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Frankreich

Ich war auf einem Schnecken-Festival

Wenn ein paar Schülerinnen bei einem französischen Metal-Festival Schnecken zum Verzehr anbieten, dann ist die Hölle los. Ich hab das Ganze mal ausprobiert und denke, dass die Köche im Pariser Chateaubriand auf der Hut sein sollten!
Photo by Joël Kwan via Flickr

Clisson ist eine Kleinstadt in West-Frankreich mit nur gut 6000 Einwohnern. Dort zu sehen gibt es eine Burg und … sonst eigentlich nichts weiter. Aber seit 2006 ist dieses verschlafene Nest jedes Jahr der Ort, wo das Hellfest Metal-Festival stattfindet und die Bevölkerung um ungefähr 100.000 Metalheads aus der ganzen Welt anwächst.

Ich war bei dem Festival, um darüber zu berichten, was dort so passiert. Ich habe allerdings nicht erwartet, auf so etwas wie das Shellfest zu treffen, das auf dem nahegelegenen Marktplatz vonstatten ging. Der Banner von der Metalhand, die aus einem Schneckenhaus herauskommt, hat mich magisch angezogen—Schneckensatan? Darunter saß eine Gruppe weiblicher Teenager, die frische Weinbergschnecken verkauften. OK, das war zwar irgendwie typisch französisch, aber bei einem Metal-Festival habe ich doch mehr Schweineblut erwartet, und keinen Tisch voller schleimiger Weichtiere.

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Photo via Shellfest

Die 16-jährigen Mädels gingen auf die örtliche Schule und ihr Englischlehrer Cyril Richard hatte die Idee, das Festival als Möglichkeit zu nutzen, der ganzen Welt die Esskultur der Region näher zu bringen und die Schüler mit den internationalen Zuschauern bekannt zu machen. Ich habe mich gefragt, ob Iron Maiden zwischen den Sets mal vorbei geschaut und die Schnecken probiert hat.

Die Idee war sicherlich gut—aber es war auch ziemlich irritierend, dass hier Schnecken einfach so verkauft wurden. In meiner Vorstellung gehören Weinbergschnecken zu diesen schicken, alten Überresten der französischen Küche (zwar nicht ganz so bedenklich wie Froschschenkel, aber nur knapp dahinter). Schnecken bei einem Metal-Festival zu essen, fühlte sich an, als würde ich bei einem Hundekampf ein paar Éclairs verputzen oder so.

Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich mal Lust auf etwas Außergewöhnliches. Meine bisherige Ernährung bei diesem Trip zeichnete sich nicht unbedingt durch Abwechslung oder Kreativität aus. Die französische Küche hat im Ausland den Ruf, besonders gehoben zu sein, aber wenn du erstmal außerhalb von Paris bist, dann findest du hauptsächlich nur noch viele Variationen von Fleisch, Käse und Brot. Ich hab keine Ahnung, was vegane oder auf Gluten allergische Leute hier machen sollen, außer die ganze Zeit vor Verzweiflung und Hunger gelähmt zu sein.

French high school students. Photo by the author.

Französische Schülerinnen. Foto: Autor Malcolm Fraser

Richard erklärte, dass Schnecken in der Region eine Delikatesse seien. Er und viele der Bewohner sind zwar Hobby-Schneckenfänger, aber für das Festival hat er einen ganzen Haufen bei einem örtlichen Bauern gekauft. Für Richard war das Konzept eine clevere Möglichkeit, sowohl die vielen internationalen Besucher des Festivals dazu zu bringen, Essen aus der Alten Welt zu probieren, als auch seinen Schülern das Leben außerhalb der Kleinstadt näher zu bringen (folgender Spruch richtete sich an die Menge: „Helft uns, aus unserem (Schnecken)Haus zu kommen!"). Vielleicht dachte er sich—gerade als sich neben uns eine Gruppe Metal-Bros gegenseitig herausforderte, von der Brücke in die Loire zu springen—, dass sich dann die Rocker aus aller Welt auch an diese schleimigen Leckerbissen wagen würden.

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Der erzielte Gewinn sollte den Schüler beim „Entdecken der Welt" helfen und mehrere nicht genannte Projekte der Schule unterstützen. Dieser Zweck erschien mir etwas unklar, aber ich mochte die Kreativität der Aktion. Meine Zweifel waren endgültig ausgeräumt, als die Mädchen mich dazu drängten, das Ganze mal zu probieren. Ich war auch glücklich, endlich mal etwas anderes als bloßes Baguette essen zu können.

Die Weinbergschnecke war zäh, fast wie eine Muschel, und schmeckte moschusartig, ähnlich dem Geschmack von Fisch. Wie sich Richard und seine Schüler sicher schon gedacht hatten, war das Ganze viel zu spannend, um es bei nur einer Schnecke zu lassen—ich brauchte mehr.

Nach einigen weiteren Bissen überredeten ein paar der Mädchen mich, ein „Shellfie" zu machen, dass dann auf den Shellfest-Instagram-Account hochgeladen wurde.

Und ich war definitiv nicht der Einzige. Wenn du dir die Shellfest-Instagram-Seite mit den Dutzenden Schneckenessern (entweder tätowiert, gepierct, betrunken oder alles zusammen) ansiehst, dann wirkt diese wie ein dicker Mittelfinger mitten ins Gesicht der steifen Haute Cuisine. Sie scheinen zu sagen: „We're here to take your snails to Hell!"

Nur Gott weiß, was sie mit Froschschenkeln angestellt hätten.

Oberstes Foto: Joël Kwan | Flickr | CC BY 2.0