Aretha Franklin, eine der bedeutendsten Sängerinnen ihrer Generation und zudem eine herausragende Persönlichkeit der zeitgenössischen amerikanischen Musik und Geschichte, verstarb vorige Woche Donnerstag im Alter von 76 Jahren bei sich zu Hause in Detroit. Die Todesursache: fortgeschrittener Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Nebst unzähligen Künstlerinnen und Künstlern äussert sich auch ihre Familie öffentlich zum traurigen Vorfall: “Wir können den Schmerz in unseren Herzen nicht in Worte fassen. Wir haben die Matriarchin und den Fels unserer Familie verloren. Dies ist einer der dunkelsten Momente unseres Lebens.”
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Nicht nur ihr erstaunlicher Stimmumfang sondern auch ihr eindrucksvolles Auftreten auf und neben der Bühne machte Aretha zur Queen of Soul. Sie verkaufte während fünf Jahrzehnten 75 Millionen Platten, gewann 18 Grammy Awards und war die erste Frau in der Rock & Roll Hall of Fame. 2005 wurde sie gar mit dem Medal of Freedom ausgezeichnet. Damit wurde ihr Beitrag geehrt, das künstlerische und kulturelle Erbe der USA mitgeformt zu haben. “Niemand verkörpert die Verbindung zwischen Afroamerikanischer Musik, Blues, R’n’B und Rock & Roll mehr als sie es tut. Sie formt die Art, wie Not und Elend in etwas Wunderschönes, voller Leben und Hoffnung, verwandelt wurde”, äusserte sich Barack Obama gegenüber Aretha in 2016.
Aretha Louise Franklin wurde am 25. März 1942 in Memphis, Tennessee geboren. Nach zahlreichen Umzügen, die in Detroit endeten, entwickelte sich ihr Zuhause zu einem Treffpunkt aller möglichen Leute: von Ella Fitzgerald zu Dr. Martin Luther King Jr. und Duke Ellington. Sie trafen sich regelmässig in einem Raum, welches mit einem Grand Piano ausgestattet war. Diese musikalischen Zusammenkünfte hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf Aretha und ihre Beziehung zur Afroamerikanischen Musik.
Aretha wurde bereits mit 13 Jahren Mutter ihres ersten Kindes. 1948 trennte sich ihre eigene Mutter von Arethas Vater Clarence. Sie hatte genug von seinem Gespött und war es leid, mit einem 13-jährigen Mädchen ein Kleinkind grosszuziehen. Arethas zweites Kind folgte, als sie 15 war.
Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1952 wurde sie unter anderem von ihren Grosseltern grossgezogen. Schon bald gab sie grössere Konzerte. Aretha begleitete ihren Vater, der einer der einflussreichsten Musiker seiner Zeit war, auf seine Gospel-Tour und fungierte da als Sängerin und Pianistin. Mit 14 Jahren nahm sie bereits ihre ersten Gospelsongs auf. Obschon Gospel eine hoffnungsvolle Message verbreiten sollte, war die Gospelwelt bekanntlich äusserst hedonistisch. Geschichten der Szene zu dieser Zeit grenzen an Skandale.
Aretha, sowie auch ihr guter Freund und damaliger Schwarm Sam Cooke, wollte sich irgendwann der weltlichen Popmusik widmen und unterschrieb 1960 einen Vertrag mit Columbia. Der Einstieg in die neue Szene erfolgte langsam. Sie wusste nicht so recht, was sie sein wollte. Ihr erstes Album Aretha: With the Ray Bryant Combo hatte nicht den Erfolg, den sie sich erhofft hatte.
1961 heiratete Aretha Ted White, einen Typen, der irgendetwas zwischen Pimp und Promoter sein wollte (wobei eher Ersteres zuzutreffen schien). Mitte der 60er Jahre veröffentlichte Aretha eine handvoll Platten. Doch keine der für sie auserwählten etwas eintönigen Jazz-Songs konnten die gänzliche Fülle ihrer Stimme einfangen. Obschon kommerziell und auch finanziell auf einem guten Weg, war Aretha noch weit weg von einem Leben als Superstar. Erst als sie 1967 anfing, mit Atlantic zu arbeiten, begann sie sich kreativ neu auszuleben..
Ihre Musik nahm ganz neue Formen an. Diese Veränderung wurde durch den Erfolg der Songs “I Never Loved A Man (The Way I Love You)” und “Mockingbird” in Gang gesetzt. In ihrer neuen Musik konnte sie ihre einzigartige Stimme endlich angemessen präsentieren. Ihre vollen, tiefen Töne und ihre kraftvolle Sopranstimme trugen dazu bei, dass sie in den R’n’B Charts rasch an die Spitze gelangte und in die Top 10 des Billboard Hot 100 landete. Dies sollte jedoch erst der Anfang ihrer glanzvollen Karriere sein.
Bald darauf folgte “Respect”. Der Song, der ursprünglich von Otis Redding gesungen wurde, etablierte sich zu Arethas Signatur-Song. Das Lied handelt von der Frauenrechtsbewegung und der Freiheit der Schwarzen Bevölkerung. Seit Arethas Perfomance des Songs wollte ihn Redding nicht mehr anrühren, so sehr hatte sie das Lied für sich gewonnen.
