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Frankreichs Aufruf zum Nutella-Boykott geht nach hinten los

Die französische Umweltministerin Ségolène Royal forderte dazu auf, die Finger von Nutella zu lassen, um die Umwelt zu schützen. Das hätte doch nie geklappt!
Hilary Pollack
Los Angeles, US
Photo via Flickr user Ramil Sagum

Es besteht kein Zweifel daran, dass Nutella der Liebling der internationalen Welt der Brotaufstriche ist. Nutella wird in 75 Ländern verkauft und bringt jedes Jahr 2,46 Milliarden US-Dollar ein. Ferrero, das Unternehmen, das den cremigen Aufstrich produziert, verbraucht 25 Prozent des weltweiten Haselnussbedarfs und kaufte kürzlich einen riesigen türkischen Haselnusslieferanten, um sicherzugehen, dass das Unternehmen nicht den Kursschwankungen der Nusspreise unterlegen ist. Die globalen Nutella-Verkaufszahlen sind höher denn je und Ferreros ehemaliger Inhaber, der Multimultimilliardär Michele Ferrero, war bis zu seinem Tod im Februar der reichste Mann Italiens.

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Aber in Frankreich, wo mehr als ein Viertel (!) des Nutellas dieser Welt gegessen wird, soll der ganze Spaß ganz schnell ein Ende finden, wenn es nach einer Politikerin geht.

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In einem Interview am Montag mit dem französischen TV-Sender Canal+ erklärte die Umweltministerin Ségolène Royal, dass Palmöl—neben Haselnüssen und Zucker eine der wichtigsten Zutaten von Nutella—einer der Hauptübeltäter ist, was die Abholzung der Regenwälder betrifft. Aufgrund der negativen Auswirkungen auf die Umwelt forderte sie die Franzosen dazu auf, auf den beliebten Brotaufstrich zu verzichten.

Mit der Abholzung der Regenwälder werden auch zahlreiche Tiere wie Orang-Utans, Nashörner und andere gefährdete Arten ihres Lebensraumes beraubt, mittellose Einheimische ihres Landes und Kinder werden als Arbeitskräfte ausgebeutet.

„Wir müssen viele Bäume neu pflanzen, weil die massive Abholzung zur globalen Erderwärmung beiträgt", sagte die Umweltministerin im Interview. 2011 wurde in Frankreich versucht, die Abgaben für Palmöl um 300 Prozent zu erhöhen. Der Senat stimme jedoch gegen das umstrittene Gesetz.

Laut Business Insider bezieht Ferrero ungefähr 80 Prozent seines Palmöls aus Malaysia—ein Land, das bekannt ist für seine dürftige Umsetzung der Menschenrechte und für seine zunehmende Industrialisierung. Das Unternehmen hat sich jedoch während der letzten paar Jahre bemüht, die „Ferrero Palm Oil Charter" voranzutreiben, eine Kampagne, um zu gewährleisten, dass alles Palmöl aus nachhaltiger Produktion stammt.

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Die Initiative sieht vor, dass alles Palmöl aus zurückverfolgbaren Quellen stammt, dass kein Feuer verwendet wird, um Wälder zu roden, dass keine Wälder mit hoher Kohlenstoffspeicherung („High Carbon Stock"-Wälder) gerodet werden, dass Orang-Utans und andere gefährdete Arten geschützt werden, dass das Unternehmen eine Selbsteinschätzung über ihren CO2-Ausstoß abgibt, dass Menschenrechte respektiert werden, dass Korruption aktiv bekämpft wird, und vieles mehr. Das letzte Update zur Kampagne gab es am 12. Juni, als ein Vertreter von Ferrero in einem Statement sagte: „Unser Programm macht große Fortschritte in der Implementierung unserer Charter mit unseren Lieferanten. Wir werden die gleichen Prozesse wie bisher mit den übrigen Lieferanten umsetzen … In der Zwischenzeit bleiben wir im regen Austausch mit den größten Lieferanten, um den Plan, auf den wir uns geeinigt haben, weiter zu verfolgen."

Andere Unternehmen, die große Mengen Palmöl in ihren Produkten verarbeiten, wie Dunkin' Donuts haben in den letzten zehn Jahren ähnliche Versprechen gemacht. Aber wie auch im Bereich der Viehzucht ist es in der industriellen Landwirtschaft schwierig, absolut sicher zu sein, was man kauft, wenn der Großteil der „dreckigen" Arbeit nicht direkt vor den eigenen Augen passiert.

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Manche argumentieren jedoch, dass der Boykott von Nutella und Palmöl mehr schadet als nützt. In Italien sorgten Royals Aussagen für Protest und der italienische Umweltminister Gian Luca Galletti reagierte auf die Aufforderung zum Nutella-Boykott empört: Royal solle Italiens Produkte in Ruhe lassen. Auch Greenpeace sprach sich gegen den Boykott aus, weil Ferrero im Vergleich zu anderen Unternehmen beim Thema nachhaltige Palmöl-Produktion sehr fortschrittlich sei. Außerdem ändere ein Boykott der Nutzpflanze nichts an den Produktionsbedingungen, die das eigentliche Problem sind.

Mittlerweile hat sich die französische Umweltministerin via Twitter für ihren Boykott-Aufruf entschuldigt.