Wo ist das ganze Öl von der Deepwater Horizon gelandet?
Die Löscharbeiten nach der Explosion der Deepwater Horizon. Bild: Wikimedia CommonsU.S. Coast GuardGemeinfrei

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Wo ist das ganze Öl von der Deepwater Horizon gelandet?

BP behauptet gern, das Öl habe sich aufgelöst. Doch eine Untersuchung zeigt, dass sich von den fünf Millionen Barrel ausgelaufenen Öls zwei Millionen auf dem Meeresgrund im Golf von Mexiko abgelagert haben.

Hat sich jemand von euch schon mal gefragt, was eigentlich mit dem ganzen Öl passiert ist, das BP nach der Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon in den Golf von Mexiko sprudeln lassen hat und das nicht an der  Küste gelandet ist? Nun, da gibt es zwei Versionen:

Die von BP (es ist verschwunden, alles ist gut und dem Golf geht es prima) und die von einem Forscherteam der Universität Santa Barbara. Die Wissenschaftler führten eine großangelgte Studie zu dem verschwunden Öl durch und kamen zu folgendem Ergebnis: Fast ein Drittel des ausgelaufenen Öls liegt als ringförmiger Teppich um die Austrittsstelle verteilt auf dem Meeresboden. Das sind bis zu zwei Millionen Barrel Öl. Hoppla.

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Die exakte Menge des ausgetretenen Öls entscheidet letztlich auch über die Entschädigung, die der Konzern zahlen muss. Momentan liegen die Schätzungen bei 4,9 Millionen Barrel (offizielle Schätzung der US-Justiz) und 3,1 Millionen Barrel (laut BP).

Doch eine große Menge Öl erreichte nie die Oberfläche, und die Preisfrage ist nun: Wo ist das Zeug geblieben? Geht es nach dem Sprecher von BP, habe sich das Öl unter der Oberfläche „aufgelöst, verflüchtigt oder zersetzt". Während sich der Konzern in einem Artikel namens „No, BP didn't ruin the Gulf" im Umgang mit der Katastrophe für seine „unvergleichliche, nie dagewesene Reaktion" auf die Schulter klopft, nahm eine Forschergruppe von der Uni Santa Barbara in Kalifornien 3000 Sedimentproben rund um die ehemalige Plattform. Um dem Öl auf die Spur zu kommen, maßen die Autoren die Hopan-Konzentration in den Sedimenten, die ein Indikator für Ölvorkommen ist.

Nach Auswertung der Proben stellten sie fest: Auf einer Fläche von ungefähr 2300 Quadratkilometern (das ist ungefähr so groß wie der Yosemite-Nationalpark) hatte sich rund um das Bohrloch ein Großteil des „verschwundenen" Öls als Spritzer und Tröpfchen in vertikalen Schlieren abgesetzt und war mit der Zeit weiter in Richtung Meeressand gesunken.

Nun liegt das Öl versprengselt in murmelgroßen Tröpfchen eingesunken im Meeresboden. Ganz besonders betroffen sind Tiefseekorallen, auf denen die Mikrobiologen besonders hohe Konzentrationen fanden.

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Welche Ausmaß das Unglück tatsächlich auf die Umwelt hat, wird momentan noch geschätzt. Das letzte Wort in dieser Sache liegt beim  Natural Resource Damage Assessment, dessen finaler Bericht über die Auswirkungen der Ölpest noch aussteht.

In der schlimmsten Ölkatastrophe aller Zeiten strömten vor etwas mehr als vier Jahren neben mehreren Millionen Barrel Öl auch 500.000 Tonnen des Treibhausgases Methan ins Meer. Experten hofften zunächst, dass Meeresbakterien aus dem Golf das meiste Methan innerhalb weniger Monate zersetzen würden. Doch im vergangenen Mai stellte ein US-Forscherteam fest, dass die Mikroben keine große Lust auf das Gas hatten und es nur  unzureichend abbauten.

BP, die vor einem Monat der groben Fahrlässigkeit für ihre Rolle im Unglück für schuldig befunden wurde, wiegelte sofort nach der Veröffentlichung ab und bezichtigte die Autoren der Studie in einer Stellungnahme an Montag einer „massiven Überschätzung der Menge des verbleibenden Macondo-Öls auf dem Meeresboden und im Fundgebiet." Gerne zitiert BP in diesem Zusammenhang auch die natürlichen Austritte des Öls im Meeresboden des Golfs—doch das ringförmige Muster, das die Mikrobiologen um die ehemalige Plattform identifizieren konnten, lässt eindeutig auf den Zusammenhang mit der BP-Explosion 2010 schließen.

Doch warum ist das Öl gesunken? Die Autoren der Untersuchung im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences vermuten, dass die umstrittenen 7,5 Millionen Liter giftiger Chemikalien, die BP auf den Ölteppich sprühte, um ihn zu zersetzen, zum Teil dafür verantwortlich sind. Doch es muss noch einen weiteren Akteur geben, der die Schlicken so sehr beschwert, dass sie herabsinken, schrieben die Wissenschaftler.

Vermutet wird nun, dass sich die natürlichen Bakterien, die das Öl zersetzen können, mit den Tröpfchen verbunden haben und gesunken sind. Doch bei einer Umweltkatastrophe dieses Ausmaßes sind noch viele Fragen offen, so der Mikrobiologe und Co-Autor der Studie David Valentine gegenüber U.S. News: „Wir haben keine Ahnung, wie das funktioniert, weil noch nie so viele Chemikalien im Wasser eingesetzt wurden. Der Fall ist noch lange nicht abgeschlossen".