Gemeinderat Korbinian Ostler
Will keinen neuen Funkmast, obwohl das mobile Internet in Graswang Mist ist: Gemeinderat Korbinian Ostler | Alle Fotos: Eike Kühl

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Popkultur

Zu Besuch bei den Dorfbewohnern, die gegen guten Handyempfang kämpfen

Ganz Deutschland will schnelles mobiles Internet. Ganz Deutschland? Nein, so manch unbeugsames Dorf leistet Widerstand.

Bald soll das mobile Internet so schnell sein wie nie zuvor. Selbstfahrende Autos könnten in Sekundenbruchteilen einem Fußgänger ausweichen. Ferngesteuerte Roboter arbeiten flüssiger denn je. HD-Videos landen ruckelfrei auf deinem Smartphone, bevor du "Scheißempfang" sagen kannst. Und neue Erfindungen bringen unsere digitale Gesellschaft auf das nächste Level.

All das verspricht der neue Mobilfunkstandard 5G, der Nachfolger von LTE. In diesen Tagen werden die Frequenzen versteigert, danach kann der 5G-Ausbau in Deutschland so richtig beginnen.

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Doch für manche Menschen ist diese Vorstellung der blanke Horror. Sie setzen sich schon jetzt vehement gegen den Mobilfunkausbau ein, wollen ihr Leben mit langsamem mobilen Internet um keinen Preis aufgeben. Vom Allgäu über den Taunus bis nach Brandenburg: In Dutzenden Gemeinden gibt es derzeit Proteste, Bürgerbegehren und Initiativen, die den Bau neuer Antennen verhindern oder zumindest verzögern wollen. Sie sind Teil der 5G-Debatte, die uns alle betrifft.

Wer sind die Menschen, die Deutschlands Funklöcher verteidigen – sind sie wahnsinnig oder ernsthaft besorgt? Unsere Recherche hat uns in ein Dorf in den bayerischen Voralpen geführt. Wer glaubt, die Funkmast-Gegner dort seien einfach nur engstirnige Holzköpfe in Lederhosen, die den Lauf der Geschichte stoppen wollen, hat sich getäuscht. Die Gespräche mit sechs Funkmast-Gegnern haben uns gezeigt: Es gibt mehr als nur ein Argument gegen den Mobilfunkausbau.

Die Skeptikerin: "Menschen mutieren zu seelenlosen Biorobotern"

Funkmast Linderhof

Links: Die Haustür von Christine Hornsteiner | Rechts: Ein Funkmast im benachbarten Linderhof

"Bitte Handy nicht ins Haus mitnehmen!", steht über der Klingel von Christine Hornsteiner. Sie will keine Strahlung im Haus, auch wenn sie für den Besuch von Journalisten eine Ausnahme macht. Als bekannt wurde, dass die Telekom in ihrem Dorf einen neuen Sendemast bauen will, war sie eine der ersten, die dagegen kämpfte.

Ihr Dorf heißt Graswang und liegt 20 Kilometer von Garmisch-Partenkirchen entfernt in einem Tal der Ammergauer Alpen, dem jüngsten Naturpark Bayerns. In Graswang gibt es 250 Einwohnerinnen und Einwohner, einen Laden mit Holzschnitzereien, ein Dutzend Ferienwohnungen, holzvertäfelte Häuser und einem gekreuzigten Jesus am Ortseingang. Zwei Gasthöfe servieren Spezialitäten wie Käseknacker mit Sauerkraut für die Touristen, die auf Langlaufski durchs Tal sausen. Doch seit Januar ist die Idylle gestört.

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Da erfuhren die Menschen in Graswang erstmals von den Plänen der Telekom, den Mobilfunk und damit das mobile Internet im Tal auszubauen. Bislang mussten die Touristen ihre Fotos von der Loipe über den furchtbar langsamen Mobilfunkstandard Edge verschicken. Bald soll es in Graswang LTE geben, in einigen Jahren sogar 5G. Aber nur, wenn Christine Hornsteiner und ihrer Mitstreiter das nicht verhindern können.