Da kamen ihre Hits ins Rollen. Nebst “I Never Loved A Man (The Way I Love You)” und “Mockingbird” kamen auch “(You Make Me Feel Like) A Natural Woman” – geschrieben von Carol King und Gerry Goffin –, “Chain of Fools”, “I Say a Little Prayer for You” und “Think” allesamt in die Top 10 der Billboard Hot 100. Da wurde sie bereits beinahe global als bedeutendste Pop-Sängerin gepriesen.
Ariana Grande ehrte Aretha in Jimmy Fallons Tonight Show mit einem Cover ihres kraftvollen Songs “(You Make Me Feel Like) A Natural Woman”
Alles schien perfekt aufzugehen. Alles, ausser ihrer zerstörerischen Beziehung mit White. Er war eifersüchtig, manipulativ und misshandelte sie körperlich. 1969 liessen sie sich scheiden. Diese Trennung führte zu zwei ihrer persönlicheren Aufnahmen in Spirit in the Dark und Young, Gifted and Black, die beide sehr erfolgreich waren.1972 kehrte sie mit der Live-Platte Amazing Grace zu ihren Wurzeln, dem Gospel, zurück. Die LP ist noch immer die meistverkaufte Platte Arethas. Sie sprang zwischen den verschiedenen Musikstilen hin und her, die sie alle gleichermassen perfekt beherrschte.
Nach diesem erfolgreichen Musik-Marathon wurde sie von tragischen Umständen ihres persönlichen Lebens eingeholt. Ihr Vater wurde 1979 von Einbrecher in Detroit angeschossen und lag sechs Monate im Koma. Wieder Zuhause, benötigte er Rund-um-die-Uhr-Pflege, weshalb sie schliesslich aus Los Angeles zu ihm zurückkehrte. Zwei Jahre später, in 1984, verstarb er. Zeitgleich liess sie sich von ihrem zweiten Ehemann Glynn Turman scheiden.
Trotz dieser dunklen Zeit, fand sie ihren Erfolg beim neuen Label Arista. Durch einen Gastauftritt in John Landiss Blues Brothers erlangte sie so etwas wie ein Comeback. So war sie bald zurück in den Charts und bewies erneut, dass sie die einzig wahre Queen of Soul war.
Als jedoch 1991 ihr Album What You See Is What You Sweat in den Charts floppte, blieb sie dem Studio sechs Jahre lang fern. Und dann, wie immer, warf sie sich wieder zurück nach oben. Wieder war dies den Blues Brothers zu verdanken, wo sie die Rolle von Mrs. Murphy für Blues Brothers 2000 spielte. Ihr Comeback 1998 war jedoch vor allem ihrem stilsicheren Umgang mit den zeitgenössischen Trends zuzuschreiben. Aretha schien sich in ihrer neuen Welt zuhause zu fühlen.
Zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Songs “A Rose Is Still a Rose”, sprang sie bei den Grammys 1998 für Luciano Pavarotti ein. Ihre Performance von “Nessun Dorma” war keineswegs makellos und genau dies machte Arethas Kunst aus. Die Wurzeln ihrer Musik waren nicht zur Perfektion bestimmt. Die würdevollen Steigungen ihrer Stimme, sowie auch die plötzlichen Gefälle, als wären die Töne an massive Gewichte geheftet, machten ihren Auftritt einzigartig. Sie harmonierte mit den Streichern wie mit einem Gospelchor. Aretha fand den Schmerz in einer Puccini Arie und präsentierte ihn mit einer überwältigenden Kraft.
Doch schon seit einiger Zeit schien Arethas Gesundheit abzunehmen. Sie liess sich in 2010 mit einem operativen Eingriff einen Tumor entfernen und sah sich trotz erfolgreicher Behandlung gezwungen, eine Vielzahl Live-Shows abzusagen. 2017 setzte sie sich zur Ruhe und meinte, sie werde nicht mehr auf Tour gehen, doch sie wolle weiterhin ihre Alben veröffentlichen. “Ich fühle mich sehr sehr bereichert und bin zufrieden mit dem Weg, den ich mit meiner Karriere zurückgelegt habe”, sagte sie damals.
Nachdem die Nachricht von Arethas Tod die Öffentlichkeit erreicht hatte, bekannten zahlreiche, von ihrer Musik inspirierten Künstler ihre Trauer. “Ich bete für die wundervolle Goldene Seele, Aretha Franklin”, schrieb Diana Ross.
“Ich salutiere vor der Queen, der grossartigsten Sängerin, die ich je gekannt habe”, twitterte John Legend. Auch Paul McCartney äusserte sich in einer bewegenden Nachricht zu Arethas Tod:
Alicia Keys und Nicki Minaj ehrten sie mit einem Cover auf Queen Radio:
Auch Otis Redding hat unseren Respect verdient:
Dieser Artikel stammt ursprünglich aus unserer Redaktion in den USA.