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Popkultur

Die sechs virtuellen Beziehungskiller und wie du sie umgehst

Und ja: Deine Facebook- und Instragram-Fotos zeigen tatsächlich, ob du glücklich bist. Blöderweise oft anders, als du es geplant hast.

Da hat man endlich mal jemanden kennengelernt und ist sich der gegenseitigen Zuneigung sicher, wird's auch schon wieder kompliziert—zumindest wenn ihr ein internetfähiges Technikgadget in eurem Besitz habt. Denn auch wenn ihr zu den Glücklichen gehört, die Tinder ausnahmsweise nicht zu emotionalen Krüppeln gemacht hat, ist die Liebe im 21. Jahrhundert ein verwundbares Netzwerk sozialer Beziehungsfallen.

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Eure funktionierende Zweisamkeit liegt uns am Herzen. Daher hier ein kleiner Leitfaden, wie ihr die WiFi-Hürden als Paar zielgerecht umschiffen könnt.

Kläre deinen Status

Beziehungsstatus: vergeben | Foto: dr_zoidberg | Flickr | CC BY-SA 2.0

Wer das Bett teilt und sich nicht bei Facebook anfreundet, sollte sich generell einmal Gedanken um die Qualität seiner Beziehung machen. Wer dieses erste kleine Klickbekenntnis jedoch bereits hinter sich gelassen hat und nicht nur in den Weiten des Webs miteinander Zeit verbringt, darf sich nun den weiteren Anforderungen des partnerschaftlichen Netzwerkens stellen. Erste Prüfung ist der Beziehungsstatus. Wer einen solchen in seinem Profil angibt, sollte sich nun überlegen, das ewige Singledasein im erschlagenden Onlineangebot durch ein souveränes "in einer Beziehung mit" auszutauschen.

Wer einer komplizierten oder klammernden Person Zutritt zu seinem Intimleben gelassen hat, wird damit sicher das ein oder andere Freudentränchen provozieren. Wer sich mit einem skeptischen Kontrollfreak eingelassen hat, sollte diesen Schritt vorher ankündigen und mit dem Partner gemeinschaftlich ausdiskutieren, ob und wann dieser Schritt für beide Parteien emotional vertretbar ist.

Doch nicht nur die Klärung des Status, auch die persönliche Präsentation zeugt von Respekt gegenüber der Beziehung. Der Paarberaterin Sigrid Sonnenholz sagte zu VICE, selbst die Auswahl der geposteten Fotos beeinflusse die Liebe.

"Wenn man ein Paar ist, sollte man sich auch als solches präsentieren. Auf Fotos oder gemeinsamen Ausflügen so, dass gar nicht der Verdacht aufkommt, ich könnte Single sein und mich für jemand anderes interessieren. Es ist oft beleidigend für den Partner, wenn man sich im Netz so darstellt, als wäre man Single, oder als Beziehungsstatus 'es ist kompliziert' angibt. Da kommt dann schon mal der ein oder andere auf die Idee, 'wenn's bei dem so kompliziert ist, dann könnte ich den ja mal anbaggern'."

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So viele Postings braucht das Glück

BestLover and #BestVacation ever! <3 | Foto: Pixabay | Ben Kerckx | Public Domain

Zu viel Geposte der gemeinsamen Liebeseinheit kann jedoch gerne mal nach hinten losgehen. Wer sein soziales Umfeld mit Kuss- und Kuschelfotos oder Statusupdates wie "bester Freund der Welt" zuballert, erntet nicht unbedingt nur bestätigende Likes, sondern auch genervtes Augenrollen. Öffentliche Angeberei mit der Beziehung lässt nämlich eher auf ein kleines Ego als ein ausgefülltes Privatleben schließen. Dazu kommt, dass aufgrund der Schicksalsergebenheit in Liebesdingen jedem Single mit den unbedachten Relationshipgoals das Maul gestopft wird. Einen schicken Strandurlaub, dafür kann man sparen, aber einen verträumten Morgen, sexy verstrubbelt im gemeinsamen Bett, das präsentiert jedem traurigen Dauersingle nur seine eigene Unzulänglichkeit.