Auf dem Küchentisch hat Hornsteiner einen Aktenordner mit gesammelten Briefen, Studien, Pressemitteilungen ausgebreitet. Fleißig sammelt sie Informationen über die angeblichen Gefahren von Handystrahlen: Studien, Gerichtsurteile, Artikel aus Fachzeitschriften. In ihrem Küchenregal stehen Ausgaben der Zeitschrift natur & heilen, die sich mit alternativer Medizin befasst.

Infomaterial über Handystrahlen

Informationen über Handystrahlung, natürlich ausgedruckt

Anfang Januar hieß es in einem Artikel in der Lokalzeitung Merkur, dass auf einem prominenten Hügel am Ortsrand von Graswang, dem Rauhbichel, ein bis zu 30 Meter hoher Funkmast entstehen soll. Für Hornsteiner, die 400 Meter Luftlinie entfernt wohnt, ein Skandal, gegen den sie sich wehren muss. "Ich wollte erst einmal wissen, wie das Stimmungsbild im Ort ist", erzählt sie. Sie habe ihre Gedanken über Mobilfunk aufgeschrieben und per Brief an alle Graswanger Haushalte verteilt.

"Zwei Tage später habe ich dann noch mal die Runde gemacht und gefragt, wer alles für den Mast und wer dagegen ist." Das Ergebnis: Nur acht Prozent der befragten Graswangerinnen und Graswanger seien dafür gewesen. 77 Prozent dagegen, darunter auch viele 15- und 16-Jährige, wie Hornsteiner erzählt.

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"Für uns steht der gesundheitliche Aspekt an erster Stelle", sagt die gebürtige Graswangerin, "aber das ist in der Gemeinde, in der Regierung und bei der Telekom erst recht kein Thema." Hornsteiner ist überzeugt, dass Mobilfunk schlecht für die Gesundheit ist. "ADHS, Kopfschmerzen im Kindesalter, Krebs, Handysucht, das nimmt alles zu", sagt Hornsteiner und zitiert einen Bekannten: "Die Menschen mutieren durch die Technologie zu völlig überwachten, seelenlosen Biorobotern." Hintergründe dazu könne man im Internet nachlesen.

Jesus Graswang

Bald soll in Graswang ein Funkmast stehen – auf dem Hügel hinter dem Kreuz

Internet gibt es übrigens in Graswang, ziemlich passables sogar, wenn man den Bewohnern glaubt, aber das kommt eben per Kabel aus dem Boden und nicht aus der Luft.

Auch in anderen Gemeinden in Deutschland ist die Angst vor Handystrahlung immer wieder ein Thema. Dabei ist diese nach aktuellem Stand der Wissenschaft aller Wahrscheinlichkeit nach ungefährlich. Es gibt zwar immer wieder vereinzelte Forscherinnen und Forscher, die gegenteilige Hinweise sammeln. Doch wer sich durch die Studien wühlt und sich einen Überblick verschafft, kommt zu dem Schluss, dass es aktuell keinen Grund zur Sorge vor Handystrahlung gibt.

Trotzdem sind die Forschungen dazu noch nicht abgeschlossen. Da die 5G-Technologie mit höheren Frequenzen arbeitet als ältere Mobilfunk-Technologien, fordert das Bundesamt für Strahlenschutz weitere Forschung. Hornsteiner dürfte sich dadurch in ihren Bedenken bestätigt fühlen. "Niemand in meiner Familie besitzt ein Smartphone", sagt sie, als sei es das Normalste auf der Welt.

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Der Ranger und die Jugend: "Es ist erholsam, nicht erreichbar zu sein"

Die Jugend von Graswang

Anna Langmesser (links) braucht kein LTE, um in Graswang Spaß zu haben

Während ich durch Graswang laufe, hält vor mir ein Auto am Straßenrand an, ein Mann steigt aus und ruft: "Hey, Berliner!" Es ist Thomas Weber, einer von drei Rangern des neu gegründeten Naturparks. Er erkennt mich von der Gemeinderatssitzung am Vorabend. Vermutlich ist mein Großstadt-Outfit inmitten der Einheimischen und Langlauf-Touristen ohnehin auffällig genug.

Handystrahlen sind nicht Webers größte Sorge. Er denke vor allem an die Natur. Ein Sendemast auf einem so prominenten Hügel wie dem Rauhbichel passe einfach nichts ins Tal. Das Panorama, die Sichtachse, der Naturpark, all das würde dadurch entwertet werden.

