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Kanada

Wie es sich anfühlt, in einem Restaurant mit gehörlosen Mitarbeitern zu arbeiten

Zusätzliche Spiegel, hellere Beleuchtung und ein „Schummelbuch" für die Kunden: Wir sprachen mit einer Barkeeperin des Signs, Kanadas erstem Restaurant mit gehörlosen Mitarbeitern, über ihren Job.

Ihr habt bestimmt schon von Restaurants gehört, in denen die Kellner blind sind und die Gäste im Dunkeln essen. Es gibt aber auch Restaurants, in denen die Mitarbeiter taub sind. Obwohl es gastronomisch gesehen weniger schlimm ist, kein Gehör zu haben als nichts zu sehen—die Augen essen ja schließlich mit—ist ein Restaurant, das der Amerikanischen Gebärdensprache (ASL) gewidmet ist, eine ziemlich große Sache für die Kellner, die dort arbeiten.

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Seit Anfangs des Monats gibt es mit DeaFined in Vancouver mittlerweile bereits das zweite dieser Art in Kanada. Das erste, Signs, eröffnete letzten Juli in Toronto. Dort kann man ganz normal essen gehen mit dem einzigen Unterschied, dass die Kellner gehörlos sind und die Kunden mit ihnen per Gebärdensprache kommunizieren. Die Speisekarte enthält Anweisungen, wie man in der ASL nach bestimmten Dingen fragt und auf jedem Tisch befindet sich ein Buch, in dem die häufigsten Wünsche und Bitten stehen—auch wie man eine Glutenintoleranz kommuniziert.

Mit der Hilfe von zwei Dolmetschern haben wir uns mit Amanda Grundy, einer Barkeeperin im Signs, unterhalten, um mehr über ihren Job zu erfahren.

MUNCHIES: Hallo, Amanda. Ist das dein erster Job in einem Restaurant? Amanda Grundy: Ja.

Wärst du auch in der Lage, in einem anderen Restaurant zu arbeiten? Ich bin mit nicht sicher, ob ich in einem anderen Restaurant als Kellnerin oder als Barkeeperin arbeiten könnte, ganz einfach wegen der Kommunikation. Wahrscheinlich als Tellerwäscherin oder Hilfsarbeiter, aber definitiv nicht im Speiseraum.

Besuchen viele gehörlose Gäste das Signs? Ja, normalerweise schon. Es kommen aber auch viele Leute, die nicht hörbeeinträchtigt sind.

Kommt ihr mit vielen anderen Formen der Gebärdensprache als der amerikanischen in Berührung? Ja, auf jeden Fall. Gerade letzte Woche hatten wir einen Gast aus Japan, der natürlich die japanische Gebärdensprache sprach. Es war eine interessante Situation, wir beide als Gehörlose, aber trotzdem gab es eine Kommunikationsbarriere zwischen uns, weil wir unterschiedliche Gebärdensprachen verwenden. Das passiert aber relativ oft an Orten wie diesem.

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Amanda Gundy. Photo by the author.

Amanda Gundy. Foto vom Autor.

Wie sehr unterscheiden sich die Sprachen? Sie sind komplett verschieden. Es gibt vielleicht ein paar wenige Zeichen, die ähnlich aussehen, aber mal abgesehen davon sind es zwei verschiedene Sprachen mit ihrer eigenen Grammatik und ihren eigenen syntaktischen Strukturen.

Sind die Mitarbeiter in der Küche ebenfalls gehörlos? Die Tellerwäscher schon. Unter den Köchen gibt es sowohl Gehörlose als auch Hörende.

Wie kommunizierst du mit den hörenden Köchen? Einige der nicht gehörlosen Mitarbeiter sind gerade dabei, die Gebärdensprache zu lernen, was die Kommunikation natürlich einfacher macht. Mit den anderen kommunizieren wir sehr oft über das iPad, über das wir die Bestellungen aufnehmen. Wir haben auch Disponenten, die in der Küche arbeiten. Sie beherrschen sowohl die gesprochene als auch die Gebärdensprache fließend. Das erleichtert die Kommunikation zwischen den Küchenmitarbeitern und den Kellnern.

