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Gewalt gegen Kinder

In einer Hamburger Kita sollen Erzieherinnen Kinder misshandelt, angebrüllt und gedemütigt haben

Die Berichte lesen sich wie eine Ansammlung von Erziehungsmethoden aus dem vorherigen Jahrhundert.
Fotos: imago | imagebroker 

Weil Jeremy sich nicht an die Spielregeln gehalten und im geschlossenen Raum mit einem Ball gespielt hat, schickt die Erzieherin den Dreijährigen in die Ecke des großen Gruppenraumes. Die anderen Kinder, die gerade noch durch den Raum wuselten, stehen jetzt versammelt vor ihr und lassen sich erklären, was Jeremy verbrochen hat. Sie sollen den Jungen auslachen und mit dem Finger auf ihn zeigen, damit er lernt, den Ball nur draußen zu benutzen, erklärt die Erzieherin.

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Was nach Erziehungsmethoden der 50er Jahre klingt, könnte sich so ähnlich in einer Hamburger Kita zugetragen haben. Das berichtet die Hamburger Morgenpost unter Berufung auf vier Familien, deren Kinder die Kita Plaggenmoor im Stadtteil Neugraben besucht haben.

Die Vorwürfe haben es in sich: So sollen Erzieherinnen den Kindern Mittagessen verweigert und sie angebrüllt haben, weil sie angeblich "unartig" waren. Wenn sie Aufgaben nicht schnell genug erledigten, sollen die Kita-Mitarbeiterinnen an den Kindern gezerrt und sie so fest gepackt haben, dass sich bei einigen blaue Flecken auf den Oberarmen bildeten. Einen Jungen mit einer Behinderung sollen sie "Behindi", ein pummeliges Mädchen "Fetti" und "Specki" genannt haben. Laut dem Bericht sollen die Pädagoginnen den Kindern zudem öfter Essen und Trinken verweigert haben.


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Eine ehemalige Erzieherin bestätigte der Morgenpost, dass an der Kita Plaggenmoor zweifelhafte Erziehungsmethoden zum Einsatz gekommen seien. Ihr zufolge würden Erzieherinnen die Kinder stundenlang in der prallen Mittagssonne sitzen lassen und ihnen zu wenig zu trinken geben. Außerdem sollen einige der Erzieherinnen eher damit beschäftigt sein, zu quatschen und mit ihren Smartphones zu spielen, als sich um die Kinder zu kümmern.

Das Deutsche Rote Kreuz hat bereits reagiert

Auch die Behörden sind auf die Kita Plaggenmoor aufmerksam geworden. Das Gesundheitsamt vermutet inzwischen, dass die Kita-Leitung verschwieg, als ein Junge an Tuberkulose erkrankte. Nach einem Besuch in der Kita soll das Bezirksamt Harburg außerdem einen "Vorfall" an das Jugendamt gemeldet haben. Was konkret vorgefallen war, verriet das Jugendamt der Hamburger Morgenpost nicht. Bis zur Veröffentlichung des Artikels konnte VICE das Bezirksamt Harburg nicht erreichen.

Das Deutsche Rote Kreuz, Träger der Kita, sagte, es "nehme die Vorwürfe sehr ernst". Allerdings könne man die Anschuldigungen nach Rücksprache mit den Mitarbeitern vor Ort nicht bestätigen. Noch diese Woche will das DRK eine stellvertretende Kita-Leiterin einsetzen. Eine zusätzliche Fachberaterin und eine Supervisorin wurden bereits eingestellt. Sie sollen das Team künftig pädagogisch begleiten.

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