Besprayte Häuser, Züge und Bahnsteige finden viele Leute in etwa so super wie Kakerlaken in der Küche. Das scheint den Mitgliedern der Berliner Graffiti-Crew 1UP jedoch scheißegal zu sein. Installierte Kameras, Privateigentum und die BVG-Security auch. Zu manchen Sicherheitsleuten scheinen sie sogar ein recht freundschaftliches Verhältnis zu pflegen, wie ihr neuestes Video zeigt.
Die Berliner Graffiti-Crew 1UP gehört zu den bekanntesten der Welt. Seit 2003 besprühen sie Häuserfassaden, Züge und U-Bahn-Schächte. Seitdem haben sie über 300 Strafanzeigen gesammelt. Geschnappt wurden sie nie. Sie maskieren sich, benutzen Handschuhe und decken Sicherheitskameras ab. Heute ist die Crew längst nicht mehr nur in Berlin aktiv. Erst im März veröffentlichte sie ihr “Graffiti Olympics”-Video auf YouTube. In dem ist zu sehen, wie die Crew Athen vollsprayt. An verschiedenen Orten gleichzeitig – gefilmt mit einer Drohne. Einen “mittelschweren Special-Forces-Einsatz” nannte ein Mitglied von 1UP die Aktion damals gegenüber Noisey: “An jeder Ecke irgendwelche Gruppen mit Knöpfen im Ohr und großen Taschen.”
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Organisation scheint bei den Einsätzen alles zu sein – und gute Kontakte, wie das neueste 1UP-Video “Berlin Summer Nights” zeigt. In dem dreieinhalb-minütigen Clip ist unter anderem zu sehen, wie Mitglieder der Graffiti-Crew zwei Männer, die wie BVG-Securitys gekleidet sind, ganz selbstverständlich mit Handschlag begrüßen. Ein paar Sekunden später wird das noch getoppt: Ein mutmaßlicher Arbeiter überrascht die Crew in einem U-Bahn-Schacht. “Tachchen. Erwischt, Jungs”, sagt der Mann, lacht, und meint dann: “Nein, alles gut. Chill!”
Die BVG wirkt allerdings alles andere als amüsiert. Eine hörbar gestresste Pressesprecherin kündigte gegenüber VICE an, man werde sich im Laufe des Tages mit der betreffenden Sicherheitsfirma zum Gespräch treffen. “Wir prüfen derzeit den Sachverhalt. Durch die Graffitis können wir ungefähr eingrenzen, wann die Szenen aufgenommen wurden”, so die Sprecherin. Gerüchte, die auf YouTube die Runde machen, nach denen ein Mann namens Mathias bereits gefeuert worden sei, träfen nicht zu. Auch bei der BVG gelte zunächst: Im Zweifel für den Angeklagten: “Stellen Sie sich mal vor, Sie treffen jemanden, den Sie kennen, auf der Straße und der begrüßt Sie mit Handschlag”, so die Sprecherin. “Vielleicht wusste der Mitarbeiter ja gar nicht, dass es sich bei der Person um einen Graffiti-Sprayer handelt.”
Wollen wir für den Security-Mitarbeiter – sofern er nicht einfach nur als solcher verkleidet ist – hoffen, dass er und der Sprayer alte Schulfreunde sind, und er von den dunklen Hobbys seines Kumpels rein gar nichts wusste. Oder dass er das der BVG zumindest glaubhaft verklickert kriegt – sein Arbeitgeber gibt nämlich jährlich rund drei Millionen Euro für die Entfernung von Graffitis aus.