Das Ding mit der unberührten Natur scheint auch jüngere Graswanger zu überzeugen. "Die Menschen hier sind schon sehr naturverbunden", erzählt Anna Langmesser, als sie mit zwei Freunden am Ortsrand eine Zigarettenpause vom Langlauf macht. Die 23-Jährige lebt seit zwei Jahren in Bonn. Von dem Mobilfunkausbau habe sie natürlich trotzdem mitbekommen, allein schon weil er innerhalb ihrer Familie diskutiert wird: Ihr Vater ist dafür, ihre Mutter dagegen, ihre Großeltern ebenfalls, aber "für die ist Internet eh ein Fremdwort".

Und sie selbst? "Wir sind ohnehin wahnsinnig vernetzt, da ist es doch erholsam und erstrebenswert, in der Natur mal nicht erreichbar zu sein", sagt Langmesser. Sie glaubt auch, dass die Touristen gut und gerne auf schnelles mobiles Internet verzichten. Die meisten befänden sich ohnehin auf der Durchreise zwischen den Attraktionen Schloss Linderhof und Kloster Ettal. Die Einheimischen hätten gutes WLAN zu Hause und telefonieren könne man selbst noch auf den Bergen, sollte mal ein Notfall vorkommen.

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Der Gemeinderat: "Erst kommt die Telekom, dann O2 und Vodafone"

Gemeinderat Korbinian Ostler

Gemeinderat Korbinian Ostler weiß genau, in welchen Zimmern er Empfang hat – und in welchen nicht

"Die Grundversorgung ist ausreichend", konstatiert Korbinian Ostler und klingt, als würde er gleich ein sattes "basta" nachschieben. Tut er aber nicht. Stattdessen erzählt er, dass er mit dem Handy auch problemlos im Haus telefonieren kann. Nun ja, in den meisten Räumen jedenfalls.

Er ist einer von acht Gemeinderäten der Gemeinde Ettal, zu der Graswang gehört – und als einziger von ihnen vehement gegen den Ausbau. Die Bestätigung sieht er nicht nur in der Umfrage von Christine Hornsteiner, sondern auch in einer offiziellen Bürgerbefragung, die der Ettaler Bürgermeister Ende Januar durchführen ließ. Darin sprachen sich 85 Prozent der Graswanger gegen den Standort auf dem Hügel aus, 58 waren generell gegen neue Funkmasten. Immerhin 56 Prozent könnten sich einen anderen, weiter vom Dorf entfernten Mast vorstellen. "Das ist eindeutig", sagt Ostler. Für ihn sei die Sache damit erledigt. Basta.

Ist sie aber nicht.

Ostler fürchtet noch mehr: "Erst kommt die Telekom, dann kommt Vodafone, dann kommt O2 und dann haben wir die dreifache Strahlenbelastung!" Erst wenn die gesundheitlichen Gefahren besser erforscht seien, könne sich Ostler den Ausbau vorstellen. Derzeit "sehen die Provider allerdings bloß die Dollarzeichen". Ostler sagt das mit versteinerter Miene. Was ihn wirklich wütend mache, sei die Machtlosigkeit, die er und die anderen im Dorf fühlen.

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Der Bürgermeister: "Neue Technik nicht um jeden Preis"

Bürgermeister Josef Pössinger

Seine Maus ist kabellos, sein Telefon nicht: Bürgermeister Josef Pössinger

Im sechs Kilometer entfernten Ettal lässt sich Josef Pössinger im Gemeindehaus von einer Kollegin Espresso bringen. "Morgenritual", sagt der ehrenamtliche Bürgermeister. Pössinger hat ein Problem. Auf der einen Seite möchte er die Interessen seiner Wählerschaft vertreten, auf der anderen weiß er, dass die CSU-Landesregierung um Markus Söder den Mobilfunkausbau unbedingt will. Die Entscheidungen werden weit über seinen Kopf hinweg getroffen, sehr viel weiter.

Was er nicht wusste: Wie groß der Widerstand in Graswang sein würde. Im Januar wurde er noch in der Zeitung mit den Worten zitiert, dass er mit "wenig Widerstand rechne". Auch deshalb sei er von den Graswangern bei der ersten öffentlichen Sitzung "als Feind ausgemacht worden", wie er sagt, obwohl er nie auf der Seite der Telekom gestanden habe.

