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Fiktives Video: Dieser Kampfroboter rächt sich an seinen Erfindern

Das Video ist fake, aber solche Roboter gibt es wirklich. Sind sie gefährlich?
Screenshot aus dem Video von Corridor Crew
Foto: Screenshot via YouTube aus dem Video "Boston Dynamics: New Robots Now Fight Back" von Corridor Crew

Mit gezielten Tritten setzt der Kampfroboter seine Schöpfer außer Gefecht. Der erste Tritt geht in die Weichteile, Volltreffer, der Ingenieur krümmt sich vor Schmerz. Den zweiten Ingenieur reißt ein Kick in die Magengegend zu Boden. Dann schnappt sich der Roboter eine Knarre. Beginnt hier gerade der Aufstand der Maschinen gegen die Menschheit?

Nein, denn die Szene stammt aus einem Video auf dem YouTube-Kanal Corridor Crew, das seit dem 14. Juni mehr als 5,4 Millionen Views gesammelt hat. Der gezeigte Roboter erinnert stark an die Maschinen der berühmt-berüchtigten Firma Boston Dynamics, die bis vor wenigen Jahren zu Google gehörte. Die Firma forscht unter anderem für das US-Militär mit tier- und menschenähnlichen Robotern. Aber der kämpfende Roboter in dem Video ist nicht echt: Anders als die Maschinen von Boston Dynamics ist es nur eine Computeranimation. Passend dazu wurde die Firma für das Video in "Bosstown Dynamics" umbenannt.

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In einem Making-of zeigt das Team von Corridor Crew, wie sie die Kampfszenen zunächst mit einem Schauspieler gedreht haben. Seine Bewegungen wurden durch Sensoren am Körper aufgezeichnet. Nach dem Dreh fügten die Filmemacher dann den Kampfroboter als Animation hinzu. Dank der Sensorendaten wirken seine Bewegungen verstörend natürlich.

Warum halbmenschliche Roboter so gruselig sind

Die echten Maschinen von Boston Dynamics sind aber ähnlich verstörend. Anfang 2018 veröffentlichte die Firma ein Video, in dem Ingenieure den vierbeinigen Roboter namens Spot vorführen. Fast wie eine Ziege bewegt sich Spot durch die Werkstatt. In dem Video zeigen die Ingenieure, wie Spot auf Hindernisse reagiert. Ein Ingenieur schlägt mit einem Hockeystab gegen Spots Greifarm. Später zerrt er ihn an einer Leine nach hinten, während Spot mit aller Kraft entkommen will. Eigentlich testen die Ingenieure in dem Video nur, wie robust ihre Maschine ist – so wie auch Toaster-Hersteller ihre Toaster probeweise fallen lassen. Und trotzdem erinnert das Video an Tierquälerei, weil Spot sich so verblüffend lebendig verhält.

Auch das Video von Corridor Crew zeigt, wie Menschen einen Roboter quälen. Die vermeintlichen Ingenieure treten den Roboter zu Boden. Als er versucht aufzustehen, schlagen sie ihn mit einem Hockeystab. Später zertrümmern sie eine Glasflasche auf seinem Kopf. Wie in den echten Boston-Dynamics-Videos haben sie dabei einen betont emotionslosen Gesichtsausdruck. Klar, ist ja auch ein ganz normaler Tag im Roboter-Testlabor.

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Als Vorbild für den animierten Kampfroboter diente der zweibeinige Boston-Dynamics-Roboter namens Atlas. Atlas hat Arme, Hände, Füße und Beine. Seine Sprünge und Schritte wirken manchmal künstlich, oft aber verblüffend menschlich. Diese Mischung löst bei vielen ein unangenehmes Gefühl aus, in der Wissenschaft nennt man das den Uncanny-Valley-Effekt. Das Gruselpotenzial von halbmenschlichen Robotern haben Kunst und Popkultur für sich entdeckt: von E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann bis hin zu iRobot, Terminator und Battlestar Galactica.

Roboter wissen nicht, was Rache ist

In der Videobeschreibung stellt die Corridor Crew klar: "Dieses Video ist eine humorvolle Parodie und ist keiner Weise mit der tatsächlichen Firma Boston Dynamics verbunden." Tatsächlich ist das Video aber mehr als nur eine Parodie. Es wirft die Frage auf, ob die Entwickler von tier- und menschenähnlichen Maschinen eine zusätzliche ethische Verantwortung haben.

Wenn solche Maschinen schon im Testlabor starke Gefühle bei uns wecken, werden sie das auch im Alltag tun. Hinzu kommt das Problem, dass sich besonders das Militär für diese Technologie interessiert. Finden wir als Gesellschaft menschenähnliche Kampfroboter ethisch vertretbar – und wenn Ja, unter welchen Umständen? Schon heute diskutieren Menschenrechtlerinnen darüber, ob unbemannte Drohnen im Krieg ethisch vertretbar sind.

Zumindest um ein Problem aus dem YouTube-Video müssen wir uns keine Sorgen machen: In dem Video nimmt der gepeinigte Roboter Rache an seinen Schöpfern. Zu solchen Gefühlen sind Maschinen aber nicht fähig, auch die aktuelle KI-Forschung bewegt sich nicht in diese Richtung. Die reale Gefahr hinter Robotern sind nicht die Roboter selbst, sondern die Menschen, die sie einsetzen.

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