2016 reiste der französische Fotograf Aurélien Gillier zu seiner Freundin nach Burkina Faso, die dort an einem Forschungsprojekt arbeitete. Am Abend des 15. Januars war er mit ein paar Freunden in einer Bar im beliebten Viertel Ouidi in der Hauptstadt Ouagadougou. In derselben Nacht und nur fünf Kilometer entfernt griffen Terroristen von al-Qaida touristische Hotspots an. 28 Menschen wurden getötet, 56 verletzt.
Als er davon erfuhr, war Gilliers erster Impuls, zum Ort des Geschehens zu fahren und Fotos zu machen. Aber bevor er aufbrechen konnte, kam ein Mann mit Cowboyhut und Sheriffstern herein. Don Carlos, der als “Sheriff von Ouidi” bekannt ist, ist ein selbsternannter, friedlicher Sheriff und Cowboy, der die Straßen der Hauptstadt auf einem Pferd durchkreuzt. Er bekämpft keine Kriminellen, aber Don Carlos behauptet, der Sheriffstern sei ihm vom amerikanischen Botschafter in Burkina Faso höchstpersönlich ausgestellt worden.
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Der Sheriff ist berühmt: Gillier hatte schon von ihm gehört, bevor er nach Ouagadougou gekommen war. “Ich wusste, dass ich ihm eines Tages begegnen würde”, erzählt er. Er machte einige Fotos des Sheriffs in derselben Nacht und dachte, dass es das gewesen sei. Aber ein Jahr später liefen sich die beiden wieder über den Weg – und dieses Mal nutzte Gillier die Gelegenheit, um die Begegnung richtig zu dokumentieren.
Don Carlos ist nicht der einzige Cowboy in den Straßen Ouagadougous – Pferde sind ein großer Teil der kulturellen Identität von Burkina Faso. Die Beziehung stammt wohl noch aus dem Mittelalter. Einer mündlichen Überlieferung zufolge war die legendäre afrikanische Prinzessin Yennenga eine Kriegerin zu Pferde. Sie wurde so sehr verehrt, dass ihr Vater sie nicht heiraten ließ. Eines Tages floh die Prinzessin von ihrem Vater. Sie bekam einen Sohn mit einem Elefantenjäger eines benachbarten Stammes. Ihr Sohn war unter dem Spitznamen “der Hengst” bekannt und gründete die Königtümer der Mossi, unabhängige Königreiche auf dem Land des jetzigen Burkina Faso. Die Franzosen kolonialisierten das Gebiet ab 1896. Die Königtümer waren in Westafrika sehr einflussreich und Pferde waren ein wichtiger Bestandteil des Militärs und der Kultur. Sie waren ein Statussymbol.
Heute sind die Mossi noch immer die größte Bevölkerungsgruppe in dem westafrikanischen Land. Obwohl der Kolonialismus ihre Königreiche zerstört hat, gibt es bis heute Nachfahren der königlichen Familie. Naba Baongo II ist der heutige König der Mossi. Seine Rolle ist hauptsächlich zeremonial – jeden Freitag führt er eine Prozession mit Hunderten von Pferden durch die Hauptstadt. Diese Prozession soll symbolisch darstellen, wie seine Minister ihn davon abhalten, in den Krieg zu ziehen. Was der Grund für einen möglichen Krieg ist, in den der König ziehen will, aber nicht ziehen soll, ist nicht genau überliefert.
Pferde sind in Burkina Faso jedenfalls heißgeliebt. Sie sind auf dem Wappen des Landes zu sehen. Bei Festen wirken sie mit. Pferderennen sind der Hit in Burkina Faso – jeden Sonntagnachmittag verfolgt die gesamte Hauptstadt die Rennen. Alles andere interessiert dann niemanden.
Gillier hat die letzten Jahre damit verbracht, die Beziehung zwischen Menschen und Tieren in seiner ausgezeichneten Reihe Cowboys Are Always Black zu dokumentieren. Bedauerlicherweise konnte er Burkina Faso aufgrund der Pandemie für eine längere Zeit nicht besuchen. Fürs nächste Mal plant er, einen Drehbuchautoren mitzunehmen, um einen Film über Don Carlos Leben zu drehen. Die Grenze zwischen Fiktion und Realität soll darin verschwimmen – genauso wie beim Sheriff von Ouidi.






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