Die bayerische Landesregierung hat im vergangenen Jahr einen Mobilfunkpakt mit der Telekom geschlossen, demnach sollen 1.000 Antennen an neuen Standorten gebaut werden. Dazu soll das Glasfasernetz in ländlichen Regionen ausgebaut werden, das in einigen Jahren wiederum die Basis für 5G bildet. Dahinter steht wiederum der Wunsch der Bundesregierung, dass Deutschland in Sachen Breitband endlich mal vorankommt. Für Berliner mag Graswang "janz weit draußen" sein, für das unter anderem vom Verkehrsministerium geplante Gigabit-Deutschland liegt es aber mittendrin.

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Zeitungsleser in Graswang

Das Objekt, das dieser Graswanger hier in der Hand hält, ist eine gedruckte Zeitung

Rund 200 besorgte Graswanger können da vermutlich wenig ausrichten, auch wenn einige Dörfer den Kampf gegen Funkmasten tatsächlich gewinnen: So hat sich vor Kurzem die Telekom im bayerischen Schwarzach nach Protesten zurückgezogen "Wir müssen an die Landesregierung ran", sagt Pössinger. Tatsächlich hat inzwischen Markus Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im bayerischen Landtag, die Graswanger Proteste aufgegriffen. Zudem werde man die Telekom bitten, den alternativen Standort für den Mast zu überprüfen. Vielleicht könnte man auch mit Naturschutz argumentieren, um den Funkmast auf dem Rauhbichel abzuwehren. Pössinger spricht von Gutachen, die angefertigt und ausgewertet werden müssten, all das kostet Zeit. Andere Gemeinden verschleppen mit solchen Spielchen seit Jahren den Bau neuer Funkmasten.

Ob das auch in Graswang funktioniert? Pössinger hofft es, wirkt aber unsicher. Er spricht von Home Office, Landflucht, Tourismus – alles gute Gründe für schnelles mobiles Internet in der Region. "Wir wollen die Jugend im Dorf halten, aber man darf neue Technik deshalb nicht um jeden Preis einführen."

Der Mann von der Telekom: "Wir müssen an die Menschen ran"

Gemeinderatssitzung Ettal

Telekom-Vertreter Frank-Peter Käßler (links) ruft nicht an, sondern stellt den Bürgern persönlich die Ausbaupläne vor

Frank-Peter Käßler kennt diese Argumente und wischt sie weg wie eine Slide seiner PowerPoint-Präsentation, die er an einem Montagabend Ende Februar im Gemeindehaus von Ettal vorstellt. Sein Publikum: Bürgermeister Pössinger, Gemeinderat Ostler und 20 Einwohner und Einwohnerinnen von Graswang. Niemand ist unter 30, alle gucken sehr ernst.

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Als Kommunalbeauftragter der Telekom muss Käßler immer wieder Menschen erklären, warum Funkmasten super sind. In seinem Terminkalender stehen Ortsbesuche in Dörfern mit klanghaften Namen wie Sulz-Dürrenmettstetten, Börwang und Amberg. Wer Käßlers Namen in der Google-Bildersuche eingibt, sieht immer wieder rustikale Gemeinderäume und ihn, einen Telekom-Vertreter, umgeben von grimmigen Dorfbewohnern, deren Blicke sagen: Was will der Mann hier?

Auch in Ettal kann Käßler an diesem Abend nicht punkten; nach einer guten Stunde Präsentation und Fragerunde packt er seine Sachen und geht. "Danke für die Aufmerksamkeit, schönen Abend noch." Zuvor hat er versucht, mit Statistiken und Diagrammen zu argumentieren, weshalb die Telekom so gerne auf den Hügel in Graswang möchte und nicht viel von dem alternativen Standort hält.

Käßler erzählte von den Frequenzauflagen der Landesregierung und davon, dass die Masten keine so große Reichweite haben. Dass Funkzellen nicht beliebig platzierbar seien, wenn man ein flächendeckendes Netz haben möchte, und man deshalb die Antenne nicht einfach zwei Kilometer weiter weg bauen könne. Auf seinen Slides stehen Buzzwords wie Car Connect, Cardiomessenger, Smart Meter. Die Gesichter der Zuhörenden zeigen: Mit intelligenten Stromzählern will hier niemand was zu tun haben.

