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The Profiles Issue

Wie Tamás Toldi am ersten Tag als Bürgermeister seine Stadt rettete

Devecser versank am 4. Oktober in einer Welle giftigen Industrieschlamms. Die schlimmste Umweltkatastrophe in der Geschichte Ungarns. Und es war Toldis erster Tag als Bürgermeister.

Foto von Sean Williams

In der obersten Etage eines prachtvollen alten Gebäudes, in dem früher das Postamt von Devecser untergebracht war, befindet sich ein Museum, das der größten Umweltkatastrophe in der Geschichte Ungarns gewidmet ist. Kaum jemand verirrt sich je hierher, die Lichter sind meistens aus, es gibt keine Heizung. Eines kalten Dezembermorgens schlenderte ich mit Tamás Toldi, dem Bürgermeister von Devecser, zwischen den verstaubten Glasvitrinen des Museums umher. In den Vitrinen befinden sich alle möglichen Dinge aus Privathaushalten—ein Videorekorder, eine Bibel, Teddybären. All diese Sachen sind von den karminroten Ablagerungen einer Schlammlawine umhüllt, die 2010 zehn Tote und 150 Verletzte forderte und Hunderte Menschen obdachlos zurückließ.

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Toldi blieb stehen, um einige Vergrößerungen von Artikeln aus Zeitungen wie der Le Monde, der New York Times und dem Guardian anzuschauen, die an einer Wand aufgehängt worden waren. Während der hektischen Tage der Krise, so sagte er mir, wurde er stets von Journalisten flankiert und musste gleichzeitig die Anrufe von verängstigten Wählern entgegennehmen, von denen manche tellergroße chemische Verbrennungen erlitten hatten, als sie mit dem Schlamm in Berührung gekommen waren.

Wir stiegen auf das Dach des Museums und schauten uns um: Auf der einen Seite sehen wir die elegante Stadt von etwa 5.000 Einwohnern, deren barocke Häuser wie blaue, gelbe und rosafarbene Kleckse neben den einfarbigen Wohnungsbauten aus der Sowjetzeit stehen. Hinter den alten Gebäuden befinden sich die 87 eierschalenfarbenen Häuser, die in nur acht Monaten hochgezogen wurden. Auf der anderen Seite eröffnete sich der Blick auf einen großen Park, wo vor der roten Schlammwelle Dutzende Häuser standen. Die Zerstörung, von der bis auf die ungewöhnlichen Flecken rosaroter Erde nichts mehr zu sehen ist, fand innerhalb eines Tages statt—der gleichzeitig auch Toldis erster offizieller Arbeitstag war. Als er an diesem Morgen aufwachte, war er der Bürgermeister einer Stadt, in der die Menschen in 60 Zentimeter hohem giftigem Wasser ertranken, das sich mit enormer Geschwindigkeit seinen Weg durch die Straßen bahnte.

Toldi sieht auf den ersten Blick nicht aus wie ein Mann, der eine ganze Stadt gerettet hat. Mit seinem dünnen, grauen Haar, seiner Wachsjacke, dem aufgebauschten Schal und dem Oberlippenbart wirkt der 62-Jährige eher wie eine Mischung aus einem ländlichen Partei-Apparatschik und einem Erdkundelehrer. Selbst während des Rundgangs in dem Museum, das als Denkmal für seine größte Leistung dient, ist von Heroismus nichts zu spüren. „Man macht nur seinen Job“, kommentierte er, als wir die Stufen hinuntergingen. „Hier herrschte das totale Chaos. Ich wollte wieder Zufriedenheit und Ruhe schaffen.“

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Die Folgen der Flutwelle aus giftigem Rotschlamm, von der die ungarische Stadt Devecser am 4. Oktober 2010 überrollt wurde, nachdem der Damm des Sammelbeckens einer Aluminiumfabrik gebrochen war. Foto von Tomas Benedikovic/isifa/Getty Images

Devecser befindet sich zwei Autostunden von der ungarischen Hauptstadt Budapest entfernt und war über lange Zeit ein strategisch wichtiger Punkt. Die Stadt wurde immer wieder von unterschiedlichen Großreichen erobert. Die Osmanen scheiterten im 16. Jahrhundert sieben Mal bei dem Versuch, die Stadt zu zerstören. Während des Zweiten Weltkrieges fiel die Stadt zunächst in die Hände der Nazis und wurde dann später von der Roten Armee übernommen.

