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Kann scharfes Essen die Geschmacksnerven zerstören? Wir haben einen Chili-Experten gefragt

Als passionierter Hot-Sauce-Fan hat mich diese Frage brennend interessiert.
Scharfes Essen
Photo via Flickr Kah Wai Sin

Ich liebe scharfes Essen. Chili-Sauce mit 350.000 Scoville? Immer her damit. Grüner Salat mit Sriracha verfeinert? Warum nicht. Wenn ihr ähnlich drauf seid wie ich, habt ihr euch vielleicht auch schon gefragt, ob ihr mit diesen Essensgewohnheiten euren Geschmacksnerven schadet.

Ich möchte nicht so enden, wie der Vater eines Freundes, der inzwischen alles mit schwarzem Pfeffer würzen muss, um überhaupt etwas zu schmecken, oder wie mein Opa, der gar nichts mehr schmecken kann. Darum wollte ich herausfinden, ob ich meinem Mund Schaden zufüge, wenn ich über Jahre hinweg zwei bis dreimal am Tag ohne Rücksicht auf Verluste Scharfes esse. Ich hoffte, dass die Antwort Nein heißen würde – alleine schon, weil ich mich nicht von dem Dutzend Flaschen Hot Sauce trennen will, die ich zu Hause angesammelt habe.

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Scharfes Essen ist gut für die Gesundheit – das hören und lesen wir bereits seit Jahren. Eine bahnbrechende Studie von 2015 fand heraus, dass Menschen, die sechs bis sieben Mal die Woche scharf essen, das Risiko für einen vorzeitigen Tod um 14 Prozent senken können. Die Studie wurde hauptsächlich in China durchgeführt, wo traditionell häufig scharf gegessen wird. Das wirft bei mir die Frage auf, ob das Studienergebnis auch für mich gilt – einen US-Amerikaner, der hauptsächlich mit Bagels, Pizza und Sandwisches aufgewachsen ist. Und ab wann ist scharf zu scharf?


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Dr. Paul Bosland ist einer der größten Experten für Capsaicin – das ist der natürlich vorkommende Stoff, der Chilischoten so scharf macht. An der New Mexico State University lehrt Bosland, der auch als "Chileman" bekannt ist, die Zucht und Genetik von Chilis. Er ist außerdem Mitgründer und Leiter des Chile Pepper Instituts der NMSU.

In einem seiner Artikel schrieb Bosland 2017, dass "Capsaicin selbst nicht von unseren Geschmacksknospen registriert wird. Die Hitzeempfindung vom Capsaicin resultiert aus einer Irritation des Transienten Rezeptor-Potential-Kationenkanals TRPV1." TRPV1 sind Hitze- und Schmerzrezeptoren, die vor allem in Mund- und Rachenraum vorhanden sind. Unsere Geschmacksnerven sind also nicht alleine für das Empfinden von Schärfe verantwortlich.

Photo via Flickr user Mark Levisay

Ich habe Dr. Bosland gefragt, ob man den RRPV1 oder den Geschmacksnerven schaden kann, wenn man sie dauerhaft zu scharfem Essen aussetzt. "Man muss sich den Umgang mit Capsaicin so wie mit Salz vorstellen", antwortete er. "Zu viel davon ruiniert ein Gericht, doch beide können andere Geschmacksrichtungen im Gericht hervorheben, wenn sie moderat eingesetzt werden. Es gibt keine Beweise, dass 'Geschmacksknospen' dadurch zerstört werden."

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Somit steht fest: Meine Chilisaucen-Sammlung darf bleiben. Trotzdem frage ich mich, ob meine Geschmacksnerven grundsätzlich anders sind als von Menschen, die aus China, Indien oder Mexiko stammen, wo scharfes Essen regelmäßig auf dem Speiseplan steht?

Auf diese Frage antwortete Dr. Bosland, dass es hierbei viel mehr um Toleranz als um eine biologische Veranlagung ginge. Zwar meint er, dass es auch eine "genetische Komponente" gäbe, aber dass es vor allem eine Frage der Gewohnheit sei. "Nachdem sie ein Jahr lang scharfes Essen gegessen haben, stellen viele Menschen fest, dass sie nun schärfere Gerichte 'vertragen'. Umgekehrt funktioniert das auch. Menschen, die aus New Mexico wegziehen, berichten, dass sie die Fähigkeit, scharf zu essen, verlieren."

Anscheinend kann also jeder die Toleranz für scharfes Essen aufbauen – oder wieder verlieren. "Die Gene spielen eine Rolle, aber es findet auch eine Wechselwirkung mit der Umwelt statt. So wird jeder von uns ein bestimmtes "Wohlfühl"-Level für Schärfe erreichen", erklärt er.

Ursprünglich hatte ich geplant, für diesen Artikel eine Woche lang auf scharfes Essen zu verzichten. Aber da Dr. Bosland mir versicherte, dass meinen Geschmacksknospen wohl keine Gefahr droht, entschied ich mich dagegen. Denn warum sollte ich etwas aufgeben, was mich glücklich macht und mich wahrscheinlich nicht mal umbringt? Bis auf Weiteres findet ihr mich also vor dem Supermarktregal mit den scharfen Saucen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf MUNCHIES US.

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