Und dann das: Wenn die Gemeinde nicht mitspiele, so Käßler, müsse sich die Telekom eine private Lösung suchen.

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Ein Mensch reicht aus, um den Funkmast ins Dorf zu holen

Mann fotografiert in Graswang

Wer seine #Graswang-Fotos auf Instagram hochladen möchte, braucht Geduld

Diese "private Lösung" ist das, was die Graswanger hilflos und wütend macht; mehrere sagen, sie fühlten sich vor "vollendete Tatsachen" gestellt: Wenn die Telekom einen Mast bauen möchte, dann wird sie ihn bauen, Proteste hin oder her. Denn am Ende benötigt der Konzern nur einen einzigen Befürworter – und zwar jenen Graswanger, auf dessen Grundstück die Telekom bauen will.

Dieser Mann war für VICE während des Besuchs nicht zu erreichen. Aber natürlich kennt ihn jeder in Graswang, so wie in Graswang alle jeden Grashalm kennen. Christine Hornsteiner ist mit ihm zur Schule gegangen, auch Bürgermeister Josef Pössinger und Gemeinderat Korbinian Ostler haben schon mit ihm gesprochen.

Ihr gemeinsames Fazit: schwerer Fall.

Der Grundbesitzer sei einem Angebot der Telekom nicht abgeneigt, sagen sie. Der wiederum sagte Mitte Februar, dass ihn die Telekom noch gar nicht kontaktiert habe. In der Lokalzeitung Merkur hieß es, dass er prinzipiell gegen den Ausbau sei. Aber er würde seine Meinung noch mal überdenken, wenn die Telekom einen anderen Standort anstrebe. Denn wenn der Mast sowieso komme, könne er auch gleich auf seinem Grundstück stehen. Dazu muss man wissen: Die Mobilfunkanbieter zahlen Pacht. Wer sein Grundstück, sein Haus, oder seine Scheune für einen Funkmast anbietet, erhält Geld.

Wanddekoration Graswang

Dieses Gewehr kann Graswang wohl auch nicht vor dem Funkmast retten

Gut möglich also, dass die wirtschaftliche Entscheidung eines Einzelnen am Ende den Funkmast nach Graswang bringt. Bürokratie wird es trotzdem geben, Baugenehmigungen und vielleicht ein Naturschutzgutachten. Doch die Graswanger müssten in diesem Szenario am Ende wohl mit ansehen, wie die Bagger anrollen und eine Antenne über den Baumwipfeln entsteht.

Vielleicht kommt aber auch alles anders. Vielleicht gelingt es der Telekom doch nicht, den Grundbesitzer zu überzeugen. Vielleicht erweist sich der Alternativstandort als nicht wirtschaftlich und die Pläne werden komplett verworfen. Vielleicht nimmt der Provider den Kompromiss auch an und die Antenne entsteht weiter vom Dorf entfernt. Beides wäre ein Erfolg für die Anwohner und Mobilfunk-Kritiker.

"In den meisten Fällen wird der Mast letztlich doch gebaut", sagt ein Sprecher der Telekom im Gespräch mit VICE. Natürlich nehme man die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst, aber viele basierten auf falschen Informationen. Widerstand gegen neue Technik kenne die Telekom übrigens seit Jahrzehnten.

Doch der Widerstand könnte in den nächsten Jahren wieder stärker werden. Denn sobald in den kommenden Wochen die Frequenzen für das 5G-Netz für viele Milliarden Euro versteigert wurden, müssen die Käufer jede Menge neue Funkmasten aufstellen, das ist eine Auflage. Zunächst entlang Autobahnen, Bundesstraßen und Bahntrassen. Aber auch in großen Städten und Orten, wo viele Urlaub machen. Es wird Streit geben, und Frank-Peter Käßler und seine Kollegen werden mit ihren PowerPoint-Präsentation in die Gemeindehäuser kommen. Nur mit selbstfahrenden Autos werden sie nicht anreisen, so viel steht fest.

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