Wie geht ihr damit um, wenn ihr Schwierigkeiten habt, eine Frage oder eine Bitte eines Gastes, der der Gebärdensprache nicht mächtig ist, zu verstehen? Wenn Kunden hereinkommen, werden sie zuerst von einer Empfangskraft, die hört und die Gebärdensprache beherrscht, begrüßt und zu ihrem Tisch gebracht. Die Empfangskraft dolmetscht für den gehörlosen Kellner ungefähr fünf grundlegende Zeichen, die den Gästen dabei helfen sollen, etwas zu bestellen. Wir haben auch ein „Schummelbuch" auf jedem Tisch mit verschiedenen Zeichen. Wenn der Gast Probleme hat, seinen Wunsch zu kommunizieren, bittet der gehörlose Kellner die Empfangskraft, zurückzukommen und noch einmal zu dolmetschen, worin das Problem liegt, um gemeinsam eine Lösung zu finden.

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Helft ihr euch manchmal mit Stift und Papier? Nein, wir verwenden die iPads. Es gibt eine Notiz-App, so können wir mit den Kunden hin- und herschreiben.

Was würdest du tun, wenn ein Kunde von der Gebärdensprache frustriert ist und einfach nur seine Bestellung aussprechen will? Meistens zeigen die Leute dann einfach auf das, was sie wollen. Ich merke, wenn sie kein Interesse am einzigartigen Erlebnis, das Signs bieten kann, haben und sie nicht mit mir interagieren wollen. Sie nehmen einfach das Buch und zeigen darauf.

Aber die meisten Leute wollen sich in der Gebärdensprache unterhalten? Oh ja, absolut. Deshalb kommen die Leute ja hierher. Sie wollen dieses Erlebnis. Sie wollen das Essen probieren, aber sie wollen auch die Sprache lernen und teil der Gemeinschaft der Gehörlosen sein. Oft kommen Gäste nach ihrem ersten Besuch wieder zurück, weil sie noch mehr Zeichen lernen wollen.

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Idealerweise ist ein Besuch im Sign also sowohl ein lehrreiches als auch ein kulinarisches Erlebnis? Ja, auf jeden Fall. Das ist das Ziel. Man möchte natürlich, dass die Gäste ein tolles Erlebnis haben, etwas Neues lernen, eine Sprache lernen, das Essen genießen. Sie erleben die Gehörlosen-Kultur direkt vor ihren Augen. Sie sehen Aspekte davon, die sehr oft von der hörenden Mehrheit übersehen werden. In der Gehörlosengemeinschaft existieren beispielsweise gewisse Normen, wie man die Aufmerksamkeit einer anderen Person bekommt: Wir schlagen auf den Tisch, wir winken, wir stampfen mit unseren Füßen. Wenn man das bisher noch nicht gesehen hat, ist das eine interessante Erfahrung.

Gibt es irgendwelche Aspekte am Design des Restaurants oder am Layout, die den Mitarbeitern die Kommunikation erleichtern? Ja, [die Küche und der Speiseraum] sind gut beleuchtet und relativ offen, damit wir einander sehen können, weil das die Grundlage für unsere Kommunikation ist. Wir können einander nicht hören, wenn wir im Dunkeln sind.

Gibt es irgendwelche anderen Besonderheiten im Restaurant, die auf die gehörlosen Angestellten abgestimmt sind? Hinten gibt es einen Spiegel, damit wir sehen können, wenn Leute hereinkommen, weil wir ja nicht hören, wenn sie hinter uns die Tür öffnen. Es ist eine tolle Umgebung. Es gibt zwar die Spiegel, aber wenn man nicht aufpasst, passiert es immer noch, dass man mit Leuten zusammenstoßt.

Vielen Dank fürs Gespräch, Amanda.