So denkt der erste blaue Vizebürgermeister Wiens

Im Januar 2014 haben wir Johann Gudenus in seinem Büro im Rathaus besucht, um mit ihm für unsere Doku über den Akademikerball, die FPÖ und Burschenschaften zu sprechen. Wir haben damals nur einen sehr kurzen Teil des Interviews gebracht, es uns jetzt aber noch einmal angesehen, weil Johann Gudenus nun der erste blaue Vizebürgermeister Wiens wird. Weitere Teile des Gesprächs möchten wir nun in diesem Artikel zeigen, um einen besseren Eindruck von Gudenus zu bekommen.

Denn auch, wenn es die FPÖ nicht in die Regierung schafft, was mit einer von Michael Häupl geführten SPÖ eigentlich sicher ist, hat die FPÖ als zweitstärkste Partei den Anspruch, einen Vizebürgermeister zu stellen. Das besagt die Wiener Stadtverfassung. Auch eine Oppositionspartei darf, wenn sie auf mehr als ein Drittel der Mandate kommt, einen Vizebürgermeister stellen. Außer einem schönen Titel, mehr Geld und einem neuen Büro erhält Gudenus aber keine Befugnisse. Kein Ressort und keine Macht, aber es klingt gut und trägt dazu bei, dass sich die FPÖ als Partei mit Regierungsverantwortung präsentieren kann.

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Die Europäische Union ist der Faschismus mit lächelndem Gesicht.

Man kann bei seinem seriösen und höflichen Auftreten kurz vergessen, wie hart die Worte aus seinem Mund sind. Bei einem Treffen führt er im Vorfeld gekonnt Smalltalk und sagt nichts Falsches. Man möchte nicht ganz glauben, dass Gudenus in Reden an den früheren Strache erinnert—an einen Strache, der sich noch nicht als künftiger Präsident zu inszenieren versucht hat.

Inhaltlich sind sie oft alles andere als staatsmännisch oder kultiviert. Gudenus spricht von Türkenbelagerungen oder systematischer Umvolkung und ist dabei nicht weit weg von der Weltanschauung seines Vaters. Unter Gudenus’ Obmannschaft schrieb der RFJ Dinge wie: „Europa ist die Wiege der Weißen. Es braucht ein Bekenntnis dazu, dass Europa weiß ist.”

Im Vorfeld der Nationalratswahl 2013 sagte er in einer Rede: „Wenn wir Freiheitliche den Innenminister stellen werden, dann ist es vorbei mit dem Tischlein deck dich für illegale Asylwerber … Dann heißt es bei Bedarf auch Knüppel aus dem Sack … Ab nach Hause, hatsch ma ham nach Pakistan.”

Dass die FPÖ Bevölkerungsgruppen diskriminiert, sieht sie aber nicht („Wir grenzen niemanden aus … schon gar nicht unsere Wiener”). Vielmehr fühlen sich ihre Mitglieder selbst und die Partei immer wieder Hetze und Diskriminierung ausgesetzt.

So bestätigt Gudenus in unserem Gespräch vergangenes Jahr die Aussage von Heinz-Christian Strache, die Besucher des Akademikerballs seien „totalitären Massenpsychosen” ausgeliefert gewesen. Zum wiederholten Male nennt er Antifaschismus den neuen Faschismus.

„Wir wollen ein Europa der Vaterländer”, sagt Gudenus in dem Gespräch außerdem. Er übt Kritik an der EU—auch das ist nicht neu aus den Reihen der FPÖ—nennt die EU „nicht mehr demokratisch”, schreibt ihr kommunistische Züge zu und zitiert (nein, nicht Erich Fried): „Die Europäische Union ist der Faschismus mit lächelndem Gesicht.” Das vermeintliche Zitat stammt aus dem Jahr 1976 und basiert auf einem tatsächlichen Zitat von Erich Fromm.

Dass der viele Jahre, bevor die EU als Begriff überhaupt existiert hat, das so gesagt haben soll, ist natürlich falsch. Gudenus hat das Zitat in einer Rede im Wiener Landtag 2007 schon einmal verwendet. Es klingt natürlich gut, wenn man in einer EU-kritischen Rede einen anerkannten Philosophen und Sozialpsychologen zitieren kann. Es macht das Zitat allerdings nicht wahrer.

Die Euphorie über eine doch nicht so starke FPÖ ist nach der Wien-Wahl nicht ganz angebracht. Die FPÖ hat in Wien zugelegt, sie stellt einen Vizebürgermeister und bekommt durch den Stimmengewinn mehr Geld und Posten. Auch Menschen mit Ansichten wie Johann Gudenus.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos.