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Das schwärzeste Material der Welt ist in der Kunst angekommen

Ein britischer Bildhauer darf Vantablack exklusiv für seine Werke nutzen.

Im Sommer 2014 kreierten britische Forscher ein Material, das fast so dunkel ist, wie ein schwarzes Loch. Vantablack absorbiert 99,96 Prozent der visuellen Strahlung und verwirrt damit unser Gehirn. Objekte oder Oberflächen, die damit bestrichen sind, verlieren scheinbar jegliche Kontur oder Form. Man sieht nichts als surreale, unendlich schwarze Tiefe.

Das Material, das aus einem Netz hauchdünner Kohlenstoffnanoröhrchen besteht, wird vor allem in der Weltraumforschung eingesetzt. Doch schon im September 2014 bekundete der international angesehene, britische Bildhauer Anish Kapoor im Interview mit der BBC Interesse, mit Vantablack Kunst zu machen. „Stell' dir einen Raum vor, der so schwarz ist, dass du, wenn du hinein gehst, jegliches Gefühl für Zeit verlierst; nicht mehr weißt, wo oder was du bist", schwärmte Kapoor. „Dann passiert etwas mit deinem emotionalen Selbst." Es werde nur noch ein paar Monate dauern, bis er tatsächlich damit werde arbeiten können, sagte der Bildhauer auf Nachfrage der Moderatorin damals siegessicher.

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Das Vantablack in der Schale wirkt wie ein tragbarer Abgrund. Die Struktur der Alu-Folie ist nicht zu erkennen.

In Deutschland ist Anish Kapoor für die Gestaltung eines Altarsteins in der Dresdner Frauenkirche bekannt oder auch für die Skulptur „Memory", eine Auftragsarbeit für die Deutsche Guggenheim. Nun ist ihm der große Coup tatsächlich gelungen. Wie Daily Mail berichtete, sicherte sich der Bildhauer ein exklusives Nutzungsrecht am bisher schwärzesten Schwarz. Gar von einem Krieg unter Künstlern um dessen Verwendung war im Titel der britischen Zeitung die Rede. Surrey NanoSystems, die Forscher die Vantablack entwickelten, nahmen in einem Facebook-Post dazu Stellung:

Vantablack sei keine Farbe, schrieben sie, und auch von einem Krieg hätten sie nichts gehört. Die Kooperation mit Kapoor dementierten sie jedoch sogar auf Nachfrage zahlreicher User nicht.

Einer, der ebenfalls gerne mit dem Superschwarz arbeiten würde, ist der Künstler Christian Furr. Er wurde bekannt als der jüngste Maler, der jemals die Queen hatte portraitieren dürfen. „Alle großen Künstler hatten eine Faszination für Schwarz: Turner, Manet, Goya. Vantablack ist das Dynamit der Kunstwelt", sagte Furr gegenüber Daily Mail.

Über die Details des Deals ist nichts bekannt. Zu welchem Preis Vantablack zu haben ist, sei aus „militärischen und anderen Gründen geheim", sagte Ben Jensen von Surrey NanoSystems gegenüber Motherboard. Das heißt übersetzt so viel wie: Irre teuer. Doch Kapoor scheint sich das Superschwarz leisten zu können. Laut einem Bericht des Kunst-Magazins Monopol ist der Bildhauer, der regelmäßig auf der „Rich List" der Sunday Times auftaucht, rund 130 Millionen Pfund schwer.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Faszination um eine ultimative (Nicht-)Farbe die Kunstwelt in Aufruhr versetzt. 1960 setzte sich Yves Klein ein ewiges Denkmal, in dem er sein monochromes Ultramarin unter dem Namen „International Klein Blau" patentieren ließ. In nahezu manischer Akribie entwickelte er gemeinsam mit einem Apotheker und einem Chemiker ein Bindemittel, das die Farbpigmente des Blaus nicht ihrer Kraft beraubte. Dieses sonderte jedoch giftige Dämpfe ab, mit denen Klein regelmäßig—und ohne sich über das Risiko im Klaren zu sein—in Berührung kam. Seine große Entdeckung könnte den berühmten Maler also sogar das Leben gekostet haben.

Die faszinierende Sogwirkung, die beim Betrachten des „International Klein Blau" entsteht, dürfte Vantablack bei Weitem übertreffen. Kaum auszumalen, welche Effekte Künstler mit dem Superschwarz erzielen könnten. Das Recht, dies auszuprobieren, liegt nun exklusiv bei einem der finanzstärksten Bildhauer der zeitgenössischen Kunst.

Teaserfoto: Screenshot Surrey NanoSystems