Die Menschheit schaut wieder in den Himmel. Oder besser, sie schaut sich Fast-Live-Streams von Geschehnissen an, die im Himmel stattfinden. Über den Wolken nämlich, irgendwo überm Regenbogen, ist am 18. Februar der Mars Roboter “Perseverance” auf dem roten Planeten gelandet.
Die Bilder von der Landung sind beeindruckend und die Vorstellung, dass da irgendwo auf einem fremden Planeten ein menschengemachtes Fahrzeug rumfährt und Wissen schafft, ist genauso beeindruckend.
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Aber soll das alles sein? Geht es der NASA nur darum, Eindruck zu schinden mit ihren fancy Technologien und Robotern? Es drängen sich Fragen auf.
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Was ist so besonders an diesem “Perseverance”-Roboter?
Gar nicht so viel. Oder halt alles, je nachdem, wie man das eben sehen will. Einerseits unterscheidet sich Perseverance nicht gigantisch von seinem Vorgänger Curiosity. Ein Metallkasten auf Rädern mit allerlei Technik und Instrumenten an Bord. Und doch ist er ein konsequentes Upgrade seines kleinen Bruders, der schon seit 2012 auf dem Mars rumfährt und Daten sammelt.
Doch der neue, dickere Rover ist eben nicht nur neugierig, sondern soll auch länger durchhalten und mehr leisten. Deshalb hat er etwa stabilere Räder, einen dickeren, stärkeren Greifarm und, zum ersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt, einen Helikopter an Bord. Vor allem ist es aber einfach eine gigantische Leistung, ein solches Gefährt sieben Monate lang durch die halbe Galaxie zu schicken und dann auf einem Planeten zu landen, dessen Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht schon mal über 100 Grad Celsius betragen kann. Ganz ehrlich, was habt ihr in den letzten sieben Monaten geleistet?
Warum reden alle vom Geheimnis um den Fallschirm?
Die NASA ist im Prinzip das Marvel Cinematic Universe der Wissenschaft. Ein Haufen Nerds, die die Menschheit bereichern wollen, ohne dabei auf Spaß zu verzichten. Easter Eggs, versteckte Botschaften und Anspielungen, gehören genauso zur NASA wie solides Handwerk, Space-Drama und Mystery.
Im Fall des Fallschirms, mit dem Perseverance gen Marsoberfläche glitt, geht es darum, dass er ein seltsames Streifenmuster trug. Ein NASA-Mitarbeiter deutete an, dass da ein Geheimnis hinterstecken könnte und schon dauerte es nicht lang, bis die Nerds auf Reddit die Botschaft entschlüsselt hatten.
Jeder der vier Ringe des Fallschirms steht für ein Wort oder eine Sinneinheit. Die Streifen selbst zeigen einen binären Code aus Einsen und Nullen. Computer rechnen auf Basis dieses binären Codes. Ein roter Streifen auf dem Fallschirm steht für eine 1, ein weißer für eine 0. Liest man diese Codes nun Ring für Ring, rechnet sie also praktisch in Buchstaben um, entstehen Wörter: DARE MIGHTY THINGS steht dann da. Der NASA-Claim. Der vierte Ring zeigt die Koordinaten des Labors, in dem Perseverance zu einem großen Teil entwickelt wurde.
Und was macht Perseverance nun da oben?
Konkret: Er sammelt Daten, Gesteins- und Bodenproben, die eines Tages mit zur Erde genommen werden sollen.
Komplexer: Er schaut, ob es Anzeichen dafür gibt, dass es auf dem Mars einmal Leben gab oder zumindest die Möglichkeit, dass hier Leben hätte existieren können. Denn Wissenschaftler gehen davon aus, dass es einmal Bereiche auf dem Mars gab, auf dem Leben möglich war. Das ist allerdings länger her als die Dinosaurier, also viel. Außerdem soll er schauen, wie man aus der Atmosphäre des Mars Sauerstoff extrahieren kann. Damit Menschen, wenn sie eines Tages mal herkommen, auch etwas zu atmen haben.
