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Wenn die Braunen Fasching feiern

Rechte Burschenschaften wollen morgen durch Wien marschieren. Gegendemonstranten wollen die Burschenschafter „umzingeln".

Kurt und Uwe Scheuch auf dem Akademikerball im Januar. Foto von VICE.

Nicht schon wieder! Am Mittwoch den 4. Juni wollen Rechtsextreme erneut Wien unsicher machen. Diesmal ist der Vorwand ein „Tag der Freiheit", wo Burschenschafter rund um die notorische Rechtsaußen-Verbindung Olympia der Revolution des Jahres 1848 gedenken wollen. Die Burschenschafter werden also wieder einmal dafür sorgen, dass Wiens Innenstadt großräumig abgesperrt werden muss. Die „Offensive gegen Rechts" ruft dazu auf, die Rechten zu „umzingeln", insgesamt neun Demonstrationen sind angemeldet.

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Dass die braunen Recken sich auf einmal um die Freiheit sorgen, wäre amüsant, wenn es nicht so ernst wäre. Gerade die Burschenschaft Olympia ist ein Hort vorgestriger Gesinnung und dabei leider sehr einflussreich. Sie gilt als eine der wichtigsten Verbindungen des gesamten deutschsprachigen Rechtsextremismus. Und die Olympia hat durchaus illustre Mitglieder: Als „Alte Herren" finden sich etwa der ehemalige dritte FPÖ-Nationalratspräsident Martin Graf oder Strache-Intimus und FP-Abgeordneter Harald Stefan. Dort treffen die beiden dann beispielsweise Alexander Markovics, Obmann der Identitären. Das ist jene rechte Gruppe, die vor zwei Wochen dank Polizeihilfe durch Wien marschieren konnte. Und hier zeigt sich die Funktion der Burschenschafter sehr gut: Sie verbinden den offiziellen Rechtspopulismus der FPÖ mit den braunen Schmuddelkindern auf der Straße.

Natascha Strobl, Sprecherin der Offensive gegen Rechts, auf deren Wohnung kürzlich mutmaßlich von Rechtsextremen geschossen wurde, sagt uns dazu: „Die Burschenschaften geben sich oft als harmlose Traditionspfleger. Doch tatsächlich sind das ganz eindeutige Ausbildungsstätten des Rechtsextremismus. Sie sind das Scharnier zwischen FPÖ und Neonazi-Führern wie dem derzeit inhaftierten Gottfried Küssel."

Auf der Bude der Olympia singt dann auch schon mal ein Michael Müller, bekannt geworden mit dem umgetexteten Udo-Jürgens-Lied: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an". Das passt insofern gut zusammen, als gerade die „ostmärkischen" Burschenschaften eine wichtige Stütze der Nazis waren, etliche NS-Kriegsverbrecher waren Korporierte, etwa Ernst Kaltenbrunner, Chef des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin oder Irmfried Eberl, erster Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka.

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Foto von Daniel Tratz.

In den letzten Jahren hat sich das Image der Burschenschaften deutlich verschlechtert—kein Wunder, immer mehr Menschen wissen darüber Bescheid, dass sich hinter den seltsamen Selbstverstümmelungsritualen oft knallharte NS-Parolen verbergen. Jetzt versuchen sie es offenbar mit einer Imagekorrektur und wollen laut der Homepage von Martin Graf an ihren „Einsatz für die Meinungsfreiheit und Demokratie erinnern". Haha.

Stimmt schon, 1848 waren auch Studierende dabei, als in Wien über Monate gegen die Monarchie gekämpft wurde. Im Mai 1848 wurde der Kaiser von den Aufständischen aus Wien vertrieben, erst im Oktober konnte das Militär die Stadt nach tagelangen Kämpfen zurückerobern. Tausende starben dabei. Nur: das war ein Aufstand gegen Monarchie und Unterdrückung und die Burschenschafter waren damals schon ein deutschnationaler und antisemitischer Haufen.

Am Mittwoch werden die Rechtsextremen übrigens fast ausnahmslos mit Degen bewaffnet sein. Die Burschenschafter dürfen das, weil sie ihren Aufmarsch als „Faschingsumzug" deklariert haben—und Innenministerium und Polizei das akzeptieren. Ja, das ist die gleiche Polizei, deren Präsident Pürstl antifaschistische DemonstrantInnen als „Hunde" bezeichnet. Doch wir wollen ihm das nachsehen: Pürstl war ja in seiner Jugend schließlich selbst Mitglied der Burschenschaft Franko-Cherusker … und eine Krähe hackt der anderen eben das rechte Auge nicht aus.

Das Bündnis „Offensive gegen Rechts" (OGR) will den rechten Aufmarsch nicht einfach hinnehmen. Bereits ab elf Uhr sind Proteste gegen den wöchentlichen „Bummel" der Burschenschaften vor der Hauptuni geplant. Ab 17:00 Uhr ruft die OGR dann zu einer Demonstration vor der Uni Wien auf. Natascha Strobl von der OGR sagt: „Wir werden nicht zulassen, dass die Rechtsextremen ihren Müll verbreiten. Wer braune Parolen von sich gibt, muss mit unserem Widerstand rechnen."