Die Erwartungen an dieses Release lagen irgendwo zwischen „Furchtbar” und „Fantastisch”, nach vielen (zu vielen?) Spielminuten fühle ich mich innerlich allerdings nur noch leer. Ausgebrannt wie ein Vietnam-Veteran. Ein Vietnam-Veteran mit vollem, lockigen Haar, unbegrenzter Munition, Füßen die auf zwei Elektroautos festgeschnallt sind, die von einem mongoloiden Zirkusaffen ferngesteuert werden und einem Gesicht, das aussieht wie ein Arsch. Herzlich Willkommen und superviel Spaß bei „Rambo – Das Videospiel”.
Links und rechts am Rand: Dasselbe Gesicht, gespiegelt. Clever. Das wird niemandem auffallen!
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Schon das Intro sieht aus wie ein Pixel gewordener Albtraum von David Cage, stellt Rambo als blutrünstigen Wahnsinnigen hin, der in jungen Jahren von Nordvietnamesen gefangen genommen wurde und bereitet einen damit recht gut darauf vor, was als nächstes passiert: Ihr schießt euch mithilfe von Soldatenkollegen durch einen Dschungelstützpunkt der aussieht, als hätten ihn die Druffi-Piraten aus „Far Cry 3″ mit Fingerfarben gemalt, während aus allen Richtungen verfeindete Soldaten auf euch zustürzen. Weil alle Asiaten bekanntermaßen gleich aussehen und weiße spitze Hüte tragen, mussten die Entwickler noch nicht mal so tun, als hätten sie mehr als ein Charaktermodell und auch sonst hält sich die Innovationsvielfalt in Grenzen.
Asienbilder wie aus einem Propagandafilm.
Wie für Railway-Shooter üblich, gibt es keine Möglichkeit für den Spieler, seine Figur selbst zu steuern. Stattdessen wird man in immer neue Szenarien geworfen, in denen blindlings um sich schießt, nachlädt und weiter schießt. Granaten werfen ist ebenfalls möglich, allerdings nicht empfehlenswert. Unabhängig von der vorgegebenen Wurfrichtung landen die nämlich immer außerhalb des Bildschirms. Bug, Absicht oder wollen einen die Verantwortlichen einfach nur hart verarschen? Eine Frage, die man sich in nahezu jeder Situation innerhalb dieses Spiels stellen könnte. So dachte ich anfangs, der Anfang des ersten Levels wäre durch seinen Tutorial-Charakter absichtlich etwas in Zeitlupe, bis ich festgestellt habe, dass die Geschwindigkeit des Spiels permanent schwankt. Mal kann ich meine Waffe in „Echtzeit” schwenken, mal brauche ich von Bildschirmseite zu Bildschirmseite 20 Sekunden und das bei einem Spiel, das schon innerhalb der vorletzten Konsolengeneration optisch nicht der ganz heiße Scheiß gewesen wäre.
Rambo, Alter fragwürdig, hat schon als Kind immer das Gemüse auf dem Teller liegen lassen.
Vielleicht sind die offiziell angegebenen Systemvoraussetzungen gelogen und „Rambo – Das Videospiel” erfordert „Crysis”-ähnliche Rechnerleistungen. Vielleicht habe nur ich gerade dieses spezielle Problem und tue diesem Machwerk zumindest was diese eine Sache betrifft Unrecht. Vielleicht hat es aber auch irgendwas damit zu tun, dass dieses Spiel einfach nicht auf sein Leben klarkommt und reiht sich damit in die folgenden Dinge ein, bei denen einfach nicht klar ist, ob das so sein soll: Gegnerleichen verschwinden oder zucken wahllos. Manchmal kann man in Deckung gehen, manchmal nicht. Gegner stehen vor einem und starren einem bewegungslos direkt in die Seele, während man nachlädt, schießen Sekunden später aber problemlos durch jegliche Deckung. Unbewaffnete Vietnamesen beugen sich seitlich in mein Sichtfeld und eigentlich ist es ein Wunder, dass sie mir nicht noch freundlich zuwinken. Und nicht zuletzt läuft UNUNTERBROCHEN DIESES VERMALLEDEITE RAMBO-FILMTHEMA ALTER, während die Spielefiguren die schlimmsten One-Liner aus den letzten beiden „Army Of TWO”-Teilen austauschen. Nur Rambo selbst spricht nicht, wandelt stattdessen aber immer mal wieder verträumt quer durchs Schussfeld, bevor die ziellos schwenkende Kamera zur Ruhe kommt, und man sich weiter an den Gegnerhorden totklicken darf.
Hier im Bild: Rambos Mutter.
Es gibt noch andere Level, in denen man neue Waffen freischalten und womöglich sogar die Farbe des Haarbands wechseln kann. Der Koop-Modus wiederum besteht daraus, dass zwei Spieler im selben Bildschirm so lange durch die Gegend schießen, bis sie irgendwas getroffen haben und weil ich mir das Ganze vor kurzem mit einer Freundin an ihrer Playstation reingezogen habe, kann ich euch verraten: auch das macht es nicht besser. Nach rund einer Stunde Spielzeit habe ich mich für Spaß und gegen weiteres Leid entschieden und das Spiel beendet. Für 5 Euro im Steam-Sale könnte man sich das Ganze vielleicht mal geben, für rund 40 Euro Einkaufspreis dürfte allerdings nur der eingangs erwähnte Affe zuschlagen.