Diese gruseligen Torten sind zum Sterben gut

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Tod

Diese gruseligen Torten sind zum Sterben gut

Die Karriere von Annabel de Vetten—a.k.a. Annabel Lecter—begann als bildende Künstlerin. Mittlerweile betreibt sie ein recht unorthodoxes Tortengeschäft, für das sie die schaurig-schönsten morbiden Kreationen erschafft.

Das erste Mal trafen wir Annabel de Vetten (a.k.a. Annabel Lecter) vergangenen Monat, als sie VICE von ihrem unorthodoxen Kuchendesign-Business, der Conjurer's Kitchen, erzählte. Zu ihren beeindruckend gruseligen Arbeiten zählen ein zweiköpfiges Kalb, ein aufgeschnittener Oberkörper und ein lebensgroßer Dexter-Leichenkuchen. Sie bezeichnet ihre eigene bunte Geschichte, wie sie zu diesem ungewöhnlichem Beruf kam, selbst als „langweilig": Ihre Entwicklung von der Malerei auf Leinwänden zu Augenhöhlen aus Buttercreme begann mit der Hochzeitstorte eines Freundes und von da an erlebte ihr Geschäft eine Blüte. Seither hat die ehemalige deutsche bildende Künstlerin und Tierpräparatorin noch ein weiteres Medium für sich entdeckt: Schokolade. Sie formt erschreckend realistische lebensgroße Schädel—von Vögeln, Katzenbabys und siamesischen Zwillingen—und anatomische Figuren aus hochwertiger belgischer Schokolade. Und das Geschäft läuft: handgemachtes Essen, das in kleinen Mengen produziert wird, erlebt gerade einen riesigen Aufschwung und etwas Handwerklicheres als ein maßgefertigter Schokoladen-Katzenschädel ist kaum vorstellbar.

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„Das Schokoladenprojekt entwickelte sich ganz natürlich, nachdem ich auf ein essbares Medium umgestiegen war", erklärt de Vetten. „Ich las Dr. Paul Koudounaris Buch Empire of Death und staunte über die bemalten Schädel im Beinhaus der St. Michaelskirche in Hallstatt in Tirol. Dann hatte ich die Idee, selbst einen aus Schokolade zu machen. Ich dachte gar nicht wirklich darüber nach, ob das etwas sein könnte, das meinen Kunden gefällt und das ich verkaufen könnte. Ich wollte einfach so einen Schädel haben, und da ich keinen echten haben konnte, machte ich eben selbst einen aus Schokolade. Es gibt bereits menschliche Schädel aus Schokolade zu kaufen, aber ich wollte, dass meiner ein bisschen anders wird. Nachdem ich ein bisschen mit menschlichen Schädeln experimentiert hatte, recherchierte ich und bemerkte, dass niemand Tier- oder Vogelschädel aus Schokolade herstellt. Ich war sehr überrascht, weil das für mich so naheliegend war."

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Fotos mit freundlicher Genehmigung von Annabel de Vetten.

„Also machte ich welche und zu meiner Freude wurden sie großartig! Einige davon verwendete ich für einen Kuchen für eine Hochzeitsmesse, den ich mit Krähen-, Eulen-, Babykatzen- und Affenschädeln verzierte und das Bild davon verbreitete sich viral im Internet (wie dämlich von mir, dass ich kein Wasserzeichen drauf gemacht hatte!) und dann führte eins zum anderen. Viele meiner Follower befinden sich außerhalb von Großbritannien, deshalb war es am sinnvollsten, kleine Produkte zu vernünftigen Preisen, die man per Post verschicken kann, herzustellen, um die Leidenschaft für gruslige Schokolade auf der ganzen Welt verbreiten zu können (wenn es das Wetter erlaubt). Sogar in meinen dunkelsten „Goth"-Tagen als Teenager hasste ich die Sonne und Hitze noch nie so sehr wie heute.

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De Vetten ist ja nicht die Einzige, die schaurig-schöne Kuchen oder Süßigkeiten macht, aber ihre Arbeit ist im Hinblick auf Qualität und Detailreichtum etwas Einzigartiges. Die Produkte der Conjurer's Kitchen sehen extrem echt aus und dazu braucht es jemanden, der das Handwerk wirklich beherrscht. Sie schreibt ihre ruhige Hand und ihr Auge für Details ihrem künstlerischem Hintergrund zu, aber ihre Dekorations- und Konditorfähigkeiten hat sie sich komplett selbst beigebracht.

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„Warme Hände sind ein Alptraum!", lacht sie. „Die Qualität macht einen riesigen Unterschied, nicht nur wegen des Geschmacks, sondern auch wenn es darum geht, wie gut sich die Schokolade bearbeiten lässt. Jedes Stück Schokolade wird mehrere Male bearbeitet und wenn die Qualität der Schokolade nicht gut ist, wird sie beschädigt, während ich sie in meinen Händen halte und bemale, sogar wenn ich Baumwoll- unter Gummihandschuhen trage."

