„Die Regierung ist das Management eines Landes. Und leider besteht sie aus Politikern.” – Frank Stronach
Erst kürzlich ist das Team Stronach von 11 auf 7 Mandatare im Nationalrat geschrumpft und hat damit die Neos als kleinste Parlamentsfraktion abgelöst. Böse Zungen würden die innerparteilichen Turbulenzen wahrscheinlich mit der Mischung aus Personenkult und gleichzeitiger Abwesenheit der kultisch verehrten Person erklären.
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Ich glaube viel eher, dass Frank Stronach (oder wie ich ihn nenne: Fritz Jergitsch mit Maske) wie eine Art politische Einbrenn funktioniert und so lange weitermacht, bis irgendwann nur noch die eingekochte, verdickte, lähmende Essenz seines Projekts (also: er) übrig ist. Dann wird er auch sein wahres Gesicht zeigen und uns für jede Minute Aufmerksamkeit, die wir ihm geschenkt haben (alleine mit diesem Artikel zu seinem ersten TV-Auftritt und diesem hier zu seinem zweiten) verarschen.
Bis es soweit ist, haben wir uns mit dem nächstbesten zur Auflösung des Satire-Projekts begnügt und das ORF Sommergespräch mit Frank Stronach geschaut. Und wir hätten da noch ein paar Fragen.
Regen sich die Österreicher zu wenig auf?
Glaubt man Frank Stronach, sind die Österreicher viel zu fahrlässig, was ihr schlummerndes Empörungspotenzial angeht. Da gibt es Massenhinrichtungen, Völkermorde und Flüchtlingsstrome und niemanden juckt’s. Frank Stronach lässt zwar offen, ob wir uns eher über die Flüchtlinge oder doch eher über die Ursache ihrer Flucht in Gestalt der Terrormiliz IS aufregen sollten, aber über irgendwas sollten wir auf jeden Fall.
Stattdessen tun alle, als wär nix. Man muss nur in die Medien schauen: Überall Friede, Freude, Eierkuchen. Fast könnte man meinen, Frank Stronach wäre überhaupt der einzige, dem die Infos zur IS und der Situation in Syrien zugespielt wurden. Wir können nur hoffen, dass er sein unschätzbares Wissen bald unter die Leute bringt. In der Zwischenzeit bleibt nur der neo-Stronach’sche Aufruf: Regt euch auf! Das wäre übrigens auch eine Frage nach Stronachs Geschmack gewesen. „Herr Stronach, sollen sich die Leute aufregen?” – „Ja, Herr Bürger, das sollen sie.” Es wäre so einfach, wenn alle nur ein bisschen mehr wollen würden.
Was tut ein „Do Tank”?
Als Frank Stronach anfing, von „Dink Dänks in Ameriga, die denken” zu reden, ahnten einige wohl schon, wohin uns der Zauberer mit dem märchenhaften Zungenschlag als nächstes entführen würde: Washington, Denkschmieden, das ganze Programm. Auch, dass Frank The Tank nicht allzu gut auf diese Think Tanks zu sprechen sein würde, konnte man sich denken.
Aber dass er stattdessen die Gründung sogenannter „Do Tanks” vorschlagen würde, hat wohl sogar den wachen Teil seines eigenen Gehirns überrascht. Seither laufen in meinem eigenen Think Tank die Synapsen heiß und ich frage mich, was bitteschön die Aufgabe eines „Do Tanks” sein könnte. Meint Frank vielleicht einen Ort, an dem gehandelt und gearbeitet wird? Einen räumlich beschränkten Platz, an dem nicht nur Gedanken, sondern wo auch konkrete Produkte produziert werden? Meint er vielleicht eine Firma? Oder ist ein „Do Tank” einfach ein „Tank”, der eben tut? Also … ein ganz normaler Panzer? Die Antwort steht irgendwo auf einem seiner Kärtchen.
Wann erklärt er uns endlich den Austro-Euro?
Apropos Kärtchen. Was ich als politischer Nacktbader immer noch eher schwer verstehe, ist das Konzept des Landes-Euros, das Stronach auch bei den Sommergesprächen 2015 wieder ausgepackt hat. Dafür gab es anscheinend auch kein einziges Kärtchen, das die Essenz der gemeinsam geteilten, überregional lokalen, europaweiten Einzelländer-Währung auf den Punkt gebracht hätte.
Was ich hingegen sehr wohl ohne Kärtchen verstehe: Dass man mit unserer Neuverschuldung 120 Häuser bauen könnte. Ich weiß zwar nicht, in welcher Zeitspanne oder in welcher Lage—geschweige denn, welche Art von Häusern—, aber grundsätzlich brauche ich zur Illustration der Zahl 120 nicht zwingend eine Abbildung in totgeglaubter Word-Art, die das Fernsehen dann aus Stronachs unsteter Hand abfilmen muss.
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Hätten sich die Leute, denen er Löhne bezahlt, besser mal Gedanken gemacht, wie sie einfachen Menschen wie mir den Austro-Euro (oder Euro-Schilling) erklären. Im Sommergespräch sagte Stronach dazu nur, der große Unterschied zum Euro-Euro wäre, „dass wir einander verstehen, dass wir zusammenkommen” und irgendwas mit „Fehlgeburt”. Ich. Brauche. Das. Auf. Kärtchen.
Wie viele Profikiller wurden schon auf Frank Stronach angesetzt?
