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Forscher liefern sich Twitter-Battle: Was ist der schlimmste Gestank der Welt?

Wenn ihr glaubt, dass schon der Gestank eures Biomülls in Sommermonaten eine Qual ist, dann kennt ihr nicht die olfaktorischen Grenzbereiche, in die sich manch ein Wissenschaftler vorwagen muss. Der Arbeitsplatz eines Feldforschers ist die Natur und da bleibt es eben nicht aus, dass man Bekanntschaft mit verrottenden Schildkröten-Kadavern oder explodierenden Delfin-Köpfen macht. Neben einer universitären Ausbildung gehört manchmal auch ein starker Magen und die Kontrolle über den eigenen Würgereflex zu den Kernkompetenzen der Wissenschaft.

Doch was ist eigentlich der schrecklichste Gestank der Welt? Dieser Frage widmen sich auf Twitter seit einigen Wochen Biologen, Zoologen und Archäologen und überbieten sich mit Geschichten von den bisher härtesten olfaktorischen Prüfungen ihrer akademischen Karriere. Hier ein Überblick über die schönsten Episoden, dieses erbaulichen Twitter-Threads, den die Forscher freundlicherweise auch noch mit detaillierten Beschreibungen der jeweiligen Duftnote versehen – zum Glück kann man auf Social Media noch keine aufgezeichneten Düfte mit seinen Followern teilen.

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Wenn der schlechte Atem zur Waffe wird

Wir Menschen haben den Vorteil, unser Gebiss solange mit Menthol schrubben zu können, bis unser Atem nicht mehr riecht. Bei Tieren sieht das ganz anders aus. Userin @DaniRabaiotti musste für ihre Forschung zwischen Seehunden zelten. Eines morgens wachte sie vom Gestank eines Exemplars auf, das seinen Kopf in ihr Zelt gesteckt hatte.

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Ihr Kollege @willpkay kennt den Geruch nur zu gut und beschreibt ihn auf Twitter so: „Stell dir warmen, verrottenden Fisch vor, vermischt mit allen möglichen Bakterien. Schwierig zu beschreiben! #Igitt”

Ein Komodowaran in freier Wildbahn. Bild: Imago, Blickwinkel

Laut einem anderen User, der auch den Twitter-Thread kommentiert, können Komodowarane da locker mithalten. “Der Atem von Komodowaranen ist mit Absicht widerlich. Es ist ihr Gift: Ein Bakterien-Cocktail infiziert Beute mit einem einzigen Biss”, schreibt der User Qynn Qyksilver und fügt hinzu: “Außerdem ist da noch die klumpige Kotze aus dem Magen.”

Nicht alle verwesenden Tiere sind gleich

Für Zoologen und Biologen bleibt es nicht aus, sich mit verrottenden Tierkadavern beschäftigen zu müssen. Sie bieten nicht nur keinen schönen Anblick, so manchem Wissenschaftler ist bei dem Geruch schon schlecht geworden. “Ich bin mit einem Sack voll von diesen warmen Froschkadavern mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren”, schildert Jonathan Kolby ein einschneidendes Erlebnis seiner Karriere als PhD-Student, bei dem er auch seinen Mitmenschen den speziellen Geruch näher bracht. Immerhin kann er das positiv sehen: “Ich hatte plötzlich viel Beinfreiheit in dem überfüllten Zug.”

Die Primatenforscherin Lauren Gilhooly wiederum nennt “einen verwesenden Rhesus-Affe in der Puerto Ricanischen Hitze” als traumatisches Geruchserlebnis, während sich ein Zooarchäologe mit seiner Job-Beschreibung zu Wort meldet. Zu seiner Arbeit gehört es, Skelette zu säubern und da bleiben Geruchsprüfungen nicht aus: “Eine Grube mit unzähligen Säcken voller verwesender Tiere in der Sommersonne.”

