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42 ist nicht die Antwort auf alles

42 Prozent sind überzeugt, Österreich sei das erste Opfer der Nazis gewesen. Was läuft da schief?

Foto von Michael Dawes

Heute vor 69 Jahren kapitulierte die Deutsche Wehrmacht, was den Zweiten Weltkrieg in Europa beendete. 69 Jahre klingen sehr kurz, vielen Österreichern sind es offenbar aber trotzdem zu viel. Denn sie wollen einerseits die Diskussion über den Nationalsozialismus abhaken, gegenüber der Zeit des Nationalsozialismus hingegen scheinen die Österreicher weniger kritisch zu sein, als sie es sein sollten.

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So sehr ich auch Per Anhalter durch die Galaxis-Referenzen befürworte—dass laut eriner SORA-Umfrage 42 Prozent der Österreicher noch immer glauben, das erste Opfer der Nationalsozialisten gewesen zu sein, stimmt dann doch eher traurig. 42 ist also vielleicht doch nicht die Antwort auf alles, sondern nur die Antwort auf die Frage, wie viel Prozent der Österreicher auch 2014 noch in ihrer bequemen Blase des Opferdaseins umherlaufen und sich auch dementsprechend verhalten. Da kann man dann auch noch mal in der selben Studie über „NS-Geschichtsbewusstsein und autoritäre Einstellungen in Österreich“ sagen, dass nicht alles am Nationalsozialismus schlecht war (30 Prozent) und dass man einen starken Führer haben sollte, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss (29 Prozent).

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Heute Morgen haben wir mit Verteidigungsminister Klug unter anderem über das Ergebnis der Studie gesprochen. Der 8. Mai ist Teil einer Thematik, der wir uns das ganze Jahr lang widmen werden.

Gleichzeitig sagen auch 85 Prozent, dass sie Demokratie für die beste Regierungsform halten. Dass sich der starke Führer, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss, und Demokratie, die genau das eben schon muss, eher ausschließen, sollte man ihnen vielleicht erklären. Andererseits sind es vielleicht einfach dieselben Menschen, die gerne Kreuzchen machen und trotzdem Putin gut finden. Jeder dritte Österreicher kann also dem Nationalsozialismus auch noch Gutes abgewinnen. Drei Prozent sagen sogar, der Nationalsozialismus habe „großteils Gutes“ gebracht. Wer diese drei Prozent sind, kann man sich denken. Die Zahlen sind an sich sind schon erschreckend—hinzu kommt, dass der Wunsch nach einem „starken Führer“ größer geworden ist. Mit der zunehmenden Unzufriedenheit über die Regierungsparteien genügt eine FPÖ wohl nicht mehr als Protestpartei.

Die heutige Mahnwache und das Fest der Freude auf dem Heldenplatz sollten Politikern dabei ein Vorbild sein. Bis 2012 konnte das Totengedenken am Heldenplatz noch ungehindert stattfinden—politische Maßnahmen, die zu einer Veränderung der Situation beitragen hätten können, sind bei uns nun mal eher die Ausnahme. Scheinbar braucht es zur Veränderung eine gewisse „Situationselastizität“. Die Einstellung und Leichtgläubigkeit der Österreicher gegenüber den Geschehnissen im Nationalsozialismus und die immer noch mangelhafte Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit darf nicht wegen einer Angst vor Stimmverlust vergessen werden. Aber mit Diskussionen über Spaghettimonster oder Fußgängerzonen lassen sich einfach mehr Wähler gewinnen.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos.