Venice Beach in Kalifornien ist einer der berühmtesten Strände der Welt. An der Promenade tummeln sich Skaterinnen, Bodybuilder und Graffitikünstler, im Wasser warten Surfer auf die nächste Welle. Als der Fotograf Matthew Brookes 2021 hierher zog, kam er schnell mit der Surf-Community in Kontakt. Die jungen Männer und Frauen lebten in umgebauten Vans auf den Strandparkplätzen, jederzeit bereit für die nächste gute Welle die Küste rauf- und runterzufahren. Der daraus entstandene Bildband Into the Wild zeigt die Menschen der Community und ihr Leben im Van. Wir haben mit Brookes über sein Buch gesprochen.
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VICE: Wie hast du die Surferinnen und Surfer aus dem Buch kennengelernt? Matthew Brooks: Ich bin Anfang 2021 nach Venice Beach gezogen und habe damit angefangen, Porträts von den Einheimischen zu machen. Eines Tages wurde mir ein Surfer vorgestellt und ich sah den abgefahrenen Van, in dem er lebte. Darin waren lauter Surfbretter, Skateboards und ein Bett. Ich war sofort fasziniert. Wir haben dann Bilder von ihm in seinem Van gemacht und ich habe ihn gefragt, ob er Freunde hat, die für Fotos interessant wären. Er sagte nur: “Klar, ich stelle dich vor!” Das war der Anfang.
**Bist du selbst Surfer?
**Ich habe, als ich jung war, nicht gesurft, aber ich bin in Durban in Südafrika aufgewachsen. Da kommen viele junge Profisurfer her. Ich war also von Surfern umgeben. Ich selbst habe Tennis gespielt. Mein Traum war, Profi zu werden, also habe ich jeden Tag stundenlang auf dem Platz verbracht. Als ich nach Venice kam, hatte ich sofort einen Draht zu den Surfern. Es hat mich an meine Jugend erinnert. Ich war sehr überrascht, wie bereitwillig sie sich haben fotografieren lassen. Wahrscheinlich hat es geholfen, dass ich von anderen Surfern vorgestellt wurde. Ihnen hat es vor allem gefallen, sich in ihren Vans fotografieren zu lassen.
**Sind die Leute aus deinem Buch miteinander befreundet?
**Sie sind alle sehr unabhängig voneinander, aber gehen freundlich miteinander um. Sie kennen sich, weil sie an denselben Surfspots und Parkplätzen abhängen. Auf diesen Strandparkplätzen herrscht ein echtes Gemeinschaftsgefühl. Man könnte fast sagen, die Parkplätze und ihre Vans sind noch mehr Treffpunkte als die Strände.
**Was hat dich an diesen Menschen gereizt?
**Surfer umgibt eine geheimnisvolle Aura. Sie bleiben unter sich. Wenn du kein Surfer bist, ist es schwer, Zugang zu ihrer Welt zu bekommen. Ich liebe ihre Hingabe für das Meer – sie leben dafür. Mich hat aber nicht so sehr der Surf-Aspekt des Surfens interessiert, sondern der Van-Life-Aspekt. Es war, als wären die Vans ein Teil des Freiheitsgefühls der Surfer. Sie leben für die Wellen und reisen mit den Strömungen und Swells die Küste hoch und runter.
Ich war überrascht, wie unterschiedlich die einzelnen Vans dekoriert waren – einige waren sehr einfach eingerichtet, andere zugepflastert mit Surf- und Musikpostern und Zeug, das die Besitzer unterwegs gefunden hatten. Sie waren eine Verlängerung ihrer Persönlichkeit. Wenn sie die Türen öffnen, weißt du nie, was dich erwartet. Manche hatten ihren Vans sogar Namen gegeben. Damit waren sie eine Art Reisebegleiter.
**Warum hast du sie für dein Buch interviewt? Das ist ja eher untypisch für einen Bildband.
**Ohne die Interviews würde man nur Surfer und Vans sehen und nicht unbedingt die Verbindung dazwischen verstehen. Wenn man durch die Interviews merkt, wie spannend das Leben dieser Surfer ist, versteht man vielleicht die Faszination des Fotografen.
Diese Leute sind nicht obdachlos, sie alle haben Teilzeitjobs, vor allem im Surfbereich: Sie arbeiten in Surfshops oder stellen Bretter her. Sie haben sich bewusst für dieses Leben entschieden.
**Die Bilder haben eine gewisse Zeitlosigkeit.
**Ich finde super, dass man bei dieser Gruppe von Surfern unmöglich sagen kann, aus welcher Ära sie stammen. Die stehen alle auf Vintage-Klamotten und ihre Frisuren sehen oft aus wie aus den 70ern. Außerdem fahren viele von ihnen alte Vans aus den 60ern und 70ern. Das war schon wie eine kleine Zeitreise.
**Das Buch enthält Porträts, Sportfotos und Bilder, die übermalt wurden. Eine wilde Mischung.
**Ich wollte den Spirit des Surfens und den Spirit von Venice Beach einfangen. Das ist ein bunter Ort voller Graffiti, überall ist ein Kleckser Farbe drauf. Für das Buch habe ich mit einem befreundeten Illustrator zusammengearbeitet, Juan Bertoni. Seine Arbeit reflektiert den verspielten Venice-Vibe, den ich wollte. Ich wollte nicht, dass sich das Buch wie ein edles Coffee-Table-Buch anfühlt.
**Würdest du sagen, dass Surfer und das Suferleben missverstanden werden?
**Wahrscheinlich hat jeder eine Meinung über Surfer. Viele Klischees stammen von Menschen, die keinerlei Bezug dazu haben. Diese Surfer haben mich in ihre Welt aufgenommen und meinen kreativen Ansatz respektiert. Ich war von ihrer Hingabe zu den Wellen und dem Meer fasziniert. Diese Verbindung kann man unmöglich verstehen, wenn man selbst nicht surft. Meine Mission war, das Glück und die Freiheit widerzuspiegeln, die ich dort erlebt habe.
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