Der PhD-Student Nick Caruso wiederum beschreibt eine Otter-Autopsie als bisher geruchsintensivstes Erlebnis seiner Arbeit. Und: Auch ihm ist der Geruch von Fröschen im Kopf geblieben; genauer von “einem Gefrieschrank voller Frösche, die wegen eines Stromausfalls getaut sind.”

Schildkröten sind die fiesesten Verweser

Den Preis für das am ekligsten verwesende Tier muss aber an die Schildkröte gehen. Gleich mehrere User berichten, wie das Tier auch den trainiertesten Magen zum Rumoren bringt. So schreibt der stellvertretende Ökologie-Professor David Steen: “Ich erinnere mich an eine große, tote Schildkröte, die ich irgendwo auf der Straße fand und sie in der Sommerhitze von Georgia auf die Ladefläche meines Pickups legte. Ich ging dran vorbei und musste kotzen.”

Wer sich eingehender mit den verstorbenen Meeressäugern beschäftigt, der muss feststellen, dass besonders der Mageninhalt von Schildkröten ekelerregend ist. So berichtet zum Beispiel @krwedemeyer aus schmerzhafter eigener Erfahrungen: “Ich habe Mageninhalte analysiert. Der in einem Ofen getrocknete Mageninhalt von Schildkröten ist schrecklich. Ein anderer User befand gar: “Schildkröten-Gestank hat meine Seele zerstört!”

Gereift seit dem Mittelalter: Wenn Archäologen Kacke ausgraben

Das ist nicht die von MickVeit ausgegrabene Toilette, sondern ein Exemplar im spanischen Castillo de Belmonte. Bild: Imago, imagbroker

Auch der technische Fortschritt kann manchmal nicht verhindern, dass uns das Mittelalter doch noch heimsucht – im Gegenteil. Beulenpest, ungewaschene Körper, Exkremente auf der Straße – unsere Vorstellung der Zeit zwischen dem 5. Und 15. Jahrhundert ist in den meisten Fällen nicht gerade sehr rosig.

Im Zuge seiner Forschung kam der Archäologe @MickVeit nicht drumrum, eine echte Mittelalter-Latrine mit seiner eigenen Nase zu riechen. Auf Twitter fasste er seine Feldforschung in 140 Zeichen so zusammen “Sorgfältige Aushebung einer mittelalterlichen Latrine in 2 Meter Tiefe. Es dauerte Wochen die Scheiße auszugraben, währenddessen will niemand neben dir stehen.”

Mazeration: Wenn der Weg zur Erkenntnis mit Geruchsprüfungen gepflastert ist

Der Forscher Stefan Schröder, der (bisher) nicht an der Twitter-Challenge teilgenommen hat, betrachtet ein durch Mezeration hergestelltes Knochenpräparat. Bild: Imago, Petra Schneider

Wenn Wissenschaftler Knochenpräparate herstellen wollen, müssen sie in langwierigen Verfahren erst Haut, Organe und alle Muskel-, und Fettanteile entfernen. Der Vorgang wird mazerieren genannt und ist – wenn man es ordentlich machen will – mit einer ordentlichen Geruchsbelästigung verbunden.


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Kaltwassermazeration ist zwar die schonendste Methode einen Knochen zu präparieren, allerdings auch die langwierigste und stinkendste von allen. Die Studentin @NatDoesScience kann ein Lied davon singen: “Habe Kaltwassermazeration an einem teilweise verwesten Adler versucht. Ich dachte, das Federn zupfen roch schon schlecht, es ins Wasser zu legen war schlimmer.”

Wenn die Umstände ungünstig sind und die Forscher faul, dann kann eine Mezeration auch mal so richtig nach hinten losgehen. Davon weiß zumindest der User Craken MacCraic zu berichten. Er wurde einst Zeuge einer Mezeration von Delfinköpfen. Dazu benutzten die Mitarbeiter Wassereimer, die sie wegen der Hitze nach draußen stellten. Da herrschte allerdings tropische Hitze – und so nahm das Unglück seinen lauf, wie er trocken in einem Tweet beschreibt: “Alles war okay, bis die Explosionen begannen.”