Glückliche Paare verhalten sich übrigens automatisch respektvoller. Für eine Studie befragte Tara Marshall, Psychologin an der Brunel University in London, 555 Facebook-Nutzer über ihr Status-Verhalten. Dabei stellte sich heraus, dass Personen mit geringem Selbstbewusstsein ihre scheinbar glückliche Partnerschaft signifikant öfter in Postings präsentieren als selbstbewusste Menschen.

Ein hilfreicher Kompass dafür, was sich für ein Posting eignet, ist folgende Frage: Würdest du diese Nachricht auf einem öffentlichen Marktplatz an ein Schwarzes Brett nageln? "Wir sind jetzt zu dritt" geht da schon eher als "Hase hat mir heute wieder meine Lieblingsschokolade mitgebracht #truelove".

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Nur noch mal kurz auf Twitter nachschauen

Gemeinsame Unternehmungen sind eine stärkende Basis für jede Beziehung | Foto: Flickr | Skinny Casual Lover | Public Domain

Derjenige, der nicht internetsüchtig ist, hebe bitte jetzt den Tennisarm. Eine Mischung aus Gewohnheit und Angst, etwas zu verpassen, lässt uns minütlich in die Tasche greifen und nachschauen, ob nicht doch jemand bei WhatsApp, Threema, Telegram, im Messanger oder per SMS geschrieben hat, ob es was Neues bei Instagram, Snapchat oder Facebook gibt, was bei Twitter so los ist, oder ob nicht gerade eine tolle Klamotte bei eBay, Shpock oder Kleiderkreisel reingestellt wurde.

Wer dabei alleine vor dem Fernseher sitzt oder mit einem heißen Glühwein und Teddy im Bett abhängt, bekommt mit solch einer zeitgemäßen Abhängigkeit kaum Probleme. Kommt allerdings eine weitere Person mit möglicherweise emotionalen Erwartungen ins Spiel, wird die Sache mitunter ziemlich schwierig.

"Häufig ist es so, dass die Paare dasitzen und der eine möchte reden, der andere ist aber gerade mit Facebook beschäftigt. Er klinkt sich also emotional aus der Beziehung aus und das führt natürlich zu Stress", sagt Paarberaterin Sigrid Sonnenholzer. Zu unserem Glück hat sie das Problem nicht nur erkannt, sondern weiß auch Rat. Der klingt für den gemeinen Smartphone-User zwar erst einmal ziemlich unsexy, soll aber schon so manche Beziehung gerettet haben.

"Die Paare sollten nicht nur untereinander besprechen, was sie in diesen Netzwerken preisgeben, sie sollten auch miteinander eine Zeit vereinbaren, wie lange man abends noch im Internet unterwegs ist. Das sollte eine begrenzte Zeit sein, an die sich beide halten und die sich auch beide zugestehen; beispielsweise eine halbe Stunde. Aber wichtig ist: Wir müssen nicht ständig für die Außenwelt erreichbar sein."

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Wer abends also das Smartphone weglegt, weiß vielleicht erst am nächsten Tag, wie viele Schnitzel der Kollege beim Abendessen vernichtet hat, hat aber vielleicht mehr geschmust.

Facetime ersetzt kein Kuscheln

Beziehung auf zwei Sinne reduziert | Bild: imago

Du sitzt alleine in deiner Wohnung in Wien, sie hängt leider in Innsbruck fest. Wer eine Fernbeziehung führt, ist in den einsamen Momenten glücklich über Erfindungen wie Skype oder Facetime. Trotzdem ist das Date im virtuellen Raum nur eine Krücke, auf die sich keine Partnerschaft allzu lange verlassen sollte. Denn obwohl wir uns zwar nicht nur hören, sondern sogar dabei sehen können, bleibt die Nummer irgendwie unbefriedigend. Schuld daran ist eine ebenso simple wie entscheidende Eigenschaft räumlicher Nähe, so Sascha Neumann, Psychologe und Coach zu VICE.

"Dadurch, dass ich mit diesem Menschen den Kontakt über die Technik habe, denke ich, ich sehe meinen Partner bei Skype, dann ist doch alles in Ordnung. Dabei wird aber vergessen, dass der körperliche Kontakt in diesem Moment gar nicht existiert. Der Mensch besteht aus fünf Sinnen, von denen in dieser Situation aber maximal nur zwei Sinne befriedigt werden können."

