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Motherboard

Facebook glaubt dich zu kennen, hat aber keine Ahnung

Five Labs zeigt, dass Facebook mit deinen Daten etwa gleich viel anfangen kann wie eine Küchenpsychologin aus den 40ern.

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Foto von Quinn Dombrowski | Flickr | CC BY-SA 2.0

Es gab einmal einen Psychologen namens Carl Gustav Jung und der erfand am Anfang der Zwanziger Jahre ein Modell, mit dem sich sämtliche Menschen in Typen einteilen lassen. Endlich musste man sich nicht mehr mit Menschen rumschlagen. Gab ab jetzt ja nur noch acht verschiedene.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde Jungs Theorie auf der anderen Seite des Atlantiks von einer Hausfrau verwurschtelt. Sie bastelte daraus einen unwissenschaftlichen Fragebogen, den amerikanische Firmen heute benutzen, um den idealen Angestellten zu finden.

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Manchen Firmen möchten aber nicht nur ihre Mitarbeiter, sondern auch ihre Kunden gerne besser kennenlernen. Facebook und Google stehen bekanntlich darauf, uns personalisierte Werbung zu präsentieren: „Auf diese Art und Weise können wir dir Inhalte zeigen, die für dich vielleicht interessant sind", wie es uns Facebook so sensibel näherbringt.

Foto von Gilbertus | Wikimedia Commons | Copyright expired

Glaubt man den entsprechenden Studien, bekommt Facebook aus unseren Daten jede Menge über uns mit: Die University of Pennsylvania hat bewiesen, dass sich anhand der Posts von Facebook-Benutzern zuverlässig Alter und Geschlecht voraussagen lassen. Dazu mussten die Forscher einfach die am häufigsten gebrauchten Worte analysieren.

Ein Beteiligter schwärmt: „When I ask myself, […] 'What's it like to be a teenage girl?' […] these word clouds come much closer to the heart of the matter than do all the questionnaires in existence." Schön, dass die Wissenschaftler also doch noch eine Methode gefunden haben, Menschen zu verstehen, ohne tatsächlich mit ihnen zu reden.

Facebook geht auf ähnliche Weise vor, um die für uns passende Werbung zu finden: Die Firma katalogisiert uns anhand unserer Likes („einschliesslich Themen, Produkte, Marken, Religion, Gesundheitszustand oder politische Ansichten"). Diese Daten finden dann Eingang in ein Werbe-Tool, mit dem sich die passende Zielgruppe für jedes Produkt leicht bestimmen lässt.

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Foto von Sali Sasaki |Flickr | CC BY-SA 2.0

Das klingt nun alles ziemlich bedrohlich. Auch ich habe bis vor Kurzem geglaubt, dass Facebook alles über mich weiss. Doch ein neues, unbegründet gehyptes Tools hat mir gezeigt, dass mich Facebook etwa so gut versteht wie einst mein Sportlehrer.

Das Tool heisst Five Labs und wurde von einem Nerd entwickelt, dessen creepiness fast Zuckerberg'sche Werte erreicht. Da inzwischen eh jeder Kaninchenzüchter meine Daten besitzt, habe ich Five Labs meine Posts analysieren lassen:

Erstellt mit Five Labs

P { margin-bottom: 0.21cm; } Mein ganzes Ich auf fünf Werte zusammengefasst—Carl Gustav wäre so stolz! Wie du an den 87% erkennst, verfüge ich über eine hohe „Offenheit für neue Erfahrungen". Das bedeutet anscheinend, dass ich Kunst mag und „an vielen persönlichen und öffentlichen Vorgängen interessiert" bin. Es ist ja aber auch so, dass sogar Albert Rösti das von sich selbst glaubt.

Solche Profile sollen Facebook helfen, die Werbung an mich anzupassen. Begeistert logge ich mich ein. Die passen sogar die Werbung an mich an. Ich fühle mich endlich, endlich verstanden.

Offene Personen wie ich haben angeblich „interessante Wohnungen" und hängen gerne in Cafés rum. Facebook sollte mir also Werbung für Design-Stühle und Biokaffee anzeigen. Tut es aber nicht.

Foto von Victorgrigas | Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Stattdessen werden mir russischen Mail Order-Bräute und diverse Versicherungen empfohlen. Facebook hat wohl errechnet, dass ich der Typ Mensch bin, der regelmässig wegen ominöser Russinnen nach Novosibirsk fliegt und dann zusammengeschlagen wird. Leider nein.

Facebook hat trotz all der Anstrengungen immer noch keine Ahnung von seinen Benutzern. Das liegt daran, dass Mark Zuckerberg in bester behavioristischer Tradition ein kleiner Fehler unterlaufen ist: Was jemand in sozialen Medien von sich gibt, muss nicht unbedingt dem entsprechen, was er denkt.

Mind. Blown. Facebook und Five Labs sind bloss ein weiterer erfolgloser Versuch, die unbekannten Einzelwesen endlich berechenbar zu machen und damit genauso hirn- und harmlos wie all die anderen Pseudotests, die es schon gibt.