waren das die Momente, in denen er Probleme bekam und sich Kinderpornos anschaute. Er korrigiert mich, dass der richtige Begriff „Dokumentationen mit Missbrauchshandlungen“ heißt. Vor drei Monaten benutzte er noch das andere Wort. Seine Sammlung von Filmen und Bildern hat er mittlerweile komplett gelöscht. Befriedung verschafft sich der 23-Jährige mit Erwachsenenpornos und seiner Fantasie, in der Nils dann die Frauen durch Mädchen ersetzt. Auch wenn er bis jetzt noch keine gleichaltrige Frau kennengelernt hat, er ist bemüht, weiter nach einer zu suchen. Denn der Wunsch, Vater zu werden, den hat Nils nach wie vor. Früher erschien ihm dieser Gedanke absurd, heute hält er sich als Person für gefestigt und verantwortungsbewusst. Wie es sich anfühlt, in der Familie ein Baby zum Kind heranwachsen zu sehen, wird Nils, der seit kurzem Onkel ist, bei seinem Bruder und seiner Schwägerin beobachten können. Sie haben einen Jungen bekommen und Nils gesteht, erleichtert zu sein, dass es ein Neffe ist und keine Nichte.

Ich konfrontiere ihn mit einer Äußerung von Giesekings, dass einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und Kindern nicht verwerflich sei. „Kinder können nicht einwilligen. Man kann ein 10-jähriges Mädel fragen, ob sie das möchte und sie kann durchaus sagen ja, aber sie ist sich der ganzen Konsequenzen nicht bewusst. Von daher ist das ganz großer Bockmist.“ Die Krankheit Pädophilie lässt sich nicht heilen. Kann Nils überhaupt glücklich werden oder ist es nur eine Frage der Zeit, bis ihm irgendwann vielleicht doch die Verantwortung entgleitet? „Ich und meine Neigung sind so ähnlich wie ein Atomkraftwerk. Im Allgemeinen strahlt das immer eine Gefährlichkeit aus, aber mit Hilfe von sehr vielen Sicherungsstrategien und Schutzmechanismen kommt man auf einen Level, wo eigentlich nichts passieren kann. Obwohl ich jetzt nie ausschließen möchte, dass ich irgendwann mal einen schwachen Moment habe. Ich kann nicht versprechen, dass ich in meinem Leben nie übergriffig werde. Das geht einfach nicht. Aber man kann mit Hilfe der Therapie lernen, dass das Risiko auf einem Minimum gehalten wird.“ November 2012
Mit ein wenig Abstand wird mir beim Schreiben klar, dass Nils sich verändert hat und es scheint, als hätte ihm die Therapie dabei geholfen. Trotzdem: Das Restrisiko bleibt—wie bei einem Atomkraftwerk. Ich finde diese Erkenntnis wahnsinnig ernüchternd, denn Nils, der an sich arbeitet, wird immer mit einer ausweglosen Situation konfrontiert sein: Er muss seinen Sexualtrieb ein Leben lang unterdrücken. Wütend macht mich dagegen ein Pädo-Aktivist wie Gieseking, der von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr fantasiert und völlig ignoriert, wie die Opfer nachhaltig von Kindesmissbrauch geschädigt werden.

Pädophile als Kinderschänder zu verurteilen, scheint mir dennoch falsch, weil sich niemand seine sexuelle Präferenz aussucht. Wenn in Deutschland heute eine Viertelmillion Männer unter dieser Krankheit leidet, muss wenigstens denen geholfen werden, die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen wollen. Nur so können Kinder, die Schwächsten in der ganzen Diskussion, geschützt werden. Ernüchternd ist da das Wissen, dass die Zukunft des Präventionsprojekts „Kein Täter werden“ ungewiss ist. Wurde es zu Beginn von der Volkswagenstiftung getragen, die wegen öffentlicher Kritik ihren Support einstellte, wird das Projekt aktuell durch Bundes- und Landesmitteln finanziert. Bleibt die Frage: wie lange noch und was dann?