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Superhelden

Dieser Typ hat eine riesige Sammlung von McDonalds-Verpackungen

"Fettleibig," "Langweiler," "Jungfrau". Das sind nur einige der Beleidigungen, die Serge Zaka von anderen Leuten zu hören bekommt.
Foto: Sophie Laut

Der Typ aber, mit dem wir uns in Jacou, einem Vorort von Montpellier in Südfrankreich, treffen – im McDonald's gegenüber von seiner Arbeit – ist alles andere als der klischeehafte "pummelige Nerd". Serge ist 28, trägt einen Dreitagebart, einen Cowboyhut, ein leicht aufgeknöpftes, hellblaues Kurzarm-Hemd und Hosenträger: eine sympathische Mischung aus bayerischem Gentleman-Bauer und Hipster. Während unseres Gesprächs knetet er ein Patafix-Klebepad – um seine Energie zu bündeln.

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"Mich kann man in keine Schublade stecken; schon alleine wegen meines Aussehens sprechen mich Leute auf der Straße an. Und wenn ich danach gefragt werde, was ich mache – Storm Chaser und Sammler von McDonald's-Burger-Boxen – ist das der absolute Jackpot."

Zaka gibt eine Bestellung auf, wir setzen uns in die Sonne und er genießt seinen Lieblingssnack zum Essen von McDonald's – eine Cola und Zigarette.

Sein Hobby ist hat er aus den USA, woher sonst. Vor sieben Jahren hat er dort ein Praktikum gemacht und wollte nicht einfach nur einen Kühlschrank-Magneten oder eine Schneekugel als Souvenir mitbringen.

"Ich sagte mir also selbst, Serge, was kommt dir in den Sinn, wenn du an die USA denkst? Cowboys und Burger. Geh' also und kaufe dir einen typischen Cowboyhut und behalte eine Box vom Big Mac." Seinen Freunden gefiel sein neuer Look, und die McDonald's-Box hängt heute an seiner Wand.

Zaka arbeitet als Forscher für ein Startup-Unternehmen, das landwirtschaftliche Geräte erfindet. Er entwickelt Methoden, um Pflanzen zum Sprechen zu bringen und zeitbasierte Geräte, um zu wissen, was die Pflanzen brauchen. Als Hobby reist er auf der Suche nach heftigen Stürmen um die ganze Welt. Gibt es einen besseren Vorwand, um Burger-Boxen zu sammeln?

Zaka nimmt uns mit in seine Wohnung, wo er uns seine Sammlung zeigt: 495 verschiedene Burger-Boxen aus 44 Ländern. "Ich habe eine Tabelle, in der ich mir alles aufschreibe: Herkunftsland, Limited Edition und so weiter." Wenn seine Freunde verreisen, bringen sie ihm meistens auch eine neue Box mit, und mittlerweile kontaktieren ihn Leute aus der ganzen Welt, um ihm noch mehr McDonald's-Burger-Verpackungen zuzuschicken.

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"Meines Wissens nach sammelt sonst niemand auf der Welt die Boxen", sagt Zaka und lächelt. Er packt einige seiner ungewöhnlichsten Boxen aus, größtenteils "Sammlerstücke": eine McNutella-Box aus Italien, die Hüttengaudi-Box – drei Würstchen, ein Steak und Sauerkraut – aus Deutschland, die französisch-schweizerische McRaclette-Box und die McArabia-Box aus dem Libanon.

"McDonald's ist so kreativ. Sie passen sich den Besonderheiten eines jeden Landes an: Suppen in Portugal, der Chicken Maharaja Mac in Indien – ein Remake des Big Mac, aber natürlich mit Hähnchen. Dann gibt es in Québec, wo Anglizismen verboten sind, den 'Joyeux Festin' (statt des Namens Happy Meal)."


Der Hüttengaudi
"Der deutsche Burger ist auf jeden Fall eine der außergewöhnlichsten Geschmacks-Kreationen. Er ist mit drei Würstchen und Sauerkraut belegt. Ich habe mich aber nicht getraut, ihn zu probieren, das war mir dann doch etwas zu heftig. Die Box habe ich geholt, als ich in Straßburg auf dem Weihnachtsmarkt war. Ich konnte nicht widerstehen und bin extra über die Grenze, um sie zu kaufen – der Burger ist so typisch deutsch!"

Der McRoyal Fan
"Für eine meiner Suchen nach einem Sturm musste ich während der letzten WM nach Portugal reisen. Dort habe ich den McRoyal Fan gefunden, einen Burger für Fußball-Fans, mit einem Brötchen in Fußball-Form. Sowas habe ich noch nie gesehen. Da kommen die ganzen schönen Erinnerungen an meinen Trip nach Porto hoch."

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Der Kiwi Angus Burger
"Die Kiwi Angus Burger-Box ist mein klarer Favorit. In ihrem Design finden sich alle berühmten Merkmale Neuseelands wieder: Der Kiwi, ein einheimischer Vogel, das berühmte Rugby-Team, die All Blacks, der rituelle Haka-Tanz der Maori und das Cricket-Team."


Wie Zaka immer wieder fasziniert feststellt, bietet der Burger-Riese regionale Produkte an, die dem Geschmack, der Religion und Politik des jeweiligen Landes angepasst sind. Seine ungewöhnliche Sammlung ist also gewissermaßen auch eine Art soziologische Studie. "Mich interessieren die Unterschiede inmitten der Einheitlichkeit. Und darin ist McDonald's – das es immerhin in 117 Ländern weltweit gibt – ziemlich gut. Es ist ein kapitalistisches Unternehmen, ein Zeichen der Globalisierung – und doch unterscheiden sich die Kreationen in jedem Land."

Paradoxerweise ist Zaka kein Fast-Food-Fan. Er kocht sehr viel und macht "zuhause sogar Marmelade". Seine Lieblings-Kette besucht er nicht öfters als vier Mal im Monat. Bei ihm ist alles eine Frage des Gleichgewichts: "Ich bestelle mir statt Pommes oft einen Salat."

Der Mann im Cowboyhut würde gerne eine Ausstellung organisieren, in der er seine Sammlung der Öffentlichkeit präsentieren würde. Dafür hat er momentan aber noch keine Zeit, er glaubt aber, dass man dabei nicht nur die kulturellen Unterschiede beobachten, sondern auch feststellen könnte, wie sich die Gesellschaft mit der Zeit verändert.

"McDonald's ändert das Design etwa alle zehn Jahre. In den 90ern, dem absoluten Jahrzehnt des Fast-Foods, gab es die Styroporboxen mit vielen gelben Ms darauf. Als die Leute anfingen, zu behaupten, dass das Essen schlecht sei, kamen die Papp-Boxen – die umweltfreundlicher und stylisher waren. Der neue Stil ist das absolute Nonplusultra, was die Umweltfreundlichkeit angeht – heute ist es der einzige Stil."

Warum jagt jemand Stürmen – und McDonald's-Boxen – hinterher? Die klare Antwort lautet: Serge Zaka liebt es.