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Was hinter der falschen Beschuldigung eines Flüchtlings durch die ,Kronen Zeitung‘ steckt

Die ,Kronen Zeitung' macht kurz vor der Gemeinderatswahl in Tirol mit einer Falschmeldung Stimmung gegen Flüchtlinge.

Ende Jänner veröffentlichte die Tiroler Kronen Zeitung online einen Artikel mit dem Titel „Verschweigt Polizei Straftaten?" Als eine dieser vermeintlichen Straftaten, die von der Polizei angeblich nicht an die Presse weitergeleitet wurde, wird der Fall einer freiwilligen Flüchtlingshelferin geschildert, der „in einem Unterländer Asylheim sogar die Nase zertrümmert" worden sein soll.

Zwei Tage später, am 1. Februar, fand sich dann auch in der Printausgabe der Tiroler Kronen Zeitung eine ähnlich klingende Meldung. Dort heißt es, dass ein Refugee im November vergangenen Jahres einer Helferin in einem Kufsteiner Transit-Camp den Kiefer zertrümmert habe—angeblich wegen einer „Lappalie bei der Essensausgabe". Ob man schlichtweg Kiefer mit Nase verwechselt hat, oder es sich um zwei unterschiedliche Fälle handelt, geht aus den Berichten nicht hervor.

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Fakt ist aber, dass es zumindest den Fall aus Kufstein (der erste Fall ist schwer überprüfbar, da das Asylheim nicht genauer benannt wird) so gar nicht gab. Wie die Trioler Tageszeitung bereits berichtet hat, dürfte die Meldung der Kronen Zeitung schlichtweg falsch sein. Es gab zwar tatsächlich eine verletzte Mitarbeiterin des Roten Kreuz, das besagtes Lager betreut, jedoch „liegt der Verletzungsort der Mitarbeiterin zirka 15 Kilometer Luftlinie vom Flüchtlingscamp entfernt. Sie wurde in Schwoich und nicht in Kufstein verletzt", erklärt Fritz Eller, Pressesprecher des Roten Kreuz in Tirol, gegenüber VICE.

via — Beistrichpolizist (@StefanHechl)3. Februar 2016

Nun könnte es natürlich sein, dass die Kronen Zeitung einfach nur den Ort verwechselt hat—ein simpler Recherchefehler. Die Kronen Zeitung hat aber nicht nur den Ort des Geschehens vertauscht, sondern auch den Täter. So wurde aus einem waschechten Tiroler ein bedrohlicher Flüchtling. „Die Mitarbeiterin, die auch im Flüchtlingslager eingesetzt war, hat sich bei einem Einsatz bei einem Zeltfest—also einer einheimischen Veranstaltung—verletzt", so Eller.

Auf Nachfrage erklärt Fritz Eller auch, dass die Kronen Zeitung in diesem Fall nie an die Pressestelle des Roten Kreuz herangetreten ist. Weder er noch seine Kollegen wurden je nach dem Fall gefragt. Kurz nachdem das Gerücht im Internet auftauchte, betonte die betreffende Helferin sogar, dass sie nie von einem Geflüchteten attackiert wurde und sich auch nicht den Kiefer gebrochen habe. „Wir sind sehr sauer über die unqualifizierten Äußerungen der Krone und finden das alles andere als lustig", ärgert sich Eller.

Bei der Kronen Zeitung hält man sich bedeckt und argumentiert auf die Frage nach den Quellen für die Meldung mit dem Redaktionsgeheimnis. Man sei aber beim Recherchieren, ob man einer Falschmeldung aufgesessen ist, oder ob vielleicht die Exekutive den ganzen Fall jetzt so verdrehe, dass es scheint, als ob die Kronen Zeitung eine Falschmeldung veröffentlicht hätte. „Wir haben die Information aus juristischen Kreisen bekommen, soviel kann ich sagen", erklärt Claus Meinert, der die Meldung geschrieben hat.

Fest steht, dass am 28. Februar Gemeinderatswahlen in Tirol stattfinden und das Flüchtlingsthema dabei eine wesentliche Rolle spielt. Auch, wenn über die genauen Umstände und die Entstehung der Nachricht noch Zweifel bestehen—den Asylgegnern spielt die Falschmeldung sicher in die Hände.

Paul auf Twitter: @gewitterland