Wie süß ist der kleine Mars-Roboter wirklich?
Es ist schon ein Statement, dass da oben im Weltraum jetzt ein Ding rumfährt, das süßer ist als viele Schoßhunde. Man wartet geradezu darauf, dass die Kamera des Rovers uns aus dem Bild anblinzelt und dann putzig bellt. Und dann nennen seine Herr- und Frauchen ihn auch noch “Percy”. Der Name Perseverance stammt dabei von einem Siebtklässler, der in einem Essay für seinen Namensvorschlag geworben und schließlich den Zuschlag bekommen hatte. Süß.
Außerdem soll der kleine Rover nach Anzeichen für Leben suchen.
Mikrobiologisches Leben, also winzig kleine Lebewesen. Auch wieder süß. Und dann sieht Percy selbst auch noch ein bisschen aus wie Wall-E, der einsame Aufräum-Roboter aus dem gleichnamigen Pixar Film.
Zuletzt hat Perseverance sogar einen Twitter-Account, auf dem er seine Erlebnisse auf dem Mars aufbereitet. Einer seiner ersten Tweets nach der Landung: Ein Schwarz-Weiß-Foto von der Marsoberfläche und der Text “Hallo Welt. Mein erster Blick auf mein Zuhause für immer.”
Dann wiederum ist das Ding groß und schwer wie ein Auto. Es ist drei Meter lang, zwei Meter hoch und wiegt eine Tonne. Das ist nicht süß. Wenig süß ist auch, dass der dicke fette Rover mit radioaktivem Plutoniumoxid betrieben wird, obwohl wir doch schon auf der Erde nicht wissen, wohin mit dem Kram.
Was wollen wir überhaupt auf dem Mars?
Also zuerst mal: Wenn das hier alles so weitergeht, können wir uns glücklich schätzen, wenn die Menschheit es überhaupt noch auf den Mars schafft, bevor sie die Erde unbewohnbar gemacht hat. So gibt es auch einige wenige Institutionen, die eine Besiedelung des Mars anstreben, Elon Musks SpaceX zum Beispiel. Dafür müsste man entweder Terraforming betreiben oder da oben eine dauerhafte Basis einrichten. Beides wirkt derzeit eher unrealistisch, schon wegen der kosmischen Strahlung, die Krebs auslöst.
Stattdessen geht es also eher um Grundlagenforschung, eine Motivation für den Innovationsschub, der mit einem ambitionierten Marsprojekt einhergeht und, damit hier auch der Pathos zur Geltung kommt: um ein Leuchtfeuer der Zivilisation, unter dem sich die gesamte Menschheit staunend versammeln kann ob der Wunder, die sie zu leisten im Stande ist.
Roboter sind schön, aber werden wir noch erleben, dass Menschen auf dem Mars landen?
Je nachdem wie ihr euch ernährt, ob ihr genug Sport macht und darauf hört, was eure Mütter sagen, kann es gut sein, dass ihr die erste bemannte Mars-Mission noch erlebt. Die aktuellen Planungen sind, dass 2033 die erste Marsumrundung stattfindet. Ende der 30er Jahre dann sollen erstmals Menschen auch den Planeten selbst betreten. Das sind wohlgemerkt Pläne der NASA, die mit dem Gedanken schon so lange spielt, wie es Weltraummissionen gibt, also seit den 60ern.
Es gab aber auch bereits Projekte, die sehr konkret klangen, am Ende aber nur Quatsch blieben. Mars One zum Beispiel wollte bis 2026 eine bemannte Basis auf dem Mars errichten, eine Art Kolonie, deren Mitglieder nicht mehr zurückgekommen wären. Am Ende fehlte allerdings das Geld und das Können. Elon Musk will übrigens auch schon 2026 erste Astronauten auf den Mars schicken. Aber na ja.
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