Wie man sich per SMS nicht falsch versteht

Foto: Flickr | Mirøslav Hristøff | CC BY 2.0

140 Zeichen so zu formulieren, dass sich beide "Gesprächspartner" einig über den Inhalt sind, ist quasi unmöglich. Wer also seine Beziehung über Twitter kommentiert, selbst wenn es eine überschwängliche Liebeserklärung sein sollte, dann ist das in etwa so gefahrlos wie ein Tauchgang in der Fukushima-Ruine. Selbst E-Mails haben schon so manchen Grundsatzstreit in einer Beziehung heraufbeschworen, der allein auf Missverständnissen beruhte.

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"Der Spielraum in der Interpretation ist geringer, wenn ich im menschlichen Kontakt bin", so Neumann. "Wenn wir uns in einer Paarbeziehung gegenübersitzen, dann kann ich alle meine fünf Sinne einschalten, und merke, was ich mir erlauben kann. Ich kann nämlich schnell überprüfen: Hab ich Recht mit meiner Interpretation, stimmt die? Jetzt sehe ich gerade, du runzelst die Stirn, bist nervös deswegen oder so, also habe ich offensichtlich falsch interpretiert. Das ist bei einer Nachricht, die ich bekomme, nicht möglich."

Wer die Nachricht nicht einmal persönlich verschickt, sondern öffentlich in den sozialen Medien postet, erntet nicht nur die zweifelhaften Freuden der Fehlinterpretation, sondern möglicherweise auch einen Abend in Gesellschaft einer beleidigten Leberwurst. Merke: besser absprechen, was öffentlich gemacht wird, und in persönlichen Nachrichten nur klar verständliche, belanglose Dinge kommunizieren.

Streits besser nicht posten

Und wenn es dann mal richtig kracht—posten und alles rauslassen? Vielleicht weiß ja sogar jemand aus der gigantischen Gemeinschaft des geballten Social-Media-Wissens einen Rat, auf welche Weise sich die Beziehung ohne viel Einsatz wieder kitten lässt. Wie sich jedoch mit ein wenig Hirnschmalz und Recherche schnell feststellen lässt, wurde ein Streit noch nie via Facebook geschlichtet. Nicht einmal bei Sarah und Pietro Lombardi—und die haben das schließlich ausführlich versucht.

In den meisten Fällen ist ein beleidigtes Statement so schnell rausgehauen wie die Versöhnung nahe und im Anschluss ist es dann für alle nur noch unangenehm: für die wieder zueinander gefundenen Liebenden wie auch für die besorgten Freunde und Verwandten, die sich pflichtbewusst nach dem Befinden und dem aktuellen Beziehungsstatus erkundigen.

Und die unergründlichen Möglichkeiten des Internets beinhalten in Konfliktsituationen auch noch eine andere Komponente, die sich erst auf den zweiten Blick offenbart.

"Wenn man früher einen Konflikt hatte, musste man sich damit auseinandersetzen, sich versöhnen und das Leben weiter gemeinsam bewältigen. Heute ist es oft so, dass einem jemand, den man im Netz kennengelernt hat, sehr unkompliziert erscheint, vielleicht auch unkomplizierter als der eigene Partner. Somit hat man auch viel mehr Möglichkeiten, jemanden auszuprobieren", so Sigrid Sonnenholzer. "Man muss sich nicht einmal mehr irgendwohin bewegen. Die Energie wird also nicht mehr dafür eingesetzt, den Konflikt zu lösen, sondern dazu, eine neue Partnerschaft zu suchen."

Energieverschwendung führt also in den seltensten Fällen zu Nachhaltigkeit. Weder bei Verbrennungsmotoren noch in Liebesbeziehungen. Konzentriert eingesetzt kann sie allerdings sogar eine Beziehung durch die tückischen Fallen des Internets manövrieren. Sascha Neumann fasst das folgendermaßen zusammen: "Man könnte sagen, die Neuen Medien sind so etwas sind wie ein Verstärker dessen, was eh schon da ist. Wenn die Beziehung gut ist, wird sie noch etwas besser, ist die Beziehung schlecht, wird sie noch etwas schlechter."