Die Conjurer's Kitchen hat mittlerweile keinen Platz mehr in Annabels privater Küche und mit der Expansion im Hinterkopf hat sie eine Kickstarter-Kampagne gestartet, um das Geld für ein professionelles Schokoladentemperiergerät zu sammeln, mit dem die Produktionszeit extrem verkürzt und somit ihre Produktivität erhöht wird. Für eine ihrer Torten benötigt sie zwei bis drei 12-Stunden-Tage. Im Vergleich dazu gehen ihre Schokoladenfiguren ein bisschen schneller. Aber wenn Annabel bald ihr Kocharsenal um ein paar scharfe Waffen erweiter, sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt. Ihre Kickstarter-Kampagne brachte mehr als 5.400 Euro ein bei einer Zielsumme von umgerechnet 2.000 Euro.

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„Diesen Erfolg hatte ich nicht erwartet!", sagt sie. Mit dem Profit will sie ihr Schokoladenprojekt noch weiter ausbauen. „Manchmal ist es nicht einfach, das Richtige zu tun. Viele Kreative verkaufen ihre Arbeit sehr billig, aber auf lange Sicht ist das nicht gut. In der Lage zu sein, sich Zeit zu nehmen, etwas zu erschaffen, das sich dann hoffentlich auch gut verkauft, ist ein Luxus."

Mit dem neuen Produktionsequipment bleibt Annabel auch mehr Zeit zum Experimentieren. „Ich würde sehr gerne mit Füllungen und verschiedenen Geschmäckern arbeiten", sagt sie. „Für hautfarbene Figuren habe ich schon Chili mit weißer Schokolade vermischt. Die natürliche Farbe der Chili ist ideal und schmeckt super."

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Die Liste von Annabels Kunden, die sie schon mit Schokoladenschädel versorgt hat, ist beeindruckend: Sie hat bereits mit dem Barbican Centre, der British Library, Obscura, dem Laden aus der Discovery Science-Sendung Oddities und vielen anderen zusammengearbeitet. Besonders viele Fans hat sie in der Death-positivity-Community und unter medizinischen Historikern, Bestattungsunternehmern und unter Fans von Einrichtungen, die sich mit dem Tod beschäftigen, wie zum Beispiel das Morbid Anatomy Museum in Brooklyn, über das ich auf ihre Death in Chocolate-Kickstarter-Kampagne stieß.

„Ich glaube, meine Arbeit zieht die Aufmerksamkeit dieser ‚Szene' an, weil ich mich mit ihren Interessen- und Forschungsfeldern beschäftigte, aber aus einem komplett anderen Blickwinkel. Sie können einen Schädel ansehen und dabei Freude empfinden und nicht nur Traurigkeit. Es ist aufregend, etwas zu essen, was man intuitiv nicht anrühren würde."

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Tod und Essen waren immer schon eng miteinander verbunden, man muss nur an die „Funeral Potatoes" der Mormonen denken. Ich fragte Annabel, ob sie eine spirituelle Verbindung zu ihren Figuren hat.

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„Für mich geht es hauptsächlich um den künstlerischen und den ästhetischen Aspekt", antwortet sie. „Ich habe das spektakuläre Beinhaus in Kutna Hora, Sedlec, in der Tschechischen Republik besucht, als ich noch jünger war und seither bin ich fasziniert von der kreativen Verwendung der Knochen. Deshalb fand ich auch Gefallen an Dr. Pauls Büchern. Dort kamen Orte vor, die ich bereits besucht hatte oder noch besuchen wollte und die ich jetzt in essbarer Form verewigen kann. Ich mag die Geschichte hinter dem Tod und Essen und hinter den Traditionen des Kannibalismus. In meiner Heimat Deutschland leben sehr viele Katholiken und die Tradition des Leichenschmaus nach einer Beerdigung spielt hier eine wichtige Rolle."

Die Uhr tickt im Hintergrund und die Schokolade schmilzt dahin, also stelle ich Annabel eine allerletzte Frage: Was ist die beste (und leckerste) Art, das Blut herzustellen, das von ihren Leckereien rinnt?

„Die einfachste und billigste Art ist Golden Syrup [Zuckerrübensirup] mit roter und schwarzer Lebensmittelfarbe und ein bisschen ungesüßtem Kakaopulver für die Deckkraft", verrät sie mir. „Wenn es ein größeres Budget gibt, dann mache ich es lieber aus einer Rotweinreduktion … und mit ein bisschen roter Lebensmittelfarbe, das war's. Während es kocht, gebe ich noch ein paar schwarze Pfefferkörner hinzu und voilà—schon habe ich leckeres und unglaublich effektives Blut!"