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Vor Kurzem haben sich Neurologen der Forschung angeschlossen. Sie nennen die Störung „Xenomelie", von dem griechischen „xeno" („fremd") und „melos" („Glied"). Ein Forscherteam in Zürich führte bei einer Handvoll Männer, die sich Amputationen wünschten, Gehirnscans durch und stellte fest, dass das obere Parietalläppchen eine geringere kortikale Dicke aufwies. Dieser Bereich des Gehirns ist für räumliche Wahrnehmung und Körperbewusstsein verantwortlich.Mein Sehvermögen war wie ein Gefängnis. Wenn ich so tat, als sei ich blind, war ich frei. —Jewel Shuping
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Lange Zeit versuchte er, alleine mit seinen Wünschen klarzukommen, und er beschreibt diese Zeit als „verdammt einsam und seltsam". Doch dann fand Bobby diverse Online-Communitys—erst eine Gruppe von Brillenfetischisten, dann eine Community für Blindheitsfetischisten, und schließlich eine Gruppe von Blindsimmern. Er war unendlich erleichtert.„Stell dir vor, du hast blaues Haar oder sechs Finger", sagte er mit. „Du glaubst, du bist die einzige Person auf der Welt, die das hat. Und dann findest du Leute wie dich. ‚Wow! Ich bin nicht allein! Ich bin kein Freak! Es gibt noch mehr Leute wie mich!'"Die Blindsimming-Communitys wurden zu Orten, an denen er Tipps austauschen, Fanfiction schreiben und Bilder von Promis mit gephotoshoppten dicken Brillen teilen konnte. Die Unterhaltungen können sehr sachlich sein: Sie helfen einander, die „Vertexdistanz" und die „Nutzleistung der Hornhaut" zu berechnen. Sie brainstormen Methoden, um Kurzsichtigkeit auszulösen. Sie rechnen komplizierte Gleichungen zur Sehstärke aus. Sie reden vorsichtig über Krankenhäuser in Jalisco oder Tijuana in Mexiko, die gewillt sind, ihnen operativ die Linsen aus den Augen zu entfernen. Sie sprechen über die vielen verschiedenen Werkzeuge der vorgetäuschten Blindheit: Blindenstöcke, dunkle Brillen, und die undurchsichtigen Kontaktlinsen, die Schauspieler tragen, wenn sie Blinde darstellen.Niemand macht Blindsimming, weil er oder sie es lustig findet, so zu tun, als sei man blind. Sie tun es, weil sie müssen. —Bobby
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Ohne medizinisch unterstütze Behandlungsmethoden gehen BIID-Leidende möglicherweise furchtbare Risiken ein, um ihre Körper mit ihrem Geist in Einklang zu bringen. Menschen, die sich nach einer Amputation sehnten, haben schon Trockeneis eingesetzt, um ihre Beine so schwer zu beschädigen, dass sie amputiert werden mussten. Sie haben selbstgebaute Guillotinen verwendet und versucht, ihre Beine unter Autos zu zerquetschen. 1998 starb ein Mann nach einer Schwarzmarkt-Amputation in Mexiko an Wundbrand. Manche Ärzte sind der Meinung, es sei besser, Menschen, die ansonsten vielleicht die Dinge selbst in die Hand nehmen, sichere und hygienische Operationen zu bieten. Andere wiederum sagen, dass Ärzte es weiterhin mit Psychotherapie und Medikamenten versuchen sollten, die speziell auf BIID zugeschnitten sind.Am Tag nach unserem ersten Gespräch schrieb mir Bobby eine lange Facebook-Nachricht. Er wollte sichergehen, dass ich die Nuancen und die Unausweichlichkeit seines Leidens verstand.„Irgendwo tief in unserem Denken, in unseren Seelen und Herzen, ist etwas, das uns dazu drängt, Blindheit nachzuahmen", schrieb er. „Es ist nicht unsere Entscheidung. Wir können einfach nicht aufhören. Wir kommen nicht dagegen an. Wenn wir versuchen, dagegen anzukämpfen, kommt es nach einiger Zeit hervorgeplatzt, brennend und juckend, und es lässt uns nicht ruhen, bis wir die Brille aufsetzen und einen Tag so verbringen, wie wir es brauchen. Wir sind, wer wir sind, denn wir können nichts dagegen tun, dass wir so sind. Glaub mir, es ist kein einfaches Leben."