Die Fotografin Zejna Halilbašič hatte eigentlich keine Lust darauf, alt zu werden. Bis vor kurzem habe sie sich das so vorgestellt: “Man geht jeden Tag um sieben ins Bett, sitzt nur zu Hause rum und guckt Sendungen vom ZDF. Wer sich gegen ein Leben mit Heirat, Haus und Hund entschieden hat, wird für die Gesellschaft unsichtbar.” Dann traf sie Mahide, Joaquin, Marcel und Geerd. Für ihre Fotoreihe porträtierte sie die vier queeren, älteren Menschen in ihren Privatwohnungen.
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Zejna war aufgefallen, dass es kaum bekannte fotografische Arbeiten gibt, die sich mit der Frage beschäftigen, wie das ist, wenn man älter wird und schwul, lesbisch, bisexuell, trans, inter oder einfach auch queer ist. Wie ungewöhnlich es ist, seine Queerness im Alter öffentlich auszuleben, habe sie auch in den Gesprächen mit ihren Modellen erfahren. Dass die LGBTQ-Szene medial so viel positive Beachtung findet, wie es heute zum Glück der Fall ist, war nicht immer so.
Aber Zejnas Fotos zeigen nicht nur das, sie repräsentieren auch ein anderes Bild von Älterwerden, als jenes, das wir gewohnt sind. So wirkt Mahide, die früher einen Club betrieb, mit ihren hochgestellten Haaren, schwarzem Outfit und großer Gürtelschnalle eher wie eine Superheldin, als eine 73-Jährige Dame, die gleich zum Tanztee geht.
Der 70-jährige Joaquin ist tatsächlich Tänzer und stammt aus Kuba. In den 1990er Jahren hat er in New York City sein Geld mit zweigeschlechtlichen Auftritten verdient. Eine Hälfte seines Gesichts habe wie das einer Frau ausgesehen und die andere Gesichtshälfte wie das eines Mannes.
Die Fotos, die Zejna von Marcel, 56, und Geerd, 72, gemacht hat, rücken deren Hobby in den Mittelpunkt – dem Puppyplay. Also dem Spiel als Hund und Herrchen.
Die zwei verbringen ihr Leben gemeinsam im Westen von Berlin und teilen sich ein kleines Haus mit einem riesigen Garten. Das Haus ist 24 Quadratmeter klein, aber groß genug für die beiden. Wenn gerade keine öffentliche Puppyplay-Party veranstaltet ansteht, werden sie in ihrem Eigenheim selbst zu Partygastgebern. Zejnas Fotos stellen die beiden aber nicht als exotische Ausnahme dar, sondern einfach als zwei ältere Herren, die ein gemeinsames Hobby teilen.
Die Begegnungen mit ihren Modellen haben etwas in ihr verändert, sagt Zejna: “Ich finde es schön und beruhigend, dass es viele Facetten vom Älterwerden gibt. Nicht alle Senioren tragen nur beige. Altsein kann bunt sein, genau wie meine Fotos. Die Fotos nehmen mir die Angst vorm Altern und ich weiß jetzt, dass man alt und gleichzeitig hoffnungsvoll sein kann.”
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