Auch, wenn die Lügenpresse vielleicht etwas anderes behauptet—ich glaube noch immer, dass Frank Stronachs große Überraschung (Clickbait much, ORF?) in Wahrheit war, dass der Magna-Magnat seinen berühmten Profikiller-Sager einfach noch mal vor laufenden Kameras wiederholt.
Zur Erinnerung: Stronach hatte in der Wahlfahrt mit Hanno Settele bekräftigt, dass er für die Todesstrafe gegenüber Profikillern wäre. Menschen, die keine Löhne bezahlen, sehen darin den ersten größeren Aufreger im jungen Team Stronach und vor allem den ersten Bruch zwischen Stronach und Nachbaur, die ihn kurz zu Vernunft gemahnen wollte und dafür ein dankbares „Ich will nicht diskutieren mit dir” erwidert bekam.
Im Sommergespräch zeigte Stronach nun Einsicht und konkretisierte die etwas vage Aussage von damals auf ein: Wenn ein Berufskiller das Kind eines Richters umbringt, ist die Demokratie bedroht. (Oder, um aus dem wunderbaren Transkrift von Neuwal zu zitieren: „wenn… äh… wenn Berufskiller irgend… sogma des Kind eines Richters erschießt, oder was, wir müssen mal, da würde ich die ganze Demokratie.. äh… gefährdet sein, oh, da müss’ ma nach, nimm das ernst, aber ich komm jetzt auf den Punkt.”)
Entweder ist eine ganze Armada aus Ninja-Killern hinter ihm her oder seine Filmsammlung besteht ausschließlich aus der gesamten Bourne-Reihe, Collateral, No Country for Old Men und einem Stronach-Edit der Vincent Vega-/Jules Winnfield-Storyline aus Pulp Fiction.
Ist Frank Stronach der Abraham Lincoln Österreichs?
Eines muss man Stronach lassen (abgesehen davon, dass er weiß, „wie es ist, Löhne zu zohlen”): Er beherrscht die feine Kunst des Boden-unter-den-Füßen-Wegziehens besser als jeder NLP-geschulte Spitzenpopulist. Wenn man ihn fragt, was eigentlich sein größer Misserfolg ist, antwortet Stronach einfach: „Ich bin noch nie gescheitert.” Und noch während man sich (und Hans Bürger ihn) fragt, ob er das ernst meint, folgt prompt ein Vergleich mit Abraham Lincoln, der „auch drei, vier Mol” als Präsidentschaftskandidat gescheitert sei—und wir wissen alle, wie die Geschichte ausging.
Dass das so nicht stimmt, ist vermutlich genauso wenig überraschend wie der Umstand, dass Stronach überhaupt einen Vergleich zwischen sich und dem US-Präsidenten, der die Sklaverei beendet hat, bringt. Den Mythos von Abe „Never Give Up” Lincoln hat Snopes erst Anfang 2015 Punkt für Punkt abgearbeitet.
Das Schicksal eines Lincoln dürfte Stronach aber so oder so erspart bleiben. Erstens, weil die USA mit Donald Trump leider schon einen Präsidentschaftskandidaten haben, der wirkt, als wäre er dem Robocop-Universum entsprungen. Und zweitens, weil ein Attentäter im Theater schlechte Chancen hätte, (auf) Stronach zu treffen.
Weiß Frank Stronach, was Menschen sind?
Fairerweise muss man sagen, dass diese Frage noch schwieriger zu beantworten ist, als alle rhetorischen Wurfsterne, womit Hans Bürger Frank Stronach in seinem knallhartenSommergespräch beworfen hat. An ihr sind schon Gelehrte zerbrochen und Philosophen gescheitert. Sie erfordert weitreichende Kenntnisse in Etymologie und Epistemologie. Auf Englisch und auf Jiddisch bedeutet „mensch” außerdem jemand mit nobler Gesinnung und gutem Charakter, was es zusätzlich verwirrend macht. Außerdem muss man sagen, dass der Sager, um den es hier geht, wahrscheinlich das am wenigsten Verrückte ist, das Stronach von sich gegeben hat (weil die Frage zugegeben suggestiv gestellt war und der alternde Strohsack nicht mehr endlos firm im Deutschen ist).
Trotzdem könnte man sich im Alter von 83 Jahren (das sind in Schilling 1.142) ein bisschen über sein proklamiertes Hauptthema informiert haben. Dann wüsste man zum Beispiel, dass Frauen nicht nur „Menschen wie wir” sind, sondern, naja, tatsächlich zur selben Gattung und sogar zur gleichen Art gehören wie Männer und man sich künstlich inklusive Aussagen wie diese im Jahr 2015 sparen könnte, wenn man nicht unbedingt wie ein ehemaliger Sklavenbesitzer wirken wollte.
Würde Frank Stronach den Turing-Test bestehen?
Diese Frage hat ein Freund von mir gestellt und sie lässt mich einfach nicht mehr los. Eine Künstliche Intelligenz würde jedenfalls vieles erklären. Zum Beispiel, warum Stronach auf eine in einem kurzen Moment der Stille gestellte Frage von Hans Bürger mit „Sie unterbrechen mich” antwortet—und so ziemlich alles andere, was wir bis hierher nicht beantworten konnten. Euer M. Night Shyamalan.
Markus auf Twitter: @wurstzombie