Popkultur

Friede, Freude, Linzertorte: Wie die Polizei Oberösterreich Twitter mit Emojis erobert

Smalltalk mit Polizisten zu führen, ist meist eine eher holprige Angelegenheit. Wenn man sie auf der Straße anquatscht – sei es, weil sich man nach dem Weg oder ihrer Dienstnummer erkundigen möchte –, ist da meist diese kühle Distanz, diese gewisse Unnahbarkeit. Jedenfalls scheint die Devise im Dienst meist zu lauten: Auf keinen Fall zu viel Nettigkeit, aber halt auch nicht unbedingt das Oberarschloch raushängen lassen.

Sie mit einem legeren “Oida” anzusprechen, kann schon mal gerichtlich enden. Vielleicht sind Polizisten in ihrer Gefühlswelt einfach mindestens so verunsichert wie viele von uns auch. Ein bewährtes Rezept, das zwischenmenschliche Eis zu brechen, bietet uns aber ja bekanntlich das Internet.

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Besondere Mühe gibt sich dort die Landespolizei Oberösterreich mit ihrer Social-Media-Abteilung. Dem eigenen Twitter-Account folgen derzeit gut 3000 Menschen. Das klingt jetzt vielleicht nicht unendlich viel, ist aber zumindest der mit Abstand zweiterfolgreichste heimische Account nach der Wiener Polizei. Die Strategie der Oberösterreicher: Freche Kommentare zu kuriosen Meldungen, eine mutige Portion Dialekt und Emojis was geht. Sich in echt das Gesicht eines Polizisten mit einem Lachtränen-Ausdruck vorzustellen ist schwierig. Auf Twitter wird es möglicher.

David Furtner, von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, erklärt gegenüber VICE: “Wir haben zwei hauptamtliche Zwitscherer und ein nebenberuflichen. Intern reden wir vom ‘Zwitschern’ und beim Tweet von einem ‘Zwitscherer’.” – Alles klar.

Seit September 2016 forciere man verstärkt die diversen Social-Media Kanäle und kratze damit zumindest etwas an der Übermacht der Wiener Polizei (38.000 Follower). Im Gegensatz zu den heiteren Oberösterreichern, herrscht in der Hauptstadt ein überwiegend nüchterner Ton. Die Kollegen würden sich aber allmählich so manches von OÖ abschauen, sind sich die dortigen Twitter-Cops sicher. “Die Polizei Wien hat vor kurzem einige Zugänge aus Oberösterreich übernommen. Und wir finden, dass die Entwicklung der Wiener Kollegen sehr gut ist. Das bloße Wiedergeben von Presseaussendungen ist jedenfalls sicher zu wenig und wird im Netz niemanden begeistern”, meint Furtner.

“Vereinzelt wird versucht, Druck auszuüben. Mit dem kommen wir aber ganz gut klar. ;-)”

Es gebe aber auch Kritiker: “Wir werden schon mit Argusaugen beobachtet. Vereinzelt wird auch versucht, Druck auszuüben. Mit dem kommen wir aber ganz gut klar. ;-)” Generell gelte bei den Posting ein Sechs-Augen-Prinzip. “Humor”, so der Sprecher, sei “im sozialen Netz halt oft auch eine schwierige Gradwanderung und gibt dann Anlass für Missverständnisse.”

Erst vor kurzem gab es etwa Aufregung um ein Foto, das auf dem Facebook-Account gepostet wurde. Darauf zu sehen waren zwei männliche Streifenpolizisten, die an zwei sonnenbadenden und entsprechend leicht bekleideten Frauen an der Linzer Donauläne vorbei patrouillierten. Die SPÖ-Frauensprecher Sabine Promberger kritisierte das Bild als sexistisch. Man akzeptierte die Einwände, erklärt aber auch: “In der 1 Stunden hatten wir 59 Likes und nur die Kritik der Sprecherin. Dass wir selber keinen sexistischen Inhalt erkannt haben, ist wohl klar.” Dass es jetzt wiederum zu massiven Beschimpfungen der Politikerin im Netz kommt, sei natürlich untragbar.

Die Twitter-Polizei Oberösterreich fiel auch auf, als sich vor kurzem ein Video zweier Polizeibeamten verbreitete, die einen obdachlosen Straßenmusiker auf der Polizeiwache verarschten. Man reagierte umgehend: “Die beiden “Lustigen” in Uniform sind übrigens bekannt – sie erwartet ein Disziplinarverfahren. #shameonyou *thumbsdown*”, hieß es auf Twitter.

“Wenn Drogen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, dann ist Humor aus unserer Sicht nicht angebracht. Bei anderen Sachverhalten wohl eher schon.”

Tonalität und Botschaft sei jedenfalls zu einem Großteil Sache der Landesdienste, “Die Pressestelle ist aber sehr frei in ihren Entscheidungen. Das ist auch gut so: Innovation kann man auch nicht anordnen.” Bedeutet Innovation auch einen humorvolleren Umgang mit Themen wie Drogen? “Wenn Drogen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, dann ist Humor aus unserer Sicht nicht angebracht. Bei anderen Sachverhalten wohl eher schon.”

Wie das alles dann in der Praxis aussieht, wird hier ein wenig veranschaulicht:

Als es vor Kurzem einen riesigen Unfall mit einem umgekippten Hühnertransport gab, sah man sich ebenfalls kreativ herausgefordert:

Auch beim Thema “Oida”-Gate geben sich die Oberösterreicher wesentlich entspannter:


Vorbild der Polizei OÖ sei übrigens der Account der Polizei München. Wir finden aber, dass man den dortigen Stil der “Stock-Photos aus der Hölle” doch bei Weitem übertroffen hat … wobei?

Wenn ihr also in Zukunft tatsächlich einmal die Nähe von Polizisten sucht, fühlt doch einfach mal im Internet vor. Die Polizei Oberösterreich wird es euch möglicherweise mit “2962 Bussis” danken.

Und selbst, wenn man die Polizei nicht per se feiern will (wir hören euch, ihr ACAB-Trolle!), können wir uns hoffentlich auf eines einigen: Zumindest in Sachen Transparenz und Unverkrampftheit sollten sich ein paar offizielle Accounts bei den Oberösterreichern ein Vorbild nehmen.

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