Früh aufstehen, Kaffee trinken, Equipment packen und losfahren. Ziel: ein Paralleluniversum. So sah der Arbeitstag von Christin Mino aus, als sie die Bilder für ihre Fotoserie “after dance” in leeren Berliner Technoclubs aufnahm – in einer Zeit, als man dort noch tanzen konnte.
“Man fährt durch eine saubere Stadt und fällt plötzlich in ein Rabbit Hole. Diesen Kontrast finde ich spannend”, sagt die 31-Jährige, die eigentlich als Video-Editorin arbeitet, über den Moment, wenn sie morgens die Clubs betrat. “Ich wollte zeigen, was noch alles zu einer Clubnacht gehört außer einer feiernden Crowd. Alleine die Räume können unterschiedlichste Stimmungen erzeugen. Auch das prägt die Essenz jedes einzelnen Clubs.”
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Ihre Fotos sollten den Moment festhalten, in dem die Party vorbei ist. “Ich wollte herausfinden, was genau da passiert. Die Leute gehen, aber sie hinterlassen Spuren.” Einerseits ganz konkrete Spuren, aber andererseits auch eine Atmosphäre, die weniger greifbar ist. Manchmal betrat Mino einen Club um 7 Uhr morgens und musste noch fünf Stunden warten, bis der letzte Track gespielt wurde. “Man hört die letzte Melodie und dann geht das Licht an. Wenn die Leute dann rausgehen – und das klingt kitschig –, bleibt ein Nachhall. Das hat etwas Vergängliches, Melancholisches. Eben haben hier noch Hunderte Menschen gefeiert und plötzlich ist der Moment vorbei. Traurig und schön zugleich.”
Die Fotos entstanden zwischen 2014 und 2015 im ://about blank, SchwuZ und Gretchen. Außerdem im Arena Club, der inzwischen eine Eventlocation ist, der Magdalena, die es in dieser Form nicht mehr gibt, und dem seit 2016 geschlossenen Brunnen70.
Christin Mino machte die Fotos ursprünglich aus rein privatem Interesse. Jetzt wolle sie mit der Veröffentlichung auf die schwierige Situation der Clubs in der Pandemie aufmerksam machen, sagt sie. “Im März und April war es vielen noch wichtig, unsere Clubkultur zu retten, aber dieses Bewusstsein scheint zu verblassen. Dabei kämpfen viele Clubs immer noch ums Überleben.”
Ihre Kontakte aus der Clubszene seien dankbar für die Unterstützung durch die Community, sagt Christin Mino. Aber das Geld, auch vom Staat, reiche bei Weitem nicht. Denn die Clubs werden erst wieder aufmachen können, wenn wir die Pandemie im Griff haben. Die vielen illegalen Raves, die es momentan gibt, so fürchten manche Clubbetreiber, werden bei allem Verständnis für das Feierbedürfnis leider nicht dazu beitragen. Auch hinter den Live Streams, auf die viele Clubs und DJs umgestiegen sind, steckt die oft unbezahlte Arbeit vieler Menschen. Manche Clubs haben Spendenkonten eingerichtet, aber auch bei United We Stream kann man die Clubkultur unterstützen.