Toldi wurde 1952, also zu Zeiten der Sowjetunion, geboren. Sein Vater war Bauer, seine Mutter arbeitete in einer Fleischfabrik. Devecser war ein „toller Ort zum Aufwachsen“, sagte er mir, auch inmitten einer Zeit des industriellen Tumults. Ajka, eine 30.000-Einwohner-Stadt in der Nähe, boomte in dieser Zeit: Bäume wurden gefällt und riesige Plattenbauten „sprossen aus dem Boden wie Pilze“. Bald schon gab es in der Stadt Kraftwerke und eine Aluminiumfabrik, die bei der Extraktion von Aluminiumoxid aus Bauxiterz so viel Rotschlamm produzierte, dass in den 1960er-Jahren ein riesiges Becken vor der Stadt gebaut werden musste (das Zeug war so alkalisch, dass es bei Kontakt mit der Haut chemische Verbrennungen verursachen konnte). In der Zwischenzeit war Devecser „den alten Leuten überlassen worden“, erzählte Toldi. „Es gab keine wirklichen Perspektiven.“

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Toldi trat in die Fußstapfen seines Vaters und arbeitete nach der Uni für eine örtliche staatlich geführte Landwirtschaftsfirma. In den 80ern zog man ihn in die ungarische Armee ein, wo ihm 100 Männer unterstellt wurden. Die Männer kämpften gegen die „zermürbende Langeweile“, indem sie stundenlang staatliches Fernsehen schauten. Nachmittags, wenn die Offiziere die Baracken verlassen hatten, kletterten die Männer aufs Dach und richteten die Fernsehantenne nach Österreich aus. Dies war eine der wenigen Möglichkeiten, Informationen über das Leben hinter dem eisernen Vorhang zu bekommen. Die Berliner Mauer fiel 1989 und Ungarn hieß den Kapitalismus willkommen. Toldi, der zu dieser Zeit Landwirtschaftsbeauftragter war und Viehhandel mit dem Westen betrieb, kaufte ein Stück Land und gründete seinen eigenen Landwirtschaftsbetrieb, mit dem er sehr erfolgreich wurde. 1995 wurde die Aluminiumfabrik in Ajka unter Magyar Aluminium (MAL) privatisiert. MAL überprüfte regelmäßig das Sammelbecken—nach der Katastrophe sagte ein Sprecher des Unternehmens den Medien gegenüber, dass die letzte Überprüfung des Beckens „nichts Unerwünschtes“ ergeben hätte.

Dann entschied sich Toldi, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren. So, wie er es erzählt, überredeten ihn Freunde dazu, die sich darüber geärgert hatten, dass die beiden letzten Bürgermeister von Devecser Kommunisten aus anderen Städten gewesen waren. Toldi, der aus der Stadt stammte und sich den Respekt der Gemeinschaft verdient hatte, war hinsichtlich seines Temperaments und seiner politischen Einstellung eher konservativ—mit anderen Worten also der ideale Kandidat.

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Es war ein knappes Rennen gegen den amtierenden László Holczinger: Die Wahllokale schlossen um 18 Uhr am 3. Oktober 2010, Toldi wusste erst nach Mitternacht, dass er gewonnen hatte. Nur wenige Stunden später begrub der Schlamm die Stadt unter sich.

