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Anwalt wirft FBI vor, Kinderpornoseite im Darknet in Schwung gebracht zu haben

Fast zwei Wochen soll die zu diesem Zeitpunkt größte Kinderporno-Seite der Welt unter Kontrolle des FBIs gewesen. Die Beamte sollen die technische Performance der Website gezielt erhöht haben.
Bild: flickr | get directly down | CC BY 2.0

Im Februar 2015 übernahm das FBI die Kontrolle über Playpen, die zu diesem Zeitpunkt größte Kinderpornografie-Seite des Darknets. Anstatt die Seite aber einfach aus dem Netz zu nehmen, betrieb die zentrale Sicherheitsbehörde der Vereinigten Staaten Playpen für knappe zwei Wochen weiter. Das FBI wollte in diesem Zeitraum Nutzer mit Malware infizieren, um so im Zuge ihrer Ermittlungen weitere Verdächtige identifizieren zu können.

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Kürzlich eingereichte Beweisstücke suggerieren jetzt, dass die Seite unter der Kontrolle des FBI erheblich besser lief. Verschiedene User kommentierten diese Verbesserungen sogar. Die Verteidiger des Mannes, dem vorgeworfen wird, der ursprüngliche Playpen-Administrator gewesen zu sein, behauptet nun, dass diese Verbesserungen dazu geführt hätten, die Popularität der Seite noch weiter zu steigern.

„Das FBI verbreitete fast zwei Wochen lang—mindestens bis zum 4. März 2015—Kinderpornografie an Betrachter und Downloader auf der ganzen Welt." Die Behörde arbeitete sogar daran, die Leistungsmöglichkeit der Website über ihre ursprünglichen Fähigkeiten hinaus zu verbessern", argumentiert der Verteidiger Peter Adolf in einer Antragsschrift, mit der er die Anklage seines Mandanten abschmettern möchte.

„Die Besucherzahlen bei Playpen sind unter Regierungskontrolle von durchschnittlich 11.000 auf etwa 50.000 pro Woche gestiegen. In diesen zwei Wochen wuchs die Mitgliederzahl um 30%, die Zahl der Unique Visitors pro Woche stieg um mehr als das Vierfache an und etwa 200 Videos, 9.000 Bilder und 13.000 Links zu Kinderpornografie wurden auf der Seite gepostet", heißt es weiter.

„Regierungsbeamte arbeiteten hart daran, die Kapazitäten der Seite zu erhöhen, um große Mengen Kinderpornografie schnell und effizient zu verbreiten."

Archivierten Nachrichten von der Playpen-Seite zufolge, die zusammen mit Adolfs Antrag eingereicht worden waren, beschwerten sich Nutzer zum Zeitpunkt der Übernahme der Seite durch das FBI etwa über Playpens langsame Geschwindigkeit.

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„Ich habe schon den ganzen Tag Probleme, hier reinzukommen. Es hat schon ewig gedauert, nur auf das hier zu antworten. Ich schätze, es gibt noch ein paar Serverprobleme. Wünsche viel Erfolg beim Ausbessern", schrieb ein User mit dem Namen „verycute" am 21. Februar 2015.

Zwei Tage später, am 23. Februar, schrieb jemand über den Playpen-Administrator-Account: „Ich habe vor etwa einer Stunde ein Upgrade von Token Ring auf Ethernet durchgeführt und es scheint alles etwas besser zu laufen." (Ein Token Ring ist eine spezielle Vernetzungstechnik).

Es ist noch nicht geklärt, ob das FBI zu diesem Zeitpunkt bereits den Account kontrollierte. Adolf deutet das jedenfalls an.

Die User bemerkten die Verbesserung jedenfalls schon bald.

„Ja, es läuft jetzt viel besser!", antwortete ein Nutzer auf das Update.

„Läuft heute RICHTIG SCHNELL :-)", schrieb ein anderer.

„Jetzt läuft alles wie in Butter! :D", antwortete ein Dritter. „Hoffentlich bleibt das so! ???"

In der Antragsschrift heißt es dann weiter: „Regierungsbeamte arbeiteten hart daran, die Kapazitäten der Seite zu erhöhen, um große Mengen Kinderpornografie schnell und effizient zu verbreiten. Das wiederum führte zu mehr Nutzern, die jetzt schneller an Kinderpornografie kamen als vorher, als die Website noch ‚illegal' betrieben wurde."

Und das ist auch der Punkt, an dem Adolf dafür argumentiert, dass die Anklage gegen seinen Mandanten fallengelassen werden muss. Genau wie schon die Verteidigung in einem anderen Fall argumentiert hatte, sagt er, dass sich das FBI durch die flächendeckende Verbreitung von Kinderpornografie „abstoßenden Verhaltens" schuldig gemacht hätte. Derartige Aktivitäten von Regierungsbeamten während einer Ermittlung könnten zu einer Zurückweisung der Anklagepunkte führen, wenn das Verhalten „anstößig" sei oder „traditionelle Wahrnehmungen grundsätzlicher Fairness angreift." (Ein Gericht entschied zuvor, dass die FBI-Operation nicht „abstoßendem Verhalten" entsprach).

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Neu ist an dem Argument der Verteidigung allerdings der Vorwurf, dass das FBI absichtlich die Funktionalität der Seite für seine Nutzer verbessert habe und sich dadurch mehr Menschen bei Playpen angemeldet hätten. Stichhaltige Beweise für diese vermeintliche Kausalität liefert Adolf allerdings nicht. Stattdessen verweist er auf die archivierten Playpen-Nachrichten, die andeuten, dass Verbesserungen an der Seite vorgenommen worden waren.

Im Juli schrieb das Department of Justice in einem Gerichtsdokument, dass bislang 186 Menschen im Zuge der Ermittlungen angeklagt worden seien. Motherboard erfuhr außerdem, dass das FBI über 4.000 Computer auf der ganzen Welt gehackt hatte—unter anderem auch in Chile und Österreich.

In Gerichtsdokumenten anderer Fälle, die mit diesen Ermittlungen in Zusammenhang stehen und am Montag eingereicht worden waren, gaben Anwälte eine „konservative Schätzung" von 1.000.000 Bildern an, die während der FBI-Operation über Playpen verbreitet worden waren.

FBI-Sprecher Christopher Allen lehnte eine Stellungnahme mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen ab.