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GAMES

Firefox ist 30 Jahre alt

Beim Namen Firefox denkt heute jeder an den Browser. Nur wenige Personen denken auch an Film. Und noch weniger Menschen sogar an Games.

Beim Namen Firefox denkt heute jeder an den vermeintlich sicheren, geekigen Browser. Nur bei wenigen Personen läutet hier ein Glöckchen, neben dem am Türschild „Film" steht. Und bei noch weniger Menschen klingelt hier sogar was zum Thema Games—bestenfalls bei Nerds im reiferen Alter, die durch den gleichnamigen Browser daran erinnert werden. Aber zurück zum Anfang. Und damit meinen wir 1982.

Damals bezeichnet Reagan die Sowjetunion als „Evil Empire", die Engländer bomben den Argentiniern rund um die Falklands das Sitzfleisch weg und der Kalte Krieg ist in vollem Gange. Clint Eastwood—noch am Beginn seiner Karriere hinter der Kamera—produziert, führt Regie und spielt die Hauptrolle in dem Action-Reißer Firefox, einer fiktiven Story rund um einen gefürchteten sowjetisches Kampfjet. Auch wenn der Film (zu Unrecht, meine ich) eher müde Kritiken bekommt, sind es die begleitenden Small Facts, die heute eine nähere Betrachtung lohnen.

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Denn zwei Jahre später, im berühmten Orwell-Jahr, standen pickelige Unterstufler wie ich mit den letzten Taschengeld-Schillingen und offenem Mund in den Spielhallen im Prater und hatten die Qual der Wahl zwischen zwei Exponaten vom heißesten Scheiß, den die noch junge Videospielbranche zu bieten hatte: Laserdisc Games. Arcade-Konsolen, die gespeist von Laserdiscs—und somit zum Vergleich mit VHS in unglaublicher Qualität— vorproduzierte Sequenzen abspielten, die mit aktiven Spielelementen vermischt wurden. Sozusagen die direkten Urahnen der heutigen Cutscenes und Quicktime-Events in aktuellen Games. Im Vergleich zu unseren 8-Bit-Krücken daheim war das eine völlig andere Dimension. Eines dieser Laserdisc-Games hieß Dragon's Lair, eine fantastische Cartoon-Geschichte von Don Bluth. Und die andere eben Firefox.

Auch wenn das Erlebnis von Firefox im Vergleich zum im Vorspann präsentierten Eye-Candy eher mau ausfiel, zeigte das Spiel schon früh technische Möglichkeiten auf, die extrem fortschrittlich waren. Nahtloses Branching von Videosequenzen, Überblendung mit Live-Computergrafik und ein Soundtrack in CD-Qualität waren selbst für einen Giganten wie Atari eine unglaubliche technische Meisterleistung. Der Versuch, ähnliche Spiele mit Knight Rider und Battlestar Galactica aufzuziehen, blieb jedoch aufgrund des hohen Aufwands im Prototypenstadium liegen. Zeitgleich entwickelte sich auch merkbar die Strömung „Spiel zum Film", die heute ein milliardenschweres Geschäft für Hollywood und Silicon Valley gleichermaßen ist.

Darüber hinaus eröffnete damals für uns Halbstarke speziell Firefox eine noch ganz andere Dimension: den heute als „Location Vacation" bezeichneten Trend, Drehorte in natura zu begutachten. Denn Firefox wurde mangels Ostblock-Dreherlaubnis zu einigen Teilen in Wien gedreht. (Für Eastwood nicht der erste Österreich-Aufenthalt—bereits 1968 stand er für Where Eagles Dare gemeinsam mit Richard Burton in Werfen/Salzburg vor der Kamera. Übrigens ein Pflichtfilm!) Die Bundeshauptstadt Anfang der 80er hatte durchaus den Charme, als glaubwürdiges Double für Moskau herzuhalten.

Für uns damals ein Heidenspaß, mittels Einzelbildschaltung am VHS-Recorder die einzelnen Szenen zu analysieren, in denen Kinoheld Eastwood im Film so tat, als wäre er in der sowjetischen Hauptstadt. Schwedenplatz, Rathaus, Südtiroler Platz und noch viele Orte mehr werden dem aufmerksamen Zuseher gleich ins Auge stechen, perfekt konserviert in einer Optik, die man sonst nur noch in alten „Kottan"-Folgen findet.

Ideale Anleitung daher für das ultimative Retro-Crossmedia-Entertainment am trüben Sonntag: 1) Film ansehen und Drehorte notieren, 2) MAME runterladen, das Firefox ROM installieren und sich als Gamer freuen, dass wir 2014 haben und nicht mehr 1984 und 3) ab in die U-Bahn und laut russische Floskeln brüllend eine lustige Schnitzeljagd entlang der Drehorte organisieren.