Ein Hund bedeckt von giftigem Schlamm. Foto von Tomas Benedikovic/isifa/Getty Images

Montag, der 4. Oktober 2010, war ein ungewöhnlich heller Herbsttag. Nachdem Toldi bis in die Morgenstunden gefeiert hatte, schlief er bis 10 Uhr. Seine Frau Irma war bereits weg und unterrichtete ein paar Straßen weiter ihre Klasse in Mathe. Er hatte noch eine Menge Zeit, um sich frisch zu machen, bevor er um 14 Uhr bei der Amtseinführung im Bürgermeisteramt sein musste. Dort kam er jedoch nie an. Kurz nach Mittag wurde Toldi von Anrufen überschüttet. Alle waren außer sich über irgendeine Flut. Dann schaute er das erste Mal aus dem Fenster: Eine Welle rostfarbenen Schleims wälzte sich die Straße runter und in die Innenstadt. Der Fluss riss Autos, Möbel und Menschen mit sich. Wer von dem Schlamm erfasst wurde, rang nach Luft. Der Damm, der den Rotschlamm im Sammelbecken der MAL gehalten hatte, war gebrochen und Millionen Kubikmeter des giftigen Abfallprodukts ergossen sich in die umliegenden Städte und Dörfer. Devecser traf es mit am schlimmsten.

„Es war ein arbeitsreicher erster Tag“, sagte er mir. Die Bewohner der Stadt waren vor dem Fluss, der Devecser rot wie Blut färbte, nicht gewarnt worden. Häuser liefen mit stinkendem Schlamm voll oder wurden von der Wucht der Flut zerstört. Menschen mussten auf die Dächer ihrer Häuser klettern, um sich zu retten. Haustiere, Fahrzeuge und sogar Kinder wurden vom roten Schlamm weggerissen—Angyalka Juhász, ein Kleinkind aus dem nahe gelegenen Dorf Kolontár, ertrank, nachdem der Schlamm durch die Wände ihres Hauses gebrochen und sie ihrer Mutter Erzsebét entrissen hatte.

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Die Nachrichten, die Toldi telefonisch erhielt, wurden jede Minute düsterer. „Es herrschte große Panik“, sagte er mir. „Die Menschen wussten nicht, was sie machen sollten. Sie rannten umher wie vergiftete Mäuse. Es herrschte ein Kommunikationschaos.“ Toldi handelte schnell: Erst rief er Irma an, um ihr zu sagen, dass sie mit den Kindern in der Schule, die höher gelegen war, bleiben solle. Dann sprach er mit alten Freunden aus der Landwirtschaft, die schwere Maschinen besaßen—Traktoren, Bagger, Bulldozer—mit denen Menschen aus der Gefahrenzone gebracht werden konnten.

„Ich bat sie, die Menschen aus ihren Fenstern und von den Dächern zu retten“, sagte er mir. Während er telefonierte, wurde sein eigenes Haus vom Schlamm eingenommen. Es blieb jedoch—anders als die Nachbarhäuser—dank seines etwa 15 Zentimeter tiefen Fundaments stehen.

Schon nach wenigen Stunden tauchten Kamerateams von internationalen Nachrichtenagenturen auf und machten die Welt mit Devecser bekannt. Zur gleichen Zeit startete MAL eine PR-Offensive und behauptete, der rote Schlamm sei nicht gefährlich. „Es ist eine harmlose Substanz“, sagte der CEO des Unternehmens, Zoltán Bakonyi, einem Reporter. (Später entschuldigte er sich für diesen Kommentar.) Selbst wenn dies wahr gewesen wäre, hätte es nur einen schwachen Trost für die Menschen bedeutet, die ihre Häuser verloren oder noch schlimmere Schicksale erlitten hatten. Jeder, der von der Flut betroffen war, wusste, dass die Substanz, die durch die Straßen floss, alles andere als harmlos war. Menschen, die durch den roten Schlamm gewatet waren, wurden von schmerzhaften Verbrennungen an Armen und Beinen geplagt. Peter Pallinki, ein Metzger aus Ajka, war auf sein Dach geklettert, als der Schlamm in sein Wohnzimmer floss. Ein Jahr danach versorgte er noch immer die klaffende Wunde an seinem Knie. „Mein Frühstück besteht heute aus Schmerztabletten“, sagte er Kenarov.

