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Machtspielchen

Das Säbelrassen der Eigentümer von NBA-Teams muss ein Ende haben

NBA-Teams sind mittlerweile so viel wert, dass niemand gegen die Machenschaften und Geldbeutel ihrer Besitzer ankommen kann. Es ist Zeit, dass die Fans und ihre Gemeinden ihre Teams zurückfordern.
Foto: USA TODAY

In einem Forbes-Bericht vor wenigen Wochen wurde das bestätigt, was in der NBA-Welt—spätestens seit Steve Ballmer die Clippers für 2 Milliarden Dollar gekauft hat—eigentlich schon jeder wusste: NBA-Teams sind astronomische Summen wert. Während man für drei andere Franchises sogar eine noch höhere Geldsumme auftreiben müsste als für Ballmers Clippers, sind die Teams im Durchschnitt etwas mehr als eine Milliarde wert, was einem Anstieg von 72 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Und auch wenn die Zahlen mit großer Sicherheit nicht ganz korrekt sind (weil sie auf einem unvollständigen Datensatz basieren), steht zumindest eine Sache fest: Sie fallen noch zu konservativ aus.

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Jede einzelne Franchise, die in den letzten fünf Jahren seinen Besitzer gewechselt hat, hat den von Forbes erwarteten Verkaufspreis noch übertroffen. Dieses Kunststück ist sogar solchen Mannschaften gelungen, die in der NBA regelmäßig nur ein Schattendasein fristen, wie etwa die Sacramento Kings oder die Milwaukee Bucks. Insgesamt gibt es nur 30 NBA-Teams, und ganz so wie bei Gemälden von Cézanne sorgt die geringe Anzahl an Exemplaren für außergewöhnlich hohe Preise. Und selbst wenn du all das Blitzlichtgewitter und die garantierten Dauerschlagzeilen mal für einen Moment ausklammerst—ihr wisst schon, there is no such thing as bad publicity und so—ist ein NBA-Team in jedem Fall ein durchaus lohnendes Investment. Oder warum sonst hat sich Mikhail Prokhorov die Brooklyn Nets unter den Nagel gerissen?

Vor dem Hintergrund, dass man auch in Zukunft mit zehnstelligen Erlösen beim Verkauf von Franchises rechnen kann—und nicht zu vergessen, dass die Liga einen TV-Vertrag abgeschlossen hat, der in den kommenden neun Jahren nicht weniger als 24 Milliarden Dollar einbringen wird—wird im Nachhinein erst klar, wie falsch das Armutsgejammer der Eigentümer während des Lockouts 2011 gewesen ist. Schon damals haben sie sich beim Arbeitskampf durchsetzen können und den Spielern 8 Prozent aus den Ligaeinnahmen abgeknüpft, weil sie erfolgreich unter den Teppich gekehrt haben, wie viel sie eigentlich verdienen. Der NBA-Commissioner Adam Silver behauptet noch immer, dass jedes dritte Team Verluste einfährt, aber dieses Mal kauft ihm das niemand mehr ab.

Hier bezirzt Adam Silver gerade ein paar finanzstarke Fans. Foto von Jayne Kamin-Oncea—USA TODAY Sports

Die aktuellen Zahlen aus der Unternehmensbewertung der NBA-Franchises haben also vor allem eine besonders üble Praktik aufgedeckt: Raubkapitalismus. Denn mittlerweile ist es fast schon Usus geworden, dass neue Eigentümergruppen das Damoklesschwert eines Franchise-Umzugs über den Köpfen der Stadtverwaltungen hängen lassen. Damit wollen sie erreichen, dass die Stadt riesige Geldsummen für den Bau einer neuen Halle lockermacht. Die neuen Besitzer der Sacramento Kings haben es vorgemacht. Das Gleiche gilt auch für die Finanzgruppe hinter Prokhorov. (Für den Bau des Barclay Center wurden nebenbei erwähnt fast 90.000m² Wohnfläche plattgemacht). Einfach ausgedrückt heißt das also, dass sich immer mehr Städte gezwungen sehen, vor den milliardenschweren Eigentümern einzuknicken.

Das hat wiederum dazu geführt, dass amerikanische Sportmannschaften ein komisches Verhältnis zu ihren Städten haben. So bedeuten sie zwar für ihre Fans und den jeweiligen Standort eine ganze Menge, rein technisch gesehen gehören sie aber ausschließlich ihren Eigentümern. Und die neigen leider dazu, die fast schon symbiotische Beziehung zwischen Mannschaft und Fans für ihre eigenen Zwecke zu nutzen und notfalls Fans und Städte gegeneinander auszuspielen. Denn eins ist klar: Keine Stadt will das nächste Seattle werden. Dort stand man nämlich plötzlich ohne NBA-Team da, nachdem aus Sicht der Eigentümer nicht genügend öffentliche Gelder lockergemacht wurden. Also stellen die Städte lieber eine große Menge Geld bereit, während die Eigentümer ihr Gebaren als Beitrag zur Stadtentwicklung—von dem beide Parteien profitieren können—verkaufen. Außerdem wollen sie den Fans und Einwohnern weismachen, dass es für alle in der Region das Beste sei, wenn städtische Gelder auf den Eigentümerkontos landen. Natürlich sind der Ausbau der städtischen Infrastruktur und eine gewisse Umverteilung an sich gute Ideen, doch das setzt eben voraus, dass die Gelder nicht erst durch die Hände der Eigentümer fließen.

Wenn man bedenkt, dass hinter einem NBA-Team in Wirklichkeit ein milliardenschweres Business steckt, grenzt es an eine Farce, dass Eigentümer ganze Städte dermaßen in den Schwitzkasten nehmen dürfen. Auch NBA-Spieler können davon ein Lied singen. Glücklicherweise mehren sich mittlerweile die Anzeichen, dass die Kräfteverhältnisse im kommenden Jahr wieder etwas gerade gerückt werden könnten. Adam Silver und seine Kollegen werden nicht aufhören, für mehr und mehr Geld zu kämpfen, aber dieses Mal ist wohl endgültig eine rote Linie überschritten worden. Endlich scheint der ?–ffentlichkeit klar zu werden, über welche astronomischen Geldsummen die Eigentümer verfügen—und dass sie für die fast über Leichen gehen würden.