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Drei Nächte nach der Flut schlief Toldi kaum. Einmal blieb er 24 Stunden am Stück wach. Er war damit beschäftigt, mit Beamten aus den benachbarten Städten Unterkünfte für die Hunderten Obdachlosen zu organisieren. Während er arbeitete, nahm er andauernd Telefonanrufe entgegen und kümmerte sich um Reporter, die ihm ihre Mikrofone ins Gesicht hielten, wo immer er hinging. Die Stadt, die sich seit wenigen Tagen unter seiner Führung befand, war von giftigem Rotschlamm umhüllt. Und die Angehörigen der Familien, die im Krankenhaus starben, wollten wissen, wie es im 21. Jahrhundert passieren konnte, dass kein Mensch erkannt hat, dass die Zementwand durchbrechen würde. Toldi wusste nicht, was er ihnen sagen sollte. Er war müde, wütend und wurde mit mehr Anfragen überschwemmt, als er bearbeiten konnte. Er hatte sich ein zweites Handy nur für Anrufe von der Presse angeschafft, welches Tag und Nacht klingelte. Die ungarische Regierung schickte mehr als 500 Polizeibeamte und Soldaten, die den Ort unter Kontrolle halten, den Verkehr regeln und die Evakuierung von Menschen vorbereiten sollten. Über den Fluss Marcal in Kolontár wurde eine Pontonbrücke errichtet, und um den giftigen Fluss aufzuhalten, wurden Gips und andere Chemikalien in den Marcal geschüttet und so über Nacht ein ganzes Ökosystem vernichtet. Devecser sah wie eine postapokalyptische Version von Suburbia aus. Im Laufe der nächsten Tage trocknete der Schlamm, verteilte sich in der Luft und hüllte Devecser in einen scharlachroten Sandsturm. Die Menschen klagten über Atembeschwerden.

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Manchmal vergaß Toldi, welches Handy welches war—Reporter bekamen Informationen zum Postamt und Bürger wurden über die Blaupausen informiert, die für ein neues Wohnbauprojekt in der Stadt gezeichnet wurden. Bald gewöhnte er sich an, von 23 bis 2 Uhr nachts zu schlafen, ein Rhythmus, den er erst ein Jahr später wieder ändern konnte. Er hatte keine Wahl—zurückzutreten war keine Option. „Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, aufzugeben und allen den Rücken zuzukehren“, so Toldi.

Innerhalb von wenigen Wochen erarbeitete Toldi zusammen mit dem bekannten Architekten Imre Makovecz Pläne für 87 neue Häuser, die für die Menschen gebaut werden sollten, die noch immer keine neue Unterkunft hatten. Nach acht Monaten waren sie fertiggestellt, nur mit Materialien aus der Umgebung. Einige der Menschen, deren Häuser durch die Flut beschädigt worden waren, zweifelten daran, dass die neuen Häuser wirklich gebaut werden würden, und entschlossen sich, in ihren alten Heimen zu bleiben. Drei Jahre später, so Toldi, waren diese Leute sauer und verbittert darüber, dass sie in ihren vom Rotschlamm beschmutzten Häusern festsaßen. „Sie hatten nicht geglaubt, dass ich es schaffen kann“, sagte Toldi. „Das ist Pech. Aber ich muss schwierige Entscheidungen treffen.“ Wenn der Bürgermeister heute einige dieser Leute auf der Straße trifft, vermeiden sie es, ihm in die Augen zu sehen.

Er hatte viel Freiraum beim Treffen seiner Entscheidungen—Victor Orbán, Ungarns populistischer Premierminister, sagte Toldi, er solle alles abreißen lassen, was beschädigt war, und es ersetzen. Um Geld für die Katastrophenhilfe zu sammeln, versteigerte Budapest 230 Relikte aus der Ära der Kommunisten, zu denen auch mehr als ein Dutzend Porträts von Lenin gehörten. Letztendlich stellte die Regierung 190 Millionen US-Dollar bereit. Weitere 9,6 Millionen kamen von privaten Spendern. Unter den zerstörten Gebäuden befand sich auch ein altes, marodes Kino, über das sich die Bürger bereits seit Jahren beschwert hatten. „Die Menschen verlangten schon seit 20 Jahren den Abriss des Kinos“, sagte Toldi kichernd. „Ich schätze, nicht alles war schlecht.“

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Die von Toldi nach der Flut gebaute Siedlung. Foto von Sean Williams

Nachdem wir das Bürgermeisteramt verlassen hatten, nahm mich Toldi mit zu einer kleinen Schule. An der hinteren Seite des Gebäudes befand sich ein abgedunkelter Raum mit einem Sandkasten auf dem Boden, dessen Wände mit gelb-braunen Salzblöcken verkleidet waren. Es war eine Salzkammer, wie es sie häufig in hochklassigen Kuranlagen gibt und die Atembeschwerden lindern soll. (Viele halten Salzkammern für Pseudowissenschaft.)

„Wir unterrichten die Kinder mindestens einmal die Woche in diesem Raum“, so Jennervé Pàl Szilvia, die Leiterin der Schule. Toldi hatte darauf bestanden, dass die Schule einen solchen Raum einrichtet, um Kindern mit blockierten Lungen zu helfen. Er überredete zwei australische Geschäftsleute, die kurz nach der Flut in die Stadt gereist waren, die Salzkammer mit 65.000 Dollar zu finanzieren. „Wir haben so großes Glück, dass unseren Kindern nicht mehr passiert ist“, sagte Szilvia. „Natürlich hatten wir Angst. Aber es ist unglaublich, was hier geleistet wurde …Dieser Mann hat uns gerettet.“ Toldi lächelte kurz, bevor er wieder seinen üblichen ernsten Gesichtsausdruck annahm. „Ich habe nur meinen Job gemacht“, sagte er leise und machte sich langsam Richtung Ausgang auf.

Andere Verbesserungen, die beim Neuaufbau der Stadt nach Toldis Vorstellung umgesetzt wurden, sind unter anderem eine Bushaltestelle, die durch geothermale Energie beheizt wird, und ein über Mulch laufender Generator hinter dem Bürgermeisteramt, der die Heizung der neu gebauten Häuser speist. Pappeln, die fast 2,5 Meter pro Jahr wachsen können, werden jeden zweiten Sommer gefällt und zu Mulch verarbeitet. Ungarische Politiker sind berüchtigt für ihre Korruptheit, weshalb viele Menschen einige der ehrgeizigeren Projekte von Toldi, wie die Salzkammer und den Mulch-Generator, infrage gestellt haben. Er zeigte mir jedoch eine Reihe von Dokumenten, aus denen genau ersichtlich war, wann welches Projekt fertiggestellt wurde und was es gekostet hat—ein so hohes Maß an Transparenz ist bei einem Bürgermeister selten zu finden.

Nach der Schule zeigte er mir die Gebäude, die nach der Flut neu gebaut worden waren. Die 87 weißen Häuser mit den roten Dächern haben alle kleine Unterschiede. Im Zentrum des Bauprojekts steht eine kleine Kapelle mit einem Turm, der von zwei bronzenen Flügeln eingefasst ist.

Am Ende der Siedlung stehen sechs Häuser, deren Wände mit Keramiken und hängenden Körben verziert sind. Sie gehören der kleinen Roma-Gemeinschaft in Devecser. Wie in anderen Ländern in Ost- und Zentraleuropa auch hat die Verfolgung der Roma in Ungarn in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen. Im August 2012 marschierten etwa 1.000 Unterstützer der rechtsextremen Partei Jobbik („Besseres Ungarn“) in schwarzen T-Shirts durch Devecser, um gegen „Zigeuner-Verbrechen“ zu demonstrieren. Toldi, der meinen Gedankengang zu erahnen schien, sagte: „Sie bleiben unter sich, aber es sind nette Leute.“

Es gibt einige Dinge, die Toldi mit mehr Zeit und Schlaf besser gemacht hätte. Vielleicht hätte er mehr Häuser gebaut. Toldi kämpft damit, seine Wut gegenüber Bakonyi und MAL zu unterdrücken—das Unternehmen musste 650 Millionen Dollar Strafe zahlen und wurde verstaatlicht, nachdem das Becken geborsten war. Zwar wurde gegen einige Angestellte des Unternehmens, wie gegen Bakonyi, Anklage erhoben, dennoch stört es den Bürgermeister, dass bisher keiner im Gefängnis gelandet ist. „Warum dauert das Urteil so